Mit der Finanzierung auf Vorrat ist es so eine Sache. Sie schafft einerseits Handlungsspielräume und gibt Sicherheit. Andererseits verlängern hohe Geldbestände die Bilanz, verschlechtern verschiedene Finanzkennziffern und erzeugen (zumindest in der Theorie) Haltekosten. Trotz der Vorbehalte hat sich der Frankfurter Fraport-Konzern dafür entschieden, reichlich Finanzmittel vorzuhalten, und will dies auch langfristig tun. „Das Asset Management ist zur Daueraufgabe für Fraport geworden“, sagt CFO Matthias Zieschang.
Im Basel-III-Szenario will sich der Konzern weder vom Kapitalmarkt noch von seinen Banken abhängig machen. „Mindestens 1 Milliarde Euro wollen wir immer an Liquidität vorhalten, für alle Fälle, aber auch für weitere M&A-Transaktionen“, sagt Zieschang. Anders als andere Konzerne, die man in fortlaufenden Refinanzierungen und Zinsoptimierungstransaktionen sieht, betont man bei Fraport die langfristige Ausrichtung der Finanzinstrumente: „Wir neigen dazu, uns für eine Finanzstrategie zu entscheiden und danach dazu zu stehen“, sagt Zieschang. Bereits seit langem hält der Frankfurter Flughafenbetreiber hohe Liquiditätsbestände. Noch 2006 hatte der MDAX-Konzern gar keine Nettofinanzschulden und sogar eine Nettoüberschussliquidität aus dem 2001 absolvierten Börsengang und der Teilprivatisierung. All dies war freilich noch vor dem Bau der Landebahn Nordwest und der Flugsteigerweiterung „A-Plus“. Zwar geht Fraport beim Bau des neuen Terminal T3 nun wegen des derzeit geringer als erwarteten Passagierwachstums etwas gemächlicher zu Werke, so dass das verbrauchte Capex in der letzten Zeit etwas abgeflaut ist.
Fraport: Schlankes Asset Management
Doch hat sich an der Gesamtstrategie nichts verändert: Zum Ende des dritten Quartals 2013 stehen dem Konzern rund 1,5 Milliarden Euro an flüssigen Mitteln zur Verfügung, die die Finanzabteilung zu verwalten und anzulegen hat. Sie erledigt dies komplett mit den ohnehin vorhandenen Bordmitteln und verzichtet auf eine fremdbestellte Vermögensverwaltung oder auch auf den Einsatz von Investmentfonds, die noch zusätzliche Kosten verursachen würden. Investiert wird in einzelne Titel und zumeist über den Sekundärmarkt. „Mit einem vierköpfigen Team sind wir dabei ziemlich schlank aufgestellt“, findet der seit 2007 amtierende Zieschang. Ein Mitarbeiter macht den Handel, ein weiterer im Risikocontrolling prüft die intern festgesetzten Vorgaben. Hinzu kommen Stefan Rüter, Leiter Finanzen und Investor Relations, sowie der CFO selbst. „Wir entscheiden in jeder Situation recht schnell nach dem Vier-Augen-Prinzip gemäß der durch die Gremien entschiedenen Vorgaben, ob der Emittent aus Portfoliogesichtspunkten auch passt“, berichtet Zieschang. „Das kann innerhalb von ein oder zwei Stunden passieren. Und das muss es auch, sonst verkauft der Broker dieses Papier eben an einen anderen Investor“ – eine große Aufgabe für das kleine, aber feinbesetzte Asset Management des Frankfurter Flughafenbetreibers.
Nach den Erfahrungen der möglichen Totalausfälle bei der Anlage in Aktien, etwa aufgrund der geplatzen New-Economy-Bubble, hat Fraport mit Ausnahme eines einzigen Titels auf diese Anlageart verzichtet. „Diese Aktie haben wir 2012 aber mit gutem Gewinn verkauft“, sagt der promovierte Volkswirt Zieschang. Seit der Lehman-Krise, als sich Fraport rechtzeitig von diversen Anlagemöglichkeiten trennte (siehe Kasten Asset Management) hat sich die Qualität, was die Rückzahlung und Bedienung der Zinsen angeht, weiter stabilisert, sagt Rüter. Doch die Aufgabe, das Vermögen zu verwalten, ist in den letzten Jahren deutlich schwieriger geworden: „Das Universum an guten Emittenten wird nicht größer“, räumt Zieschang ein. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die erste Anlageentscheidung der geographischen Anlageregion der Emittenten gilt. „Wir legen im Wesentlichen bei deutschen Banken an, bei Wertpapieren beschränken wir uns auf Emittenten unseres Heimatlandes sowie die europäischen Nordländer und die USA. Dass das Länderrating von Frankreich zuletzt von S & P herabgestuft wurde, ficht Fraport nicht an – es zählte ohnehin schon länger nicht mehr zu den Investitionsschwerpunkten. Und: „Südeuropa ist für uns No-go-Area“, sagt CFO Zieschang. Die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der EU zählt mehr und mehr dazu, selbst wenn dies durch die Spreads (noch) nicht gespiegelt wird.
Für den Portfolioanteil einzelner Wertpapieremittenten hat sich die Fraport Höchstgrenzen gesetzt, mit dem Ziel, eine breite Portfoliodiversifizierung zu erreichen. Pro Emittent liegt diese bei 20 Millionen Euro, die auch in verschiedene Papiere desselben Emittenten investiert werden könnten, sagt Stefan Rüter. Was Schuldtitel von Finanzinstituten angeht, liegt das Limit in der Regel bei 200 Millionen Euro. Schließlich fallen im Rahmen der Konzernfinanzierung hierunter Investitionsmöglichkeiten wie etwa Termingelder, sagt der Leiter Finanzen und IR.
Eigener Ratingprozess
Der Konzern, der selbst nach wie vor standhaft auf ein eigenes Rating verzichtet, obgleich sich Fraport im Investmentgradebereich sieht, investiert nur in Investmentgradepapiere, mit einem Rating besser als BBB+. Jedoch hat sich der Finanzbereich seit kurzem die weitere Vorgabe vom Aufsichtsrat genehmigen lassen, in eine geringe und vorab festdefinierte Anzahl von Wertpapieren nicht gerateter Unternehmen zu investieren. „Es ist konsequent, auch anderen Emittenten diese Freiheit zuzugestehen“, sagt Zieschang, der mit Fraport bereits einen ungerateten Benchmarkbond platziert hat. „Wir führen ohnehin intern eine quantitative und qualitative Bewertung durch“, sagt Rüter. Sein Team verfolgt die Kapitalmärkte und nimmt über Medien die Marktlage auf. Bislang seien keine Schieflagen im Portfolio aufgetreten. Aus der makroökonomischen Großwetterlage leitet Zieschang ab, dass Fraport auch nach dem Ende des Ausbauprogramms am Flughafen weiter viel liquide Mittel halten wolle – sei es, um M&A-Chancen zu nutzen, sei es, um für nicht planbare Risikosituationen gewappnet zu sein – man erinnere sich an die Vulkanaschewolke aus Island, die 2010 tagelang den Flugverkehr behinderte. Oder den 11. September 2001, der auch die Fluggesellschaften in die Bredouille brachte.
Ähnlich wie die Airlines setzt Fraport auf eine Kriegskasse. Im Basel-III-Szenario hat es etwas für sich, weder vom Kapitalmarkt noch von Banken abhängig zu sein- zumindest nicht vollständig.
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Asset Management bei Fraport
Nach der Finanzkrise 2008 hat die Fraport AG ihr Assetportfolio neu ausgerichtet. Lagen zuvor bis zu 80 Prozent in Bank- und Termineinlagen, strukturierten Produkten, wie auch ABS und CDOs, und der Rest in Anleihen von Finanztiteln, berücksichtigt die neue Struktur nunmehr das Kontrahenten- bzw. Bankenrisiko in einem deutlich umfassenderen Rahmen und betrachtet zudem verschiedene Szenarien. Nur noch mindestens 25 Prozent sind bei Banken geparkt, der Rest von höchstens 75 Prozent verteilt sich auf Rentenpapiere von Banken, Industrietitel und Staatsanleihen. Allokiert wird auch nach Fälligkeit auf der Passivseite. Das durchschnittliche Rating von Corporate-Titeln beträgt A-.
Wenn ein Titel aufgrund negativer Entwicklungen auf die Watchlist gerät, dann reagiert Fraport in der Regel schneller als die Ratingagenturen. Rüter und sein Team setzen viel eher auf Indikatoren wie Kursentwicklungen, Nachrichten und Kreditausfallversicherungen (CDS) – gepaart mit weiteren qualitativen Indikatoren. „Sobald das Investmentgrade verlorengeht, müssen Corporate Bonds sofort veräußert werden“, lautet eine Regel.
Wenn der Rückzahlungstermin naht, kann das Fraport-Team aber auch einen temporären Buchverlust einzelner Anleihetitel aushalten, sofern die Rückzahlung gesichert scheint. Erklärtes Ziel des Asset Managements ist nicht, Überrenditen zu erzielen, sondern den Cost of Carry zu minimieren. Das gelingt durch das Spielen mit der Zinsduration auf der Aktiv- und Passivseite der Bilanz: In der Regel wird eine leicht höhere Zinsduration auf der Aktivseite gewählt, wodurch bei einer normalen Zinsstrukturkurve leicht positive Cost of Carry erzielt werden. „Wir pendeln auf längere Sicht bei den Costs of Carry um null“, sagt Zieschang. Periodenweise entstehende Gewinne und Verluste gleichen sich auf Dauer aus.
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Fraport-Konzern
Noch 2006 war Fraport schuldenfrei und verfügte sogar über eine positive Gesamtfinanzposition. Dann kam der Ausbau bzw. die Flughafenerweiterung, was auf 7 Milliarden Euro veranschlagt ist. 3 Milliarden Euro davon sollen bis 2015 aus dem Cashflow kommen, 4 Milliarden Euro wurden an Fremdkapital aufgenommen. Davon stammen ca. 1,1 Milliarden Euro aus Fördermittelkrediten, ca. 800 Millionen Euro aus dem ungerateten Bond sowie ca. 1,2 Milliarden Euro aus Schuldscheindarlehen. 1 knappe Milliarde Euro kommt aus bilateralen Krediten mit Banken, was eine Voraussetzung für Zusatzgeschäft mit Fraport ist. Die Nettofinanzschulden liegen bei knapp 3 Milliarden Euro, der operative Cashflow lag 2012 bei 550 Millionen Euro. Als grobe Richtlinie gilt, dass der dynamische Verschuldungsgrad von Nettofinanzschulden zu Ebitda im Korridor zwischen 4 bis maximal 6 liegen soll. Der Zinsdeckungsgrad auf Ebitda-Basis hingegen soll mindestens 3 bis 4 betragen.