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Wie die DVB Bank ihre Verluste halbiert hat – vorübergehend

Die DVB Bank hat es mit der Bilanzpolizei zutun bekommen – mit keinem guten Ende.
cmcderm1/iStock/Thinkstock/Getty Images

Die DZ Bank hat Sorgen mit ihrer Tochter: Laut einer veröffentlichten Fehlermeldung der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) hat diese ihren Verlust im Jahr 2016 deutlich zu niedrig ausgewiesen. Der tatsächliche Verlust wäre in dem Krisenjahr demnach eigentlich mehr als doppelt so hoch gewesen – aber Erträge, die nicht als solche hätten ausgewiesen werden dürfen, und eine unterlassene außerplanmäßige Abschreibung des Goodwills haben den unerwünscht hohen Verlust vermieden.

Wie kam es dazu? Ein Zuschuss der Mutter DZ Bank wurde als Ertrag bilanziert. Das ist falsch, sagt die DPR: Transaktionen mit Eigentümern, die in ihrer Eigenschaft als Eigentümer handeln, sind ergebnisneutral zu erfassen. Das war eine Beschönigung des Verlustes um immerhin 150 Millionen Euro. Bei einem ausgewiesenen Gesamtverlust von rund 140 Millionen Euro keine Kleinigkeit, sondern fast eine Verdoppelung. Die Abschlussprüfer – Ernst & Young – haben das offenbar nicht als Problem gesehen.

Hinzu kommt: Beim Werthaltigkeitstest des Goodwills waren die Annahmen zur Festlegung des sogenannten Nutzungswertes nicht sachgerecht. Zudem wurden zukünftige Geldzuflüsse falsch berechnet und somit viel zu hoch eingeschätzt. Dadurch fand eine außerplanmäßige Abschreibung in Höhe von fast 60 Millionen Euro nicht statt – ein Fehler, sagt die DPR.

Muss Goodwill-Bilanzierung endlich reformiert werden?

Der Goodwill wird nach IFRS seit 2003 nicht mehr planmäßig abgeschrieben, da er seither als Vermögenswert mit unbestimmter Nutzungsdauer eingeordnet wird. Dafür muss aber jährlich ein sogenannter Werthaltigkeitstest durchgeführt werden. Sofern der erzielbare Betrag geringer ist als der derzeitige Buchwert in der Bilanz, muss eine außerplanmäßige Abschreibung vorgenommen werden.

Wie zahlreiche Studien in den letzten Jahren gezeigt haben, werden seither nur sehr geringe Beträge außerplanmäßig abgeschrieben. Dies heißt im Umkehrschluss: Unternehmen gehen von einer sehr langen Nutzungsdauer aus, die teilweise mehr als 100 Jahre beträgt – nicht gerade sehr realistisch. In den Bilanzen der Unternehmen türmen sich daher hohe Goodwill-Werte.

Die Rückkehr zur planmäßigen Abschreibung des Goodwill wurde zuletzt zwar immer wieder diskutiert. Derzeit sieht es allerdings eher nach einer weiteren Entfernung von der Regelung vor 2003 aus: Im Sommer schlug der Standardsetzer IASB sogar die Abschaffung der jährlich verpflichtenden Überprüfung der Werthaltigkeit des Goodwills vor. Der Ausgang ist aber noch völlig unklar, auch eine Wiedereinführung der planmäßigen Abschreibung wird nach wie vor diskutiert.

Streit um Goodwill-Abschreibung ist Dauerbrenner

Der Streit um die Werthaltigkeit des Goodwills und die Unterlassung einer außerplanmäßigen Abschreibung ist ein wahrer Dauerbrenner. Denn im Gegensatz zu anderen immateriellen Vermögenswerten wie beispielsweise Patenten oder Rechten gibt es beim Goodwill eine Besonderheit: Er kann nicht veräußert werden.

Aus diesem Grund gibt es Experten, die den Buchwert des Goodwills bei der Unternehmensanalyse herausstreichen. Da die Bilanz immer im Gleichgewicht sein muss, wird in diesem Fall entsprechend das Eigenkapital analog gekürzt. Dies hat bei einigen Unternehmen folgende Konsequenz: Das Eigenkapital schrumpft zusammen wie ein löchriger Luftballon.

Bilanzkosmetik löst keine dauerhaften Probleme

Wie so oft zeigt sich aber auch bei der DVB Bank: Unterlassene außerplanmäßige Abschreibungen können zwar vorerst den ausgewiesenen Verlust schonen. Langfristig hilft das allerdings nicht, um beispielsweise strukturelle Probleme zu lösen. Der Verlust im Folgejahr legt dies nahe: 2017 erwirtschaftete die Bank ein Minus von sage und schreibe 864 Millionen Euro. Allerdings konnten dadurch im Jahr 2017 möglicherweise unerwünschte Diskussionen vermieden werden.

Spannend ist in diesem Zusammenhang auch, dass das nicht das erste Mal ist, dass die DPR eine Bilanzierungspraktik der Bank moniert: Bereits vor einigen Jahren kritisierte die Bilanzpolizei den Geschäftsbericht 2013. Der damals erzielte Gewinn sei um 27 Millionen Euro zu hoch ausgewiesen. Der fälschliche Ansatz einer Eventualforderung war im Gegensatz zur aktuellen Fehlermeldung aber ein Kleinbetrag.

DVB hält trotz Fehlern an EY fest

Kurios: Schon damals war EY der Abschlussprüfer der Gesellschaft und selbst die beiden verantwortlichen Prüfer haben sich nicht verändert: Beide haben sowohl 2013 als auch 2016 das uneingeschränkte Testat unterschrieben.

Für 2021 hat die DVB Bank nun aber ihr Prüfmandat ausgeschrieben. Das dürfte allerdings weniger mit dem Bilanzierungsfehler zusammenhängen, sondern mit der gesetzlichen Abschlussprüferrotation. Bis zu diesem Wechsel wird EY wohl einen besonders kritischen Blick auf die Bilanzen werfen – einen dritten Fehler gilt jetzt es tunlichst zu vermeiden.

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Info

„Abgeschminkt“ ist der FINANCE-Blog von Bilanzierungsexpertin Carola Rinker über aufgehübschte Unternehmenszahlen und skandalöse Bilanzkosmetik. Wie die Unternehmen ihre Zahlen im Rahmen des rechtlich Möglichen beeinflussen und wann sie Grenzen überschreiten, können Sie in loser Folge hier lesen.