Rund 35 Beamte des Landeskriminalamts haben im Auftrag der Staatsanwaltschaft Stuttgart die Büros des Projektentwicklers Windreich sowie mindestens vier Privatwohnungen durchsucht. Gegen fünf amtierende und ehemalige Vorstände wird wegen Bilanzmanipulation, Kredit- und Kapitalanlagebetrug ermittelt. Im Zentrum des Verdachts steht offensichtlich Windreich-Chef und Alleinaktionär Willi Balz, aber offenbar ist auch der frühere Windreich-Aufsichtsrat und FDP-Politiker Walter Döring ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Ob auch gegen den bis Mai 2012 amtierenden Ex-CFO Matthias Hassels ermittelt wird, ist indes noch nicht bekannt.
Es bestehe der konkrete Verdacht, dass Windreich in den Jahren 2010 und 2011 Forderungen und Umsätze in Millionenhöhe falsch ausgewiesen habe. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass ihnen keine realen Geschäfte gegenüberstehen. Es seien auch Forderungen bilanziert worden, bei denen mit einer ernsthaften Tilgung nicht mehr zu rechnen sei. 2010 und 2011 sind am Segment BondM der Börse Stuttgart auch die beiden Mittelstandsanleihen im Volumen von 125 Millionen Euro begeben werden.
Creditreform darf Windreich-Rating nicht veröffentlichen
Damit zieht sich die Schlinge um Windreich-Chef Willi Balz immer weiter zu. Schon in den vergangenen Tagen hatte er für viel Aufregung gesorgt, weil er den am 1. März fälligen Zinskupon einer der beiden Mittelstandsanleihen erst mit zweitägiger Verspätung bezahlte. Die Stuttgarter Börse setzte daraufhin den Handel mit Windreich-Anleihen aus. Nach Wiederaufnahme des Handels stürzten die Kurse der beiden bis 2015 bzw. 2016 laufenden Mittelstandsanleihen auf 20 bzw. 25 Prozent des Nennwerts ab.
Balz hatte am Wochenende auch die Veröffentlichung des Ratings durch die Creditreform zurückgezogen. Offenbar erwog die Ratingagentur, die Bonität Windreichs erneut abzustufen. Erst kurz vor Weihnachten hatte die Creditreform das Windreich-Rating von BBB+ auf BB+ herabgestuft. Balz gab vorgestern an, mit dem Rating „nicht mehr einverstanden“ zu sein.
Das hat jetzt offenbar auch zum Bruch mit der Börse Stuttgart geführt. Weil Windreich der Pflicht, ein Rating zu veröffentlichen, nicht mehr nachkommen möchte, hat das Unternehmen das Anleihesegment BondM heute verlassen und ist in den Freiverkehr gewechselt. Damit will Balz Kosten in Höhe von 500.000 Euro einsparen. Außerdem ändert Balz die Rechtsform der Windreich von einer AG zu einer GmbH. Beide Schritte lassen vermuten, dass das Unternehmen für Außenstehende jetzt noch intransparenter werden wird.
Windreich-Chef Balz appelliert an Anleihegläubiger
Noch am Montag hatte Balz mit einem persönlichen Schreiben versucht, seine Gläubiger zu beruhigen. Darin bitte Balz die Anleiheinvestoren um Treue und verspricht, dass schon bald erhebliche Cashflows in Höhe von 48 Millionen Euro aus dem Offshore-Windpark Global Tech 1 in der Nordsee zu erwarten seien, den Windreich entwickelt.
Außerdem spricht er von erheblichen stillen Reserven, die in den Windparkprojekten vorhanden seien und die den Nominalwert der beiden Mittelstandsanleihen weit überstiegen, und er kommt auch noch einmal auf den Abgang des für kurze Zeit bei Windreich agierenden Ex-Telekom-CFOs Karl-Gerhard Eick zu sprechen. Den „Rauswurf“ Eicks begründet Balz mit fehlendem Vertrauen – Balz wirft Eick vor, „eine feindliche Übernahme im Sinn gehabt zu haben“. Deshalb habe er wichtige Investorengespräche ohne Eick geführt – Gespräche, die „vermutlich noch in diesem Jahr“ zu „positiven Resultaten“ führen würden, verspricht Balz.
Die Verhandlungen mit neuen Investoren, falls es sie tatsächlich ernsthaft gegeben haben sollte, dürften nun nach den Hausdurchsuchungen zu Ende sein. Windreich droht das Aus und dem Marktsegment für Mittelstandsanleihen die siebte Pleite innerhalb nur eines einzigen Jahres und die größte noch dazu. Für BondM wäre es schon der vierte Ausfall seit Jahresbeginn.