Noch laufen die Auszählungen, doch der Sieg ist Donald Trump nicht mehr zu nehmen. Gegen 12:30 Uhr deutscher Zeit haben US-Sender wie CNN Donald Trump zum Wahlsieger erklärt, mit derzeit 276 Wahlleuten. „Es wird das goldene Zeitalter von Amerika“ – mit diesen Worten wandte sich der 78-jährige Republikaner in einer ersten Reaktion an seine Anhänger.
Parallel zur Rückkehr ins Weiße Haus stehen die Chancen für die Republikaner gut, auch die Mehrheit im Kongress, der US-Legislative, zurückzuerobern. Sicher ist ein Sieg der Republikaner im Rennen um den Senat, offen ist es hingegen noch der Ausgang im Repräsentantenhaus. Ein „red sweep“ würde Trump und seiner Partei de facto die Möglichkeit eröffnen, durchregieren und ihre Agenda weitgehend und in womöglich kurzer Zeit umsetzen zu können.
Trump-Wahl: Dax steigt, Volkswirte warnen
Die ersten Reaktionen an den Kapitalmärkten fielen mehrheitlich positiv aus. Der Dax etwa startete am heutigen Mittwoch mit einem deutlichen Plus von rund 1,2 Prozent auf gut 19.400 Zähler in den Handel. Auch die US-Börsen reagierten mit deutlichen Gewinnen. Zumindest mit Blick auf Deutschland bleibt indes abzuwarten, wie nachhaltig der Höhenflug sein wird.
So warnen deutsche Ökonomen angesichts des sich abzeichnenden Wahlsiegs von Trump vor den Implikationen für die hiesige Wirtschaft: „Mit einer zweiten Amtszeit von Donald Trump im Weißen Haus muss sich vor allem die deutsche Wirtschaft warm anziehen“, kommentiert etwa ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski.
Aggressive Trump-Pläne in der Handels- und Zollpolitik
Negative Auswirkungen für die stark exportorientierten deutschen Unternehmen erwarten Experten vor allem infolge der aggressiven Trump-Pläne in der Handels- und Zollpolitik. So hat Trump im Wahlkampf angekündigt, einen Zoll von 10 Prozent auf alle Importe aus Europa zu erheben.
Wie eine aktuelle Studie des Ifo-Instituts unter 2.000 deutschen Unternehmen zeigt, würden die deutschen Exporte in die USA dadurch um knapp 15 Prozent zurückgehen. Der Studie zufolge rechnen rund 48 Prozent der Unternehmen, die enge Exportverbindungen in die USA aufgebaut haben, bei einem Wahlsieg Trumps mit negativen Folgen für die eigene Geschäftslage.
CFOs: Lieferketten und Inflation genießen Priorität
„Die USA sind mit deutlichem Abstand der größte Exportmarkt deutscher Unternehmen. Insofern sind die Zollpläne von Donald Trump neben der Entwicklung der Inflation sicher am relevantesten für deutsche CFOs“, ordnet Alexander Börsch, Chefökonom und Leiter Research bei Deloitte Deutschland, gegenüber FINANCE ein. Die USA als Absatzmarkt und Standort für Lieferketten stünden hier im Fokus.
„Je nach Branche und Abhängigkeit vom US-Markt kommt eine Stärkung des ‚Local for Local‘-Ansatzes in Frage, um höheren Zöllen entgegenzuwirken. (Direkt-)Investitionen in den US-Markt könnten dabei dank potentieller Steuererleichterungen attraktiver werden, was ebenfalls von Bedeutung ist“, so Börsch.
Wechselkurse: Dollar wird stärker
Für Bewegung sorgt Trumps voraussichtliche Wiederwahl auch am Devisenmarkt. So rutschte der Euro heute früh auf rund 1,07 Dollar ab. Laut Experten der LBBW wertete der US-Dollar in den vergangenen Wochen bereits gegenüber Euro, Pfund Sterling und Franken auf – auch deshalb, da die antizipierten Leitzinssenkungen der US-Notenbank bei einer Präsidentschaft von Donald Trump geringer ausfallen könnten.
Sogar Leitzinserhöhungen der Fed sind laut LBBW dabei nicht auszuschließen: „Denn sowohl das US-Wirtschaftswachstum, zumindest auf kurze Sicht, als auch die Inflation sollte unter Trump höher ausfallen als unter einer Ägide von Kamala Harris.“ Die LBBW schätzt daher, dass sich die Kapital- und Devisenmarktentwicklungen in den kommenden Wochen fortsetzen werden.
US-Markt bleibt für deutsche CFOs attraktiv
Laut Deloitte-Chefvolkswirt Börsch bleibt die Attraktivität des US-Marktes für deutsche Unternehmen aufgrund niedriger Energiekosten, Energiesicherheit und eines großen Binnenmarktes hoch, aber geopolitische Spannungen und eine stärkere Regionalisierung der Produktion könnten die Geschäftsstrategien beeinflussen. „Das gilt vor allem für hiesige Automobilhersteller, Maschinenbau- und Chemieunternehmen und deren Zulieferer. Denn das Ziel ist es, über Zölle und Steuererleichterungen mehr Investitionen in die USA anzuziehen und dort mehr Produktion anzusiedeln.“
Grundsätzlich sollten Unternehmen ihre Investitionsentscheidungen auf langfristige Perspektiven und fundamentale Faktoren begründen, so Börsch weiter. Und hier gilt vor allem, dass „America first” das Leitmotiv der künftigen US-Handelspolitik bleiben dürfte. „Eine Rückkehr zum Freihandel ist mehr als unwahrscheinlich. Industriepolitik und der Schutz strategischer Sektoren bleiben auf der Agenda“, glaubt der Big-Four-Experte.
CFOs sollten daher in den kommenden Wochen und Monaten weiter intensiv in geopolitischen Szenarien denken, um für alle Eventualitäten möglichst gewappnet zu sein.
Philipp Hafner ist Redakteur bei FINANCE. Er hat Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth sowie an der University of Amsterdam studiert. Vor FINANCE arbeitete Philipp Hafner mehr als sechs Jahre bei der Verlagsgruppe Knapp/Richardi, zunächst als Volontär, anschließend dann als Redakteur für die Fachzeitschrift „Immobilien & Finanzierung“.
