„Der Deal der Deutschen Bank hat uns überrascht“

Herr Lutz, vor knapp zwei Wochen hat sich die Deutsche Bank an Ihrem Wettbewerber Traxpay beteiligt. Dem größten deutschen Geldhaus gehören nun dem Vernehmen nach etwas weniger als 10 Prozent an dem Fintech, das wie CRX Markets Working-Capital-Finanzierungen vermittelt. Hat Sie der Deal überrascht?Ja, das hat er. Allerdings nicht so sehr mit Blick auf Traxpay, die ja mit der NordLB zusammenarbeiten und bis vor kurzem noch mit der Commerzbank kooperiert haben. Überrascht hat mich eher, dass sich die Deutsche Bank bei einer Plattform für Supply Chain Finance engagiert. Warum hat Sie das überrascht?Aufgrund unserer Gespräche mit der Deutschen Bank in der Vergangenheit hatten wir das Verständnis, dass sich die Deutsche Bank eine Zusammenarbeit mit Plattformen in diesem Bereich nicht vorstellen kann. Die Bank gehört jedenfalls zu den wenigen Häusern, die bei uns noch nicht als Finanzierer tätig sind, obwohl wir sie auf Wunsch von Kunden mehrfach dazu eingeladen haben. Auktionsverfahren: Nachteil für die Banken? Vielleicht liegt es daran, dass sich CRX Markets – im Gegensatz zu Traxpay – als unabhängiger Marktplatz positioniert. Über Auktionsverfahren müssen sich Banken bei Ihnen für jede Finanzierung von Forderungen oder Verbindlichkeiten dem Wettbewerb mit anderen Häusern stellen. Sie haben keinen Einfluss auf die Spielregeln der Vermittlung. Das gefällt nicht jedem Banker.Unser Ziel ist es, Unternehmen und Finanzierungspartner zusammenzubringen. Wir haben weit über 30 Finanzierungspartner an unsere Plattform angeschlossen und wickeln täglich ein Transaktionsvolumen von 20 Millionen Euro ab. Das zeigt die Akzeptanz für unser Geschäftsmodell auch auf der Seite der Finanzierungspartner. Aber die Margen für die Banken werden enger, oder etwa nicht?Natürlich verändert ein Marktplatz mit transparenten Konditionen das Pricing, weil dann Angebot und Nachfrage die Bedingungen bestimmen. Unternehmen profitieren über Auktionsverfahren vom besten Preis, aber auch die Finanzierungspartner haben Vorteile: Sie können zu attraktiven Renditen Anlagen tätigen und dabei ihren Kundenkreis erweitern. Wir wollen, dass beide Seiten profitieren. Und das wäre mit Banken im Investorenkreis nicht möglich?Wir glauben nicht. Unsere Prämisse war und ist: Wenn wir Finanzierer ins Aktionariat holen, dann gefährdet das die Basis eines wirklich unabhängigen Marktplatzes. Deshalb haben wir Angebote für Beteiligungen von Banken immer abgelehnt. Ein Marktplatz mit einer oder mehreren Banken als Aktionär macht den Marktplatz endlich. Und Gegenfrage: Warum sollte sich eine Bank für eine einzelne Plattform entscheiden und damit andere Absatzkanäle meiden? Das heißt, Sie lehnen Beteiligungen von Banken auch künftig ab?Ich sehe keinen Grund, von unseren Grundprinzipien abzuweichen. Wir fühlen uns in unserem Vorgehen bestätigt. Es wird immer einfacher, Unternehmen als auch Finanzierungspartner von unserem Marktplatz zu überzeugen. Sowohl das Thema Working-Capital-Finanzierung als auch unser Marktplatz nehmen Fahrt auf. „Unsere Prämisse ist: Wenn wir Finanzierer ins Aktionariat holen, dann gefährdet das die Basis eines unabhängigen Marktplatzes.“ Frank Lutz, CEO CRX Markets Daimler, MAN, Nestlé nutzen CRX Markets Sehen Sie nicht die Gefahr, dass das Modell der Zusammenarbeit Schule macht? Auch viele andere Wettbewerber – Taulia, C2FO, Cflox – haben schließlich Banken als Investoren im Hintergrund, die zum Teil mit ihren Vertriebsteams bei ihren Kunden für die Einführung der Plattform trommeln.Ich mache mir keine Sorgen. Denn wir sehen, dass viele Unternehmen, die bisher bilaterale Working-Capital-Linien auf ein Plattformmodell umstellen wollen, dies nicht als erstes mit ihrer Bank diskutieren. Sie schauen sich vielmehr direkt die Plattformen an. Solange es uns gelingt, immer genügend Liquidität auf unserem Marktplatz zu haben, haben wir gute Argumente in Gesprächen mit den Unternehmen. Hinzu kommt, dass wir inzwischen ein Vollsortiment geschaffen haben. Wir bieten unseren Kunden neben Dynamic Discounting, und Reverse Factoring auch Factoring an und haben erste Deals im Bereich der nachhaltigen Lieferantenfinanzierung vermittelt. Wie viele Unternehmen handeln ihre Lieferantenverbindlichkeiten denn inzwischen über Ihre Plattform?Die genaue Zahl kommunizieren wir nicht. Wir haben inzwischen aber eine zweistellige Zahl an Abnehmern auf der Plattform. Dazu gehören etwa Daimler, MAN, Nestlé, Vattenfall und Covestro. FINANCE-Köpfe Frank Lutz, CRX Markets Frank Lutz beginnt seine Karriere 1995 bei Goldman Sachs und arbeitet dort bis Ende des Jahres 2004 in verschiedenen Positionen in London, Frankfurt und New York. Danach folgt ein Zwischenstopp bei der Deutschen Bank. 2006 wechselt er zu dem Lastwagenbauer MAN und wird Senior Vice President für den Bereich Finanzen. 2009 übernimmt er dort den CFO-Posten. 2013 wechselt Frank Lutz zu Aldi Süd, wo er ebenfalls als Finanzchef tätig ist. Diese Position verlässt er ein Jahr später. Im Oktober 2014 wird er Vorstandsmitglied bei Bayer Material Science. Einen Monat später wird er zum CFO ernannt. Bayer Material Science firmiert seit September 2015 unter dem Namen Covestro. Im Juni 2017 legt Lutz aus nicht genannten Gründen sein CFO-Mandat bei Covestro nieder. Nach einer kurzen Auszeit schlägt er einen neuen Karrierepfad ein: Im Januar 2018 wird er CEO des Fintechs CRX Markets. zum Profil Sie sprachen die Liquidität an. Ist es richtig, dass es während der Coronakrise Liquiditätsengpässe auf der Plattform gab?Nein, wir hatten nicht mit Liquiditätsengpässen zu kämpfen. Jede Finanzierungsanfrage konnte umgesetzt werden. Zwar waren einige Finanzierungspartner auf dem Höhepunkt der Krise weniger aktiv, aber dann sind andere Finanzierer eingesprungen. Genau hier zeigt sich, wie wichtig Diversifizierung ist. Corona rückt Finanzierungssicherheit in den Fokus Einige Banker sehen das anders. Sie argumentieren nun, dass sich Unternehmen wegen der erlebten Engpässe auf den Plattformen mit Blick auf Finanzierungssicherheit bei Working-Capital-Linien jetzt wieder stärker direkt an die Banken wenden würden.Diese Argumentation habe ich auch schon gehört. Sie erschließt sich mir aber nicht. Finanzierungssicherheit in schwierigen Zeiten erlangt ein Unternehmen nicht, indem es sich an einen Finanzierungspartner bindet. Wenn sich die Bank dazu entscheidet, gewissen Kunden keine Liquidität mehr zur Verfügung zu stellen, weil die Limite ausgereizt sind oder sich die Risikokalkulation ändert, dann macht es keinen Unterschied, ob die Geschäftsbeziehung bilateral oder über eine Plattform erfolgt. Entscheidend ist die Liquidität einer Plattform. Je mehr Finanzierungspartner, desto besser. Ist das wirklich so? Über anonyme Plattformen zieht man sich doch vielleicht eher mal zurück als bei einer direkten Kundenbeziehung. Wir sind eben keine anonyme Plattform. Die Unternehmen arbeiten je nach Programm mit ausgewählten Finanzierungspartnern zusammen und alle Beteiligten haben vollkommene Transparenz, wer wann was zu welchen Konditionen finanziert. Wenn mehr Liquidität gefragt ist, überlegen wir gemeinsam, wen wir in das Programm zusätzlich einbinden können. Es mag Fälle geben, in denen Banken in Krisenzeiten nicht die gesamte Geschäftsbeziehung gefährden wollen und deshalb dabeibleiben. Aber wenn es hart auf hart kommt, dann nützt auch die Hausbankbeziehung nichts. FINANCE-Themenseite Working Capital Management Mit Working Capital Management können CFOs Liquidität freisetzen. Welche Stellschrauben stehen Finanzchefs dabei zur Verfügung? Und welche Möglichkeiten bieten neue Technologien? Diese Themenseite liefert einen Überblick. Mehr zum Thema Asset Manager werden als Investoren aktiv CRX Markets hat sich vor einiger Zeit zum Ziel gesetzt, auch institutionelle Investoren als Finanzierer an Bord zu holen, um noch unabhängiger von Banken zu werden. Wie kommen Sie damit voran?Wir haben bereits zwei aktive Asset Manager sowie einige Family Offices auf der Plattform und sind aktuell gerade im Onboarding weiterer institutioneller Investoren. Mit der Integration dieser Investoren in unsere Finanzierungsprozesse schaffen wir für diese eine völlig neue Assetklasse. Viele Asset Manager dürfen Trade-Finance-Produkte nur dann kaufen, wenn sie zumindest theoretisch sekundärmarktfähig sind. Deshalb haben wir in Luxemburg ein Vehikel zur Verbriefung aufgebaut. So kreieren wir handelbare Wertpapiere, in die auch Asset Manager investieren können. „Bis Mitte kommenden Jahres sind wir gut durchfinanziert.“ Frank Lutz, CEO CRX Markets Und wie sieht es finanziell aus? Ihre letzte Finanzierungsrunde haben Sie im vergangenen Juni durchgeführt und damals eine Bewertung von 65 Millionen Euro erzielt.Wir kommen langsam Richtung Break-even und haben deshalb keinen Finanzierungsdruck. Bis Mitte kommenden Jahres sind wir gut durchfinanziert. Und dann?Das werden wir sehen. Wir sind inzwischen fast acht Jahre am Markt und haben es bislang ausschließlich mit Geld von Friends & Family geschafft, unser Wachstum zu finanzieren. Ich selbst habe bei meinem Einstieg 2017 auch investiert. Wir sind aber auch für Kooperationen mit Venture Capital und Private Equity offen. Da gibt es einige Player, die sich gut mit der Fintech-Szene auskennen. desiree.buchholz[at]finance-magazin.de

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