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Green Controlling bei Voith: „Wir sparen jährlich über 6 Millionen“

Der Technologiekonzern Voith ist für sein Green Controlling ausgezeichnet worden.
Voith

Wenn ein milliardenschwerer und traditionsreicher Konzern seine Prozesse auf Nachhaltigkeit umstellen will, kann das mitunter ganz schön schwierig werden. Seien es die Unternehmensstrukturen, die seit Jahrzehnten festgefahren sind, weitverzweigte internationale Tochterunternehmen, die alle unterschiedliche Mentalitäten haben oder wildwuchernde ERP-Systeme, die die Transparenz erschweren – es gibt einige Faktoren, die den Unternehmen einen Strich durch die Rechnung machen können.

Der Technologiekonzern Voith hat es dennoch versucht – und gleich den Green-Controlling-Preis der Péter-Horváth-Stiftung abgeräumt. Dabei hatte das Unternehmen, das seit 150 Jahren in Familienbesitz ist und mit einem Umsatz von über 5 Milliarden Euro sowie mehr als 50 Standorten weltweit ein global Player ist, ebenfalls zunächst mit einigen Herausforderungen zu kämpfen.

Voith: Wirtschaftlichkeit an erster Stelle

„Nachhaltigkeit war immer Teil unserer Unternehmensphilosophie“, sagt Torsten Kallweit, Leiter Corporate Sustainability bei Voith, „doch systematisch beschäftigen wir uns damit seit 2008“. Denn 2008 gründete das Unternehmen den Zentralbereich Corporate Sustainibility und überlegte sich ein Konzept für das Green Controlling bei Voith. Von Vorneherein war klar: Die Wirtschaftlichkeit muss gegeben sein, alle nachhaltigen Maßnahmen müssen sich auch in Kosteneinsparungen durchschlagen. „Mit dem konsequenten Festhalten am Maßstab der Wirtschaftlichkeit konnten wir die  Mitarbeiter vom nachhaltigen Konzept überzeugen und die Glaubwürdigkeit wahren“, ist Kallweit überzeugt.

Zunächst machte sich das Team daran, die grünen Kennzahlen zu bestimmen, nach denen gesteuert werden soll. An diesem Punkt geraten Unternehmen häufig an die erste Grenze: Wie operationalisiert man derart schwer greifbare Themen? Während Kennzahlen wie Umsatz, Rendite oder Eigenkapitalquote die Herzen der Controller höher schlagen lassen, tun sich viele schwer dabei,  Nachhaltigkeit und Umweltschutz in konkreten Zahlen auszudrücken.

Voith probierte einige Kennzahlen aus und legte sich nach einiger Zeit schlussendlich auf vor allem drei zentrale Steuerungsgrößen fest: Energieverbrauch pro Umsatz, Frischwasserverbrauch pro Umsatz und Abfallmenge pro Umsatz. Im Folgenden arbeitet das Green Controlling genauso wie das Finanzcontrolling auch: Für diese drei und alle weiteren Kennzahlen, die erhoben werden,  wurden Zielgrößen definiert, deren Zielerreichung regelmäßig überprüft und gegebenenfalls nachgesteuert wird.

Green-Controlling ins ERP-System integrieren?

Der Vorteil der drei zentralen Kennzahlen: Sie sind grundsätzlich leicht zu messen und haben eine hohe Aussagekraft. Doch es gab eine andere Herausforderung: Es war schwierig, alle Kennzahlen zum gleichen Zeitpunkt zu erheben. „Währen der Produktionsstandort seine Energierechnung jeden Monat bekommt, ist es beim Bürostandort alle drei Monate so weit – doch wir wollten die Zahlen immer monatlich auf Konzernebene erheben und analysieren“, erinnert sich Torsten Kallweit. Ähnliche Probleme gab es bei Töchtern im Ausland, die ebenfalls zu unterschiedlichen Zeitpunkten die Rechnungen für Energie, Frischwasser oder Abfall bereitstellten. „Insgesamt hat es ein bis zwei Jahre gedauert, bis wir diesen Prozess auf Konzerneben standardisieren konnten“, sagt Kallweit. Inzwischen erhebt Voith nur noch die Energiewerte monatlich, Frischwasser und Abfall  einmal im Quartal.

Ein weitere Herausforderung, die auf Unternehmen mit Green Controlling-Absichten wartet, ist die Unterstützung durch die IT. Sollen die neuen Kennzahlen in die bestehenden ERP-Systeme integriert werden oder soll eine neue IT-Landschaft geschaffen werden? Voith hat sich für den zweiten Weg entschieden. „Da wir ein Unternehmen mit langer Geschichte und internationalen Gesellschaften sind, haben sich bei uns mit der Zeit verschiedene ERP-Systeme und Versionen herausgebildet – da ist es im Endeffekt leichter, unsere Softwarelösung nicht in das bestehende System zu integrieren“, sagt Kallweit. Voith hat daher ein separates konzernweites System implementiert, das mittlerweile automatisierte Schnittstellen zu anderen Systemen hat.

Millioneneinsparungen bei Voith

Gleich die ersten Messungen der neuen Kennzahlen zeigten, wo noch Verbesserungspotential liegt. Sogar einen zuvor unbemerkten Wasserrohrbuch, der einen hohen Verlust von Wassermengen mit sich brachte, hat das Unternehmen gefunden. Auf Basis der Messungen wurden noch weitere Maßnahmen beschlossen, um die Kennzahlen zu verbessern. Mancherorts war der Verbrauch hoch, weil die Kreisläufe nicht geschlossen waren – inzwischen nutzt der Konzern beispielsweise abgeführte Energie zu Heizzwecken. Anderes Beispiel: Die Kläranlage im Standort Sao Paulo wurde früher mit Wasser aus der Leitung gekühlt – jetzt nutzt der Konzern aufbereitetes Wasser aus der Kläranlage selbst, das zu diesem Zweck gut geeignet ist.

Insgesamt haben sich für Voith die Anstrengungen gelohnt: Pro Jahr konnten insgesamt 52.704 Megawattsunden Energie, 737.078 Kubikmeter Wasser und 1.907 Tonnen Material eingespart werden. Das hat sich auch finanziell bemerkbar gemacht: Durch diese Maßnahmen hat der Konzern jährliche Einsparungen in Höhe von 6,5 Millionen Euro. „Für einen Konzern mit Milliardenumsätzen mag das auf den ersten Blick vielleicht nicht so viel aussehen“, sagt Kallweit. „Doch wenn man bedenkt, dass das direkt in unser Ergebnis einfließt, hat es sich auf jeden Fall gelohnt. Vor allem, weil das System nach der anfänglichen Arbeit inzwischen quasi von alleine läuft.“

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.