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M&A-Deals: Die größten Bilanzierungsfallen

M&A-Deals stellen eine besondere Herausforderung in der Rechnungslegung dar.
istocksdaily/iStock/Thinkstock/Getty Images

Sie sind und bleiben der Dauerbrenner bei Bilanzierungsfehlern: M&A-Deals. Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) bemängelt schon seit Jahren die hohe Fehleranfälligkeit bei der Rechnungslegung von Übernahmen. Findet die DPR Fehler, ist das Unternehmen gezwungen, ihn öffentlich bekannt zu geben. Eine häufig unangenehme Erfahrung für CFOs, denn sie müssen dann vor den Shareholdern Rede und Antwort stehen.

Besonders kritisch sind die Standards IFRS 3 (Unternehmenszusammenschlüsse) und IAS 36 (Impairment-Test). Fehler machen die Unternehmen dabei nicht nur bei der Bilanzierung der Vorgänge an sich, sondern auch bei den Angaben im Anhang. Das weiß auch die DPR: Nicht umsonst befinden sich die Kaufpreisallokation und der Impairment-Test seit jeher unter den Prüfungsschwerpunkten der Bilanzpolizei.

Nennenswerte Beispiele aus den vergangenen Jahren sind der Shoppingcenter-Investor Deutsche Euroshop oder der Internetportalbetreiber Tomorrow Focus, die jeweils Fehler bei der Bilanzierung von Unternehmenszusammenschlüssen veröffentlichen mussten. Bei dem  Sportartikelriesen Adidas oder dem Küchenhersteller Alno hatte die DPR hingegen Fehler beim Impairment-Test aufgespürt. Doch warum machen gerade die  Standards IFRS 3 und IAS 36 den Finanzabteilungen so zu schaffen?

IFRS 3 und IAS 36: CFOs überspannen häufig den Bogen

Wie bei vielen anderen IFRS-Standards auch, wird häufig das Argument bemüht, dass die Standards zu komplex seien und dass es schwierig sei, immer up-to-date zu bleiben. Das mag in manchen Fällen tatsächlich der Grund für die vielen Fehler sein. Doch IFRS 3 und IAS 36 haben sich seit vielen Jahren nicht mehr verändert. Die Unternehmen hatten also genug Zeit, sich mit den Anforderungen auseinanderzusetzen.

Tatsächlich lässt sich der Trend beobachten, dass die Fehleranzahl in diesem Bereich leicht zurückgeht – doch sie stellt immer noch ein großes Problem dar. Das Problem liegt demnach mitunter woanders: „Beide Standards haben viel mit Schätzungen und gleichzeitig einem hohen Druck aus dem Markt zu tun“, erklärt Thomas Amann, geschäftsführender Gesellschafter der Amann Advisory Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Trainer beim CA institute for accounting & finance.

Beispiel Kaufpreisallokation: Um das gekaufte Unternehmen in die eigene Bilanz zu integrieren, muss der Kaufpreis auf die einzelnen übernommenen Vermögenswerte und Schulden aufgeteilt werden. Dabei werden auch die stillen Reserven und Lasten, die bislang noch nicht bilanziert waren, aufgedeckt. Das hat nennenswerten Einfluss auf kapitalmarktrelevante Zahlen wie die Eigenkapital- oder Verschuldungsquote. Der Käufer muss dann den Wert von selbsterstellten immateriellen Vermögenswerten, zum Beispiel Marken oder Patenten, schätzen.

Gerade hier überspannen CFOs gerne mal den Bogen und bewerten die Posten zu hoch, um beispielsweise einen hohen Kaufpreis vor den Anlegern zu rechtfertigen. Stellschrauben können der Diskontierungszins, Laufzeiten oder globalwirtschaftliche Erwartungen sein.

Finanzchefs müssen den Goodwill realistisch einschätzen

Manchmal werden immaterielle Vermögenswerte bei der Kaufpreisallokation aber auch ganz außen vor gelassen: „Insbesondere die mangelnde Identifikation und Bewertung von immateriellen Vermögenswerten wie Auftragsbeständen oder Kundenbeziehungen wurde von der DPR bereits häufiger moniert“, hat Bilanzierungsexperte Thomas Amann beobachtet. Die Ergebniswirkungen sind häufig sehr beträchtlich, schließlich werden solche immateriellen Vermögenswerte bald abgeschrieben und führen dann zu einer Ergebnisbelastung nach der Akquisition. Das weiß auch die DPR und schaut in diesem Punkt daher meistens sehr genau hin.

Auf ein ähnliches Problem treffen CFOs auch beim Impairment-Test: Immerhin geht es hier darum, den bei der Kaufpreisallokation bilanzierten Goodwill jährlich auf seinen Wert zu testen. Spätestens jetzt müssen Unternehmen Rede und Antwort stehen, ob die durch den Kauf erwarteten Synergien tatsächlich eingetreten sind – also ob der Kaufpreis tatsächlich gerechtfertigt war. Viele Unternehmen versuchen hier, durch bestimmte Ansätze und Annahmen Wertminderungen möglichst gering zu halten oder sogar ganz zu vermeiden.

Dahinter muss nicht immer böse Absicht stecken: Nicht selten sind die Unternehmen tatsächlich überzeugt davon, dass die versprochenen Synergieeffekte noch kommen werden und eine Wertminderung daher zu Recht nicht erforderlich ist, sagt Thomas Amann. „In solchen Fällen sollten CFOs versuchen, einen realistischen Blick auf ihre Assets zu werfen, denn mehr tut auch die DPR nicht.“

Manchmal ist es daher besser sich einzugestehen, dass der Goodwill im Nachhinein betrachtet zu hoch ist. Dies bedeutet ja nicht zwangsläufig, dass die Entscheidung mit den Informationsverhältnissen im Zeitpunkt der Akquisition „falsch“ war – auch wenn der Markt das nicht gerne hört, so Amann. „Und das eigene Erfassen einer Wertminderung ist allemal besser, als wenn die DPR das Unternehmen schlussendlich mit einer Fehlerveröffentlichung abstraft.“

julia.becker[at]finance-magazin.de

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