„Das hier ist unser letzter Schuss, wir müssen es jetzt schaffen, es gibt keinen zweiten Versuch mehr“ – mit diesem Satz, der vor zwei Tagen in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ fiel, scheint der neue Air Berlin-Chef Stefan Pichler die Anleger verstört zu haben.
Pichler ging in dem Interview sogar noch weiter und weckte – womöglich ungewollt – Zweifel an der Substanz der Beistandserklärung des Großaktionärs Etihad, ohne dessen finanzielle Unterstützung Air Berlin wohl schon längst untergegangen wäre. „Keiner wirft schlechtem Geld gutes hinterher“, sagte Pichler mit Blick auf Etihad, und ergänzte: „Die Wende müssen wir aus eigener Kraft schaffen.“ Aber ohne den Rückhalt Etihads müsste ein Turnaround von Air Berlin schon sehr schnell und vehement kommen, damit das Unternehmen in der Lage ist, auf stand-alone-Basis seine Refinanzierung zu schultern.
Air Berlin: Gläubiger zweifeln an eigener Finanzkraft
Die Anleihen der Fluggesellschaft kennen seit dem Pichler-Interview jedenfalls nur eine Richtung – nach unten. Insgesamt hat Air Berlin vier große Anleihen im Gesamtvolumen von 817 Millionen Euro ausstehen.
Die im April 2018 fällige Anleihe mit einem Volumen von 225 Millionen Euro und einem Kupon von 8,25 Prozent rutschte in den vergangenen zwei Tagen von 105 auf 97 Prozent ab. Eine Anleihe, die bereits im November dieses Jahres fällig ist (Volumen: knapp 200 Millionen Euro, Kupon: 8,5 Prozent), verlor 5 Prozent und liegt jetzt bei 95 Prozent. Die 2019 fällige Anleihe mit einem Volumen von über 250 Millionen Euro und einem Kupon von 6,75 Prozent fiel von 100 auf 93 Prozent. Die im März 2019 fällige Wandelanleihe im Wert von 140 Millionen Euro und einer Verzinsung von 6 Prozent notiert inzwischen gar nur noch bei 81 Prozent. Der Aktienkurs blieb von der Ankündigung allerdings unberührt: Er schwankt derzeit rund um 1,20 Euro.
Air Berlin vor „langem Weg der Erholung“
Zuvor notierten die Anleihen der Airline lange Zeit – mit Ausnahme eines Einbruchs im Oktober 2014 – stabil über par. Die Gläubiger griffen nach den relativ hoch verzinsten und gleichzeitig doch recht sicheren Papieren, denn die mit knapp 30 Prozent engagierte Airline Etihad hält die kriselnde Fluggesellschaft seit Jahren mit Finanzspritzen und Kooperationen über Wasser. Dass Air Berlin die Wende wirklich aus eigener Kraft schafft, scheinen die Investoren nicht zu glauben.
Bei der Präsentation der Zahlen zum ersten Quartal 2015 klang Pichler zwar verhalten optimistisch: „Das erste Quartal ist ordentlich verlaufen“, sagte er. Aber: „Wir stehen am Anfang eines langen Weges zur Erholung“. Dabei hat sich der Umsatz im traditionell schwachen Auftaktquartal mit einem Anstieg von 4,2 Prozent auf 793,7 Millionen Euro positiv entwickelt und auch das Ebit hat sich um 23 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahresquartal verbessert – es liegt mit knapp 160 Millionen Euro aber immer noch tief im roten Bereich.
Herausforderung für Neu-CFO Arnd Schwierholz
Für den neuen CFO Arnd Schwierholz könnte die Talfahrt der Anleihen die ohnehin schwierige Situation noch mehr erschweren. Er ist seit März der Nachfolger von Ulf Hüttmeyer, der zu Etihad gewechselt ist. Bei Etihad wird es seine Hauptaufgabe sein, „die Partnerunternehmen bei der Strukturierung der Bilanzen [und] der Finanzplanung zu unterstützen“, hieß es damals.
Dass Etihad Air Berlin wirklich den Rücken kehrt, wie es manche Anleihegläubiger zu befürchten scheinen, ist ob dieser personellen Konstellation und der hohen dreistelligen Millionensummen, die Etihad bei Air Berlin im Feuer hat, indes unwahrscheinlich. Und in diesem Jahr wird es wohl auch nicht mehr zur Feuerprobe kommen: Die Refinanzierung der im November auslaufenden Anleihe über 200 Millionen Euro hat Air Berlin eigenen Aussagen zufolge schon sichergestellt.