Shared Service Center (SSC) im Controlling werden in deutschsprachigen Unternehmen immer beliebter. Das zeigt die Studie „Shared Services für Controlling-Prozesse“, für die die Universität St. Gallen und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG die Antworten von über 100 Leitern Controlling/Finanzen, CFOs und anderen Mitgliedern der Geschäftsleitung ausgewertet haben. Im Fokus der Untersuchung standen die 1.000 umsatzstärksten Unternehmen aus der DACH-Region.
Spätestens seit dem Ausbruch der Finanzmarktkrise macht der Erfolgsdruck auch vor den Controllern keinen Halt mehr. Waren sie lange Zeit diejenigen, die anderen Abteilungen fehlende Effizienz vorgehalten haben, müssen sich die Controller mittlerweile immer öfter selbst rechtfertigen – das „Controlling des Controllings“ greift um sich. Und immer mehr Studien zeigen, dass gerade im Bereich der Zahlenfüchse noch viel Luft nach oben bleibt: Planungsprozesse verschlingen oft erhebliche Ressourcen, liefern aber kaum valide Ergebnisse, die Controller sehen sich häufig dem Vorwurf ausgesetzt, sie würden nur Daten einsammeln, diese aber nicht analysieren.
Wildwuchs im Controlling bekämpfen
Shared Service Center, die als abteilungsübergreifende, interne Dienstleister fungieren und durch die Standardisierung und Bündelung ganzer Prozessketten die Effizienz steigern sollen, spielen im Controlling deutschsprachiger Unternehmen bislang aber nur eine untergeordnete Rolle: Zwar arbeiten drei Viertel der von KPMG und der Uni St. Gallen befragten Unternehmen seit mehreren Jahren mit Shared Service Centern – die wenigsten davon aber im Controlling: Sind SSC in den Bereichen Rechnungswesen (53 Prozent), IT (47 Prozent) oder Finanzen bereits stark verbreitet, hat gerade einmal jedes dritte Unternehmen bislang ein SSC im Controlling umgesetzt.
„In vielen Unternehmen ist das Controlling über Jahre historisch gewachsen und von der harten Welle der Standardisierung verschont geblieben“, erklärt KPMG-Partner Andreas Reimann. „Jetzt sind die Themen Effizienzeinsparung und die Ausrichtung auf leistungsstarke Prozesse aber auch im Controlling angekommen. Mit dem Shared Service Center -Ansatz haben Unternehmen die Chance, im Controlling einen möglichen Wildwuchs vergangener Jahre aufzudecken.“
SSC als Option für Reporting und KLR
Diese Erkenntnis scheint sich mittlerweile auch im Bewusstsein der befragten CFOs und Controller durchzusetzen. Denn es sind gerade transaktionsbezogene Prozesse, die Unternehmen auch schon in der Vergangenheit für die Bündelung in einem SSC für geeignet gehalten haben – und von denen es auch im Controlling eine ganze Reihe gibt. Deshalb planen 20 Prozent der Studienteilnehmer gerade, erstmals ein Shared Service Center für das Controlling einzurichten oder haben sogar schon mit der Umsetzung angefangen – kein anderer Bereich steht damit aktuell beim Thema SSC soweit oben auf der Agenda wie das Controlling.
Dabei sind es genau die einfacher standardisierbaren Prozesse, die in einem SSC untergebracht werden sollen: Während in Bereichen wie Planung und Forecasting die Zurückhaltung gegenüber Shared Services dominiert, halten 80 Prozent das Management-Reporting für SSC-geeignet, wobei nach Auffassung der CFOs und Controller besonders das Systemmanagement und Aufgaben wie das Erstellen des Zahlenteils für die Berichte von einem SSC aus erledigt werden könnten Nicht geeignet sind kaum automatisierbare Prozesse wie die Analyse oder Kommentierung der Zahlen.
Ebenfalls auf dem SSC-Radar haben die deutschsprachigen Unternehmen die Kosten-, Leistungs- und Ergebnisrechnung: Drei von vier Befragten glauben, dass sich hier beispielsweise Prozesse wie die Pflege der Stammdaten oder die Kostenarten- und Kostenstellenrechnung gut durch ein SSC erledigen lassen.
Kontrolle vs. Planlosigkeit
Trotz der Öffnung gegenüber dem Thema Shared Service Center bleibt die permanente Überwachung des SSC für die Befragten aber ein entscheidender Faktor: Zwei Drittel können sich ein SSC für Controlling nur am Unternehmenshauptsitz vorstellen. So können sie sicherstellen, dass das Center eng an das Zentralcontrolling angebunden werden kann.
Das Kontrollbedürfnis ist naturgemäß hoch – gleichzeitig aber auch die Planlosigkeit, mit der viele Controller agieren: Die Hälfte der Unternehmen, die SSC für ihre Controlling-Organisation aufgebaut haben, erwartet sich Einsparungen von bis zu 35 Prozent. 40 Prozent haben hingegen überhaupt keine Ahnung, mit welchen Spareffekten sie rechnen können. Für sie dürfte der SSC-Ansatz dann wohl eher auf das Prinzip „Trial and Error“ hinauslaufen und den Wildwuchs nicht eindämmen – wie so oft im Controlling.
sarah.nitsche[at]finance-magazin.de