Die Erleichterung war dem Verwaltungsratsvorsitzenden Dirk Wolfertz bei der Bekanntgabe der Abstimmungsergebnisse deutlich anzumerken: 99,96 Prozent der anwesenden AEG Power-Gläubiger haben dem Restrukturierungskonzept für die Mittelstandsanleihe am heutigen Montag in Frankfurt am Main zugestimmt. Die Tür für die Umsetzung des rettenden Pakets ist damit weit aufgestoßen. Sofern die Aktionäre den Plan ebenfalls billigen, soll die finanzielle Restrukturierung noch im September abgeschlossen sein, wie der als Sanierer bekanntgewordene Investor Wolfertz erläuterte. Die Aktionärsversammlung soll nun möglichst schnell anberaumt werden.
Der Rettungsplan für das angeschlagene Energieunternehmen, den das Management um Verwaltungsrat Wolfertz und CFO und CRO Jeffrey Casper am 19. März vorgelegt hatte, besteht aus vier Komponenten: Er sieht einen Debt-to-Equity-Swap über 50 Prozent des ausstehenden Anleihenennwerts, die Emission eines neuen Bonds über 50 Millionen Euro, eine Barkapitalerhöhung über 4 Millionen Euro sowie eine operative Restrukturierung vor.
Gläubiger können auf Erfüllungsquote von 100 Prozent hoffen
Der neue Bond wird über fünf Jahre laufen und durch Tochtergesellschaften der Holding 3W-Power besichert sein. Im ersten Jahr soll das Papier mit 4 Prozent verzinst werden (derzeit 9,25 Prozent), danach werden die Zinsen jedes Jahr um zwei Prozentpunkte steigen, sodass die Verzinsung am Ende der Laufzeit bei 12 Prozent liegt. Mit dem Papier wäre eine Hälfte der derzeitigen Mittelstandsanleihe über insgesamt 100 Millionen Euro abgelöst.
Im Gegenzug für die andere Hälfte der Forderungen erhalten die Anleihegläubiger 45,2 Millionen Aktien und die aufgelaufenen Zinsen bis zum Zeitpunkt des Umtausches. Auf Basis dieses Szenarios stellte CFO Casper den Gläubigern bei der heutigen Versammlung eine Erfüllungsquote von 89 Prozent in Aussicht. Sollte sich der Aktienkurs gut entwickeln, seien sogar mehr als 100 Prozent möglich.
CFO Jeffrey Casper beklagt Fehler der Vergangenheit
Der Druck vor der zweiten Gläubigerversammlung im Frankfurter Marriott Hotel war groß: Bei der ersten Versammlung am 9. April war die notwendige Anwesenheit von mindestens 50 Prozent der Stimmberechtigten mit nur 27,41 Prozent deutlich verfehlt worden. Bei der heutigen alles entscheidenden Abstimmung mussten 25 Prozent der Stimmberechtigten anwesend sein: Mit knapp 41 Prozent wurde die Beschlussfähigkeit dieses Mal komfortabel erreicht.
CFO und CRO Casper war bei der ersten Gläubigerversammlung hart mit dem ehemaligen Verwaltungsrat um Horst Kayser und Bruce Brock ins Gericht gegangen. Casper warf den Verantwortlichen vor, falsche strategische Entscheidungen getroffen zu haben. Im Interview mit FINANCE am Rande der Veranstaltung sagte er, der Cashflow sei vernachlässigt worden.
Optimistisch für Abstimmung unter Aktionären
Bei der heutigen zweiten Versammlung richtete sich der Blick schon wieder nach vorne: Die Aktionäre müssen dem Vorschlag zur Restrukturierung ebenfalls noch zustimmen. Sowohl Casper als auch Wolfertz zeigten sich auf Nachfrage allerdings sehr zuversichtlich, dass die Anteilseigner den Plan ebenfalls billigen werden. Denn einen nicht unerheblichen Einfluss hat das Unternehmen selbst: Knapp ein Drittel der Aktien kontrollieren Verwaltungsratsmitglieder oder das Unternehmen. Insgesamt kenne er etwa die Hälfte der Aktionäre persönlich, sagte Wolfertz. Daher sei er zuversichtlich, dass das Quorum erreicht werde. Ein Datum für die Versammlung soll in den kommenden Tagen bekanntgegeben werden.
Neben der finanziellen Restrukturierung ist auch der operative Umbau wichtig: Vor allem im Kerngeschäft mit Lösungen für die industrielle Stromversorgung will AEG Power künftig wachsen, ins Solargeschäft soll dagegen kein frisches Geld mehr fließen. CFO Casper kündigte außerdem weitere Verkäufe von unrentablen Standorten sowie Stellenstreichungen an. 2014 werde ein schwieriges Jahr, 2015 wolle das Unternehmen allerdings schon wieder in die Gewinnzone rückkehren.
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