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Die letzten Tage von Windreich (Teil 1)

Errichtungsarbeiten am Offshore-Windpark Global Tech 1: Eine der beiden Kronjuwelen, die Windreich-Chef Willi Balz nicht mehr rechtzeitig zu Geld machen konnte.
Global Tech 1

Am 5. September war der lange Überlebenskampf zu Ende: Der schillernde Unternehmer Willi Balz musste die Segel streichen und für seine Firma Windreich Insolvenz beantragen. Mit ausstehenden Anleihen im Nennwert von 125 Millionen Euro hat der Windparkprojektierer eine nicht unerhebliche Kapitalmarktpräsenz – aber seit fast zwei Jahren keinen CFO. Insgesamt ist Windreich mit Verbindlichkeiten von weit über 300 Millionen Euro in das Schutzschirmverfahren eingetreten. Die größten Gläubiger sind die Bondinvestoren, der schottische Finanzjongleur Lord Irvine Laidlaw und die Schweizer Bank J. Safra Sarasin.

Die letzten Wochen vor der Pleite waren dramatisch. Bis zum Schluss wähnte sich Balz FINANCE-Informationen zufolge in Sicherheit – bis einer seiner großen Gläubiger „aus dem Nichts heraus“, wie Balz sagt, Insolvenz gegen Windreich beantragt habe.

Windreich-Chef Willi Balz hätte Sarasin loswerden können

Fieberhaft hatte Willi Balz über den Sommer hinweg mit einem renommierten, nicht-europäischen Infrastrukturinvestor verhandelt. Es ging um den Verkauf des sich im Bau befindlichen Offshore-Windparks MEG 1, des  Kronjuwels der Windreich-Gruppe. Laut Balz seien die Verhandlungen schon auf der Zielgeraden gewesen: „Spätestens Mitte November hätten wir den Deal zumachen können“, beklagt sich der Windreich-Chef.

Dann wären 125 Millionen Euro in die leeren Windreich-Kassen geflossen plus weitere 80 Millionen Euro beim Erreichen bestimmter Meilensteine. Damit hätte Balz einen seiner größten Gläubiger, das Schweizer Bankhaus J. Safra Sarasin, ablösen können, bei dem er mit rund 75 Millionen Euro in der Kreide stand. Der Restbetrag hätte Balz eine Schonfrist gesichert, um sein Beteiligungsportfolio zu bereinigen und weitere Windparks zu verkaufen, bevor im März 2015 die erste Mittelstandsanleihe mit einem Volumen von 50 Millionen Euro fällig geworden wäre. Das war der Plan. 

Windreich bekommt frisches Geld aus der Schweiz

Einige Investoren schienen sogar daran zu glauben, dass Balz das Ruder noch herumreißen würde:  Zwischen März und August verdreifachten sich die Kurse der beiden Anleihen von Notierungen unter 20 auf über 60. Tatsächlich gab es neben den laufenden Verkaufsgesprächen für MEG 1 noch einen weiteren Faktor, der Balz Aufwind verlieh: ein Investmenthaus namens Patrimonium.

Der Schweizer Private-Debt-Investor bestätigt FINANCE-Informationen, wonach er einer Gesellschaft aus Balz’ Privatvermögen eine Brückenfinanzierung über 25 Millionen Euro eingeräumt hatte. Besichert soll der Patrimonium-Kredit mit Forderungen gegen die Projektgesellschaft des Windparks Global Tech 1 gewesen sein, des zweiten großen Offshoreprojekts aus dem Hause Windreich/Balz.

Das frische Geld aus der Schweiz nutzte Balz unter anderem, um im Juli den Zinskupon der zweiten Mittelstandsanleihe zu bezahlen. Den Zinstermin des anderen Papiers im März hatte Balz noch um zwei Tage versäumt und den Kupon am Ende aus seinem Privatvermögen bezahlt. Balz beharrt darauf, dass der Patrimonium-Kredit Windreich noch mindestens sechs Monate lang liquide gehalten hätte. Damit hätte er wertvolle Zeit gewonnen, um den MEG-Verkauf abzuschließen – bis einer seiner Gläubiger die Geduld verlor und das Insolvenzverfahren auslöste.   

Info

Lesen Sie in Teil 2 der "letzten Tage von Windreich", wie Willi Balz den Überblick über sein Firmenreich verlor, was die Hausdurchsuchung der Staatsanwaltschaft bei Windreich anrichtete und wer Balz‘ letzter Verbündeter war.

Info

Chronik: Der Aufstieg und Fall von Windreich

2010 und 2011: Windreich begibt zwei Mittelstandsanleihen im Volumen von 125 Millionen Euro. Mit dem Geld schiebt CEO Willi Balz große Windparkprojekte in der Nordsee an.

Mai 2012:Willi Balz trennt sich von seinem CFO Matthias Hassels und führt das Finanzressort fortan selbst.

Dezember 2012:Ex-Telekom-CFO Karl-Gerhard Eick beendet im Streit sein Beraterengagement bei Windreich. Wenige Tage zuvor senkte die Creditreform das WindreichRating auf BB+ – wegen „unzureichender Informationen“.

März 2013:Schwarzer Monat für Windreich: Die Staatsanwaltschaft durchsucht die Büroräume, und Willi Balz kann den Zinskupon einer seiner beiden Anleihen erst mit einigen Tagen Verspätung bezahlen.

September 2013:Windreich beantragt Gläubigerschutz.

Alle Details zur Windreich-Story finden Sie in unserem ausführlichen Themendossier zu Windreich


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