Nach wochenlangen Spekulationen über die Zukunft von Air Berlin steht nun endlich der Rettungsplan: Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft will sich umfassend rekapitalisieren, „um durch einen beschleunigten und vertieften Turnaround nachhaltig profitabel zu werden“, teilte das Unternehmen mit.
Im Detail sieht der Plan wie folgt aus: Zum einen will Air Berlin seine Zinslast deutlich senken. Hierfür plant die Fluggesellschaft, eine neue Anleihe in Höhe von mindestens 150 Millionen Euro zu begeben, die bis 2019 oder 2021 laufen soll. Gleichzeitig will Air Berlin den Investoren der 2014 und 2015 fällig werdenden Mittelstandsanleihen im Gesamtvolumen von 350 Millionen Euro anbieten, ihre bestehenden Anleihen, in neue Bonds, die 2019 fällig werden, einzutauschen. „Den Investoren der 2014 und 2015 fälligen Anleihen bieten wir eine attraktive Option zum Umtausch, um die Fälligkeitsstruktur der Verbindlichkeiten zu entspannen“, sagt Air-Berlin-CFO Ulf Hüttmeyer.
Air Berlin: Zinsersparnis von mehreren Millionen Euro
Die im November 2014 auslaufende Mittelstandsanleihe über 150 Millionen Euro wird mit stolzen 11,5 Prozent verzinst. Die im Herbst 2015 fällige Anleihe über 200 Millionen Euro ist immerhin noch mit einem Kupon von 8,5 Prozent ausgestattet. Die Kupons der neuen Anleihen sollen im Bookbuilding-Verfahren bestimmt werden und deutlich unter den bisherigen Kuponhöhen liegen. Für die in Schweizer Franken denominierte Anleihe soll der Kupon zwischen 5,5 und 6,25 Prozent p.a., für die in Euro denominierte Anleihe zwischen 6,0 bis 6,75 Prozent p.a. liegen.
Bezogen auf das bisherige Emissionsvolumen von 350 Millionen Euro dürfte Air-Berlin-CFO Hüttmeyer damit – je nach erzieltem Kupon – jährlich einen hohen einstelligen oder niedrigen zweistelligen Millionenbetrag in Euro sparen. Der Emissionstag der neuen Anleihe ist voraussichtlich der 9. Mai 2014. Die Umtauschfrist für die in diesem und kommenden Jahr fälligen Mittelstandsanleihen startet am heutigen Montag.
Großaktionär Etihad Airways stärkt Air Berlins Equity-Seite
Bei diesem Rettungsplan kann Air Berlin weiter auf die Hilfe seines Großaktionärs Etihad Airways bauen. Die Gesellschaft, hinter der das Königshaus des Golf-Emirats Abu Dhabi steht, hat bereits eine Wandelanleihe in Höhe von 300 Millionen Euro gezeichnet, wodurch die Equity-Seite von Air Berlin gestärkt wird. „Da diese Anleihe nachrangig ist und über eine unbegrenzte Laufzeit verfügt, wird sie nach IFRS-Rechnungslegung als Eigenkapital verbucht“, erklärt Air Berlin in einer Pressemitteilung. Ende Dezember 2013 und damit vor den neuen Anleihen verfügte Air Berlin über Eigenkapital in Höhe von minus 181,9 Millionen Euro und über liquide Mittel in Höhe von 223 Millionen Euro.
Darüber hinaus konnte Air Berlin die Laufzeit eines Gesellschafterkredits in Höhe von 255 Millionen US-Dollar, von dem die Fluggesellschaft gegenwärtig 135 Millionen US-Dollar in Anspruch nimmt, von 2016 auf 2021 verlängern. Beide Transaktionen werden der Fluggesellschaft bei ihren Plänen helfen, die Zinslast zu senken, um sich anschließend in Ruhe restrukturieren zu können. „Mit unserer erfolgreichen, umfassenden Rekapitalisierung gewinnen wir den notwendigen Handlungsspielraum, um die Fluggesellschaft grundlegend zu restrukturieren und zurück in die Profitabilität zu führen“, sagt Air-Berlin-CFO Ulf Hüttmeyer . „Damit können wir uns voll auf die operative Neustrukturierung fokussieren.“
Das Finanzierungskonzept und die Kapitalspritze von Etihad haben allerdings keine Auswirkungen auf die Eigentümerstruktur der Berliner Fluggesellschaft. „Nach dieser Rekapitalisierung wird die Eigentümerstruktur der Air Berlin PLC unverändert bleiben“, teilte die Fluggesellschaft mit – und beendet damit Spekulationen, nach denen Etihad weitere Unternehmensanteile von Air Berlin übernehmen oder die Fluggesellschaft oder Teile davon in eine Europa-Holding einbringen könnte.
CRO Marco Ciomperlik verstärt Management Board von Air Berlin
Doch nicht nur finanzielle, auch personelle Neuigkeiten hat Air Berlin zu verkünden. Ab Mai wird Marco Ciomperlik als Chief Restructuring Officer (CRO) das Management Board der Fluggesellschaft um CEO Wolfgang Prock-Schauer und CFO Ulf Hüttmeyer erweitern und den Neustrukturierungs- und Turnaround-Prozess steuern. Ciomperlik war in den vergangenen fünf Jahren als Chief Maintenance Officer bei Air Berlin tätig.
Trotz des schon Anfang 2013 gestarteten Sparprogramms musste Air Berlin das Geschäftsjahr 2013 mit einem operativen Verlust (EBIT) von 231,9 Millionen Euro abschließen. Das Effizienzprogramm Turbine hat Unternehmensangaben zufolge zwar den angestrebten Beitrag von 200 Millionen Euro auf der Kosten- und Umsatzseite erbracht, aber eine unerwartet schwache Sommersaison verbunden mit einem traditionell schwierigen Winter, ließen Air Berlin dennoch in die roten Zahlen rutschen. Im Geschäftsjahr 2012 hatte die Fluggesellschaft noch einen operativen Gewinn von 70,2 Millionen Euro ausweisen können.
Info
Erfahren Sie mehr über die Karriere-Highlights des Air-Berlin-CFOs Ulf Hüttmeyer und lesen Sie das Porträt über den Frühberufenen in unserem CFO-Almanach – FINANCE-Köpfe.
Sabine Paulus ist seit 2008 Redakteurin beim Fachmagazin FINANCE und der Online-Publikation DerTreasurer. Ihre Themenschwerpunkte sind Personal, Organisation, Karriere und Finanzierung. Sie ist M.A. und hat an der Universität Konstanz unter anderem das Hauptfach Deutsche Literatur studiert.