Der Automobilkonzern Daimler hat seine Finanzierung krisenfest aufgestellt – und wäre in der aktuellen Aufstellung vermutlich sogar für ein mittleres Katastrophenszenario gewappnet. Die Schwaben haben eine 11 Milliarden Euro schwere Kreditlinie unterzeichnet, die eine vorherige syndizierte Kreditlinie über 9 Milliarden Euro vorzeitig ablöst.
Konkret eingeplant ist der neue Mega-Kredit dezidiert nicht: „Daimler plant nicht, die Kreditlinie in Anspruch zu nehmen“, heißt es aus Stuttgart. Die Linie diene einzig „der Sicherstellung einer jederzeit ausreichenden finanziellen Flexibilität“.
Dunkle Wolken über der Branche
Dabei ist Daimler schon jetzt finanziell sehr solide aufgestellt. Allein im ersten Quartal erwirtschaftete der Autobauer im Industriegeschäft einen Free Cashflow von rund 1,8 Milliarden Euro. Dadurch erhöhte sich die Nettoliquidität im Industriegeschäft auf 18,7 Milliarden Euro. Die Zahlen für das zweite Quartal stellen die Stuttgarter am Donnerstag vor.
Doch die Finanzchefs der Autokonzerne wissen auch um ihre Verwundbarkeit. VW musste in Folge des Dieselskandals Liquiditätsabflüsse für Strafzahlungen, Vergleiche und Produktrückrufe von weltweit weit mehr als 20 Milliarden Euro verkraften. Daimler ist ebenfalls im Visier der Behörden. Auch wenn kaum jemand ein VW-Szenario bei dem Stuttgarter Autobauer für möglich hält, hat auch Daimler schon Sonderkosten im Volumen von mehreren hundert Millionen Euro verbucht.
Weitere Liquiditätsbelastungen drohen den Autobauern im weiteren Jahresverlauf durch schärfere Zulassungsregeln, die dazu führen, dass Tausende bereits produzierter und noch nicht zugelassener Autos zwischengeparkt werden müssen.
Hinzu kommt: Die Finanzkrise hat gezeigt, dass der Kapitalmarktzugang sich selbst für Top-Adressen zeitweilig schließen kann. Damals wichen die Autoriesen Daimler, BMW und VW auf den Schuldscheinmarkt aus, um ihren laufenden Finanzierungsbedarf zu decken. Vor allem die Finanzsparten, die der Absatzfinanzierung dienen, haben permanent Mittelbedarf in Milliardenhöhe.
Daimler nutzt günstiges Finanzierungsumfeld
Der 11 Milliarden Euro schwere neue syndizierte Kredit läuft zunächst über fünf Jahre und kann zweimal verlängert werden. Nutzt Daimler diese Verlängerungsoptionen, können die Stuttgarter bis 2025 auf die Linie zugreifen.
Für die vorzeitige Refinanzierung hat CFO Bodo Uebber sich aufgrund des günstigen Marktumfelds entschlossen. Man habe mit der vorzeitigen Erneuerung der bestehenden Kreditlinie „ein langfristiges Liquiditätspolster geschaffen“, sagte er. Laut Unternehmen war das Kreditbuch deutlich überzeichnet, der Abschluss sei zu „deutlich verbesserten“ Konditionen möglich gewesen.
Zu den Konditionen selbst machte Daimler keine Angaben, nur so viel: Es sinkt dem Unternehmen zufolge die Bereitstellungsprovision, die Daimler für die Kreditlinie bezahlen muss, obwohl das Kreditvolumen um 2 Milliarden Euro höher ausfällt als bei der vorherigen Finanzierung.
Daimler setzt auf internationales Bankenkonsortium
Wie auch bei der Kreditlinie, die jetzt abgelöst wird, hat Daimler sein Bankenkonsortium sehr breit aufgestellt. Mehr als 40 Banken aus Europa, Asien und Amerika stellen die Linie gemeinsam. Finanzchef Uebber wertet das als Vertrauensbeweis: „Die große Nachfrage nach dieser Kreditlinie und die für uns attraktiven Konditionen zeigen, dass Daimler ein hohes Ansehen in der Bankenwelt genießt und die Kreditinstitute unserer Strategie und der weiteren Entwicklung des Unternehmens vertrauen.“
Zur aktuellen Unternehmensstrategie gehört auch, dass Daimler über eine neue Unternehmensstruktur nachdenkt, die auf eine Abspaltung des LKW-Geschäfts hinauslaufen könnte. Dies könnte dem zuletzt stark gesunkenen Aktienkurs wieder auf die Sprünge helfen, hoffen manche Analysten.
Info
Mehr über den Mann hinter den Daimler-Finanzierungen lesen Sie im CFO-Steckbrief zu Bodo Uebber.

