Die Haltung der Finanzverantwortlichen zum Thema Digitalisierung bleibt gespalten: Zwar geht die Mehrheit von radikalen Veränderungen in ihrer Branche aus und sieht die Digitalisierung auch als Chance, das Geschäftsmodell zu erweitern. Doch nur wenige haben bereits eine konkrete Vorstellung davon, wie dies in ihrem Unternehmen umgesetzt werden kann. Das ergab der jüngste Operations-Effizienz-Radar von Roland Berger und dem Internationalen Controller Verein (ICV) mit insgesamt 240 Teilnehmern, darunter mehr als 60 Prozent CFOs, Kaufmännische Geschäftsführer und Leiter Controlling.
Demnach stimmen 69 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass die Digitalisierung für ihre Branche Chancen zur Änderung oder Erweiterung des bestehenden Geschäftsmodells biete. Die Anforderungen ihrer Kunden kennen nach eigener Einschätzung aber nur 55 Prozent. Wenn es an die konkrete Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie geht, stehen die meisten Unternehmen noch sehr am Anfang: Nur 33 Prozent der Befragten können der These zustimmen, dass eine fundierte Digitalisierungsstrategie entwickelt wurde. Eine digitale Transformationsstrategie für das eigene Geschäftsmodell, die neue Umsatzpotentiale erschließt, sieht nur jeder vierte Befragte in seinem Unternehmen. Nur 26 Prozent und damit nur ein Viertel der Befragten sieht sich derzeit gut aufgestellt, um die Herausforderungen der digitalen Transformation zu meistern.
Controlling bleibt bei Digitalisierung außen vor
Im Bereich Controlling und Finanzen befassen sich nach eigenen Angaben knapp die Hälfte der Befragten mit Digitalisierungsprojekten für diesen Bereich. Deutlich niedriger ist die Quote an Unternehmen, bei denen die Finanzexpertise auch für Projekte in anderen Bereichen gesucht ist. Nur in 33 Prozent der Fälle sind Controlling und Finanzen in die Digitalisierungsprojekte anderer Unternehmensbereiche eingebunden. „Das ist besorgniserregend, denn um innovative Geschäftsmodelle im Zuge der Digitalisierung zu entwickeln, brauchen Firmen das Controlling mehr denn je – ganz im Sinne des betriebswirtschaftlichen Gewissens in den Unternehmen“, sagt Carmen Zillmer, Mitglied im Vorstand des ICV. Auch eine Befragung von Horváth & Partners hat neulich ergeben, dass CFOs beim Thema Digitalisierung in eine Außenseiterrolle zu rutschen drohen.
Danach gefragt, in welchen Bereichen sie für 2017 Aktivitäten planen, haben die Unternehmen wie auch im Vorjahr Aktivitäten im Bereich Produktportfolio (70 Prozent) sowie Produktion (62 Prozent) ganz oben auf der Agenda. Deutlich stärker in den Fokus gerückt ist der Bereich Einkauf (55 Prozent), der sich gegenüber dem Vorjahr vom sechsten auf den dritten Rang vorgeschoben hat. Besonders stark wollen die befragten Finanzverantwortlichen dort kaufmännische Einkaufshebel zur Anwendung bringen, etwa durch Preisvergleiche oder Bündelungen im Einkauf.
Weniger Aktivitäten bei Finanzen und Controlling geplant
Das Kerngebiet Controlling und Finanzen ist auf der CFO-Agenda dagegen deutlich nach hinten gerückt. Im Vergleich zum Vorjahr sind die geplanten Aktivitäten in diesem Bereich um 6 Prozentpunkte auf 50 Prozent zurückgegangen. Damit fällt der Bereich vom dritten auf den achten Rang. Wichtigster Hebel ist aus Sicht der Finanzchefs die Effizienzsteigerung bereitgestellter Back-Office-Dienstleistungen, die unter anderem durch eine Digitalisierung von Prozessen etwa im Reporting gelingen soll. 62 Prozent der Unternehmen, die in diesem Bereich aktiv werden wollen, planen Projekte in diesem Bereich. Ebenso viele möchten das Controlling stärken, beispielsweise durch eine Zentralisierung und höhere Transparenz.
Gerade mit Blick auf die Digitalisierung mahnt ICV-Vorstandsmitglied Zillmer, die Finanzen nicht aus dem Blick zu verlieren. „Firmen müssen den Spagat zwischen sinnvollen Investitionen in die digitale Transformation und gesunden Finanzen bewältigen. Um sich auch finanziell nachhaltig an die digitale Zukunft anzupassen, sollte das Controlling deshalb verstärkt in digitale Projekte eingebunden werden.“