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Steuern: Das bedeuten die EU-Pläne für deutsche CFOs

Die Kaffeehauskette Starbucks wurde von der EU-Kommission zu einer Steuernachzahlung verdonnert. Jetzt will die EU Steuerschlupflöcher schließen.
Starbucks

Die EU-Kommission schaltet im Kampf gegen Steuervermeidung einen Gang höher. Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici hat sechs konkrete Maßnahme veröffentlicht, die verhindern sollen, dass Unternehmen ihre Gewinne in Niedrigsteuerländer verschieben und so ihre Steuerquote senken.

Mit dem Gesetzespaket will die EU die Vorgaben der OECD-Initiative „Addressing Base Erosion and Profit Shifting“, kurz BEPS umsetzen. Bislang hatte sich die EU vor allem darauf konzentriert, von Nationalstaaten gewährte Steuervorteile für internationale Großkonzerne zu kassieren: Mitte Januar entschied die EU-Kommission, dass 35 Unternehmen insgesamt 700 Millionen Euro an den belgischen Staat nachzahlen müssen. Bereits im vergangenen Herbst war es Starbucks, Amazon und der Finanzsparte von Fiat in den Niederlanden und Luxemburg an den Kragen gegangen. Nun sollen die Schlupflöcher mithilfe einer neuen EU-Richtlinie aber schon von Anfang an geschlossen werden.

Steuergestaltung außerhalb Europas wird schwieriger für CFOs

Während Moscovici in manchen Punkten über die BEPS-Initiative hinausgeht, schöpft sie in anderen ihre Möglichkeiten nicht aus. „,Steueroasen‘ innerhalb der EU bleiben erlaubt“, sagt René Linsner, der bei der Unternehmensberatung Horváth & Partner für das Thema Tax Compliance zuständig ist. Das gilt schon allein deshalb, weil Mitgliedsstaaten auch in Zukunft ihre Steuersätze selbst festlegen dürfen – und Länder wie Luxemburg, die Niederlande oder Irland geringe Sätze als Standortvorteile bewerben.

Eines ist dennoch sicher: Werden die Vorschläge in EU-Recht gegossen, dann müssen sich auch einige deutsche CFOs auf eine steigende Steuerlast einstellen. Insbesondere die Steuergestaltung im nicht-europäischen Ausland wird schwieriger.

CFOs müssen mit steigender Steuerlast bei Dividenden rechnen

Vor allem in einem Punkt gehen die EU-Pläne dabei deutlich weiter als die BEPS-Aktionspunkte, die die G20-Finanzminister im vergangenen Herbst abgesegnet haben. Mit der sogenannten „Switch-Over“-Klausel drohen ausländische Dividenden und Einkünfte von ausländischen Betriebsstätten künftig erstmals oder zumindest höher besteuert zu werden. „Diesen Punkt enthält der OECD Aktionsplan nicht“, sagt Linsner. Für Finanzchefs, deren Unternehmen auch außerhalb der EU tätig sind, ist das eine schlechte Nachricht.

Der Hintergrund: Bislang sind Dividenden, die deutsche Unternehmen von ihren Tochtergesellschaften oder Beteiligungen in Drittstaaten erhalten, hierzulande in der Regel von der Steuer befreit. So soll eine Doppelbesteuerung vermieden werden, da einige Länder  wie beispielsweise China eine Steuer verlangen, wenn Dividenden ausgeschüttet und außer Landes transferiert werden. Die Vorgabe hat aber auch einen wettbewerbspolitischen Aspekt: Deutsche Unternehmen sollen nicht gegenüber ihren ausländischen Konkurrenten benachteiligt werden, weil die deutsche Besteuerung höher ist als die lokale.

Diesen Ansatz durchkreuzt nun der Plan von EU-Wirtschaftskommissar Moscovici. Dieser sieht vor, dass Unternehmen den Steuerbehörden in der EU mitteilen müssen, wenn sie eine Dividendenzahlung erhalten haben und ob beziehungsweise in welcher Höhe sie Steuern gezahlt haben. Die Behörde könnte dann entscheiden, ob sie die Besteuerung für angemessen hält. Falls nicht, könnte sie die Steuerbefreiung in Deutschland verweigern. „Das wäre eine sehr starke Abkehr von den derzeit bestehenden deutschen Steuerprinzipien“, sagt Sven-Eric Bärsch von der Steuerkanzlei Flick Gocke Schaumburg.

EU-Staaten erhalten Zugriff auf Gewinne in Steueroasen

Aber der Moscovici-Plan hat nicht nur Schattenseiten: Ein Vorteil für deutsche CFOs wäre die sogenannte „Controlled Foreign Company Klausel“: Das EU-Maßnahmenpaket sieht vor, dass Mitgliedsstaaten Steuern auf Gewinne auch dann erheben können, wenn das Unternehmen diese in einen anderen Staat verschoben hat. Das wäre immer dann möglich, wenn der Steuersatz in diesem anderen Land weniger als 40 Prozent jenes Satzes beträgt, der in ihrem Heimatland fällig geworden wäre. So erhält der Fiskus Zugriff auf in Steueroasen geparkte Gelder.

Das klingt im ersten Moment nachteilig für deutsche Finanzchefs, doch das Gegenteil ist der Fall: „Das deutsche Steuerrecht kennt diese Hinzurechnungsbesteuerung bereits“, sagt Steuerexperte Bärsch. „Sie ist allerdings viel strenger, als es die EU-Kommission nun vorsieht. Deutschland könnte also gezwungen sein, die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung zu entschärfen.“ Weniger statt mehr Zugriff wäre die Folge.

Die Zinsschranke könnte bald in der gesamten EU gelten

Auch bei den vier anderen Vorschlägen der EU-Kommission profitieren hiesige Finanzchefs davon, dass Deutschland bereits vergleichsweise strenge Steuergesetze hat. So soll etwa das Prinzip der Zinsschranke nach den Plänen der Kommission bald EU-weit gelten – damit würde ein Wettbewerbsnachteil deutscher Firmen wegfallen. Die Bundesregierung hatte die Zinsschrank 2008 eingeführt, um zu verhindern, dass Unternehmen ihre Gewinne ins Ausland verlagern, die Zinsaufwendungen dann aber hierzulande geltend gemacht werden, um Steuern zu sparen.

Deutschland als Vorreiter – das könnte auch in Bezug auf die „Exit-Steuer“ gelten, mit der die EU der Verlagerung von Patenten und Lizenzen in Niedrigsteuerländer vorbeugen will. Dem Richtlinienvorschlag zufolge müssten Unternehmen geistiges Eigentum zu ihrem aktuellen Wert versteuern, wenn sie es außer Landes transferieren. Da sich der aktuelle Wert an den künftig zu erwartenden Cashflows orientiert, soll die Verschiebung unrentabel werden. „Das deutsche Steuerrecht kennt bereits ein solches Besteuerungsregime“, sagt Bärsch.

In vielen Punkten können deutsche CFOs die EU-Pläne also eher gelassen beobachten. Das gilt für viele ihrer ausländischen Kollegen nicht: Diese müssen sich auf deutlich schärfere Steuergesetze einstellen.

desiree.backhaus[at]finance-magazin.de

Info

Steuergestaltung ist ein heikles Thema für CFOs: Im Interesse der Eigentümer müssen sie legale Kniffe ausnutzen, um die Steuerlast zu senken. Allerdings ist es dem Shareholder Value auch nicht zuträglich, wenn das Unternehmen den Bogen überspannt und später Steuern nachzahlen muss oder gar öffentlich an den Pranger stellt wird. Wie CFOs den Balanceakt Steuergestaltung meistern, das lesen Sie in der aktuellen Printausgabe von FINANCE.