In dieser Woche endet die Frist zur Erwiderung der Berufung in einem Rechtsstreit zwischen der LBBW-Tochter Südfactoring und einem ehemaligen Manager. Der Spezialist für Factoring, dessen Name der Redaktion bekannt ist, hatte bereits 2012 die Tochter der Stuttgarter Landesbank verlassen.
Stein des Anstoßes: Etwa ein Jahr nach seinem Weggang sah sich der ehemalige Manager mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von rund 60 Millionen Euro konfrontiert. Diese resultiert aus der Pleite von Chips & More im Jahr 2013. Die Freiburger Software-Firma, die unter anderem Digitalkameras und Smartphones vertrieben hat, soll an die LBBW-Tochter Südfactoring „Luftforderungen“ verkauft haben.
LBBW kämpft mit Luftforderungen bei der Tochter Südfactoring
Fingierte Rechnungen zu finanzieren ist ein hohes Risiko für jede Factoring-Gesellschaft. In den neunziger Jahren schlug beispielsweise der Fall Balsam AG hohe Wellen. Die Betrügereien beim westfälischen Sportbodenhersteller trug zur Schieflage des Wiesbadener Finanzdienstleisters Procedo bei. Die Ironie der Geschichte: Im Jahr 2007 kaufte die Südfactoring dem Rewe-Konzern die Nachfolgegesellschaft R-Procedo ab.
Für die LBBW dürfte der Ausfall von Chips & More schmerzhaft gewesen sein und das Eigenkapital der Factoring-Tochter belastet haben. Das Gerichtsverfahren gegen den ehemaligen Manager ist ein Versuch, über dessen Managerhaftpflichtversicherung (Directors-and-Officers-Versicherung, kurz D&O) zumindest einen Teil des Betrags zurück zu bekommen. Kommentieren wollte die Landesbank Baden-Württemberg den Fall gegenüber FINANCE nicht.
Etappensieg für Manager: Landgericht weist Klage der Südfactoring ab
Der Rechtsstreit um die Millionen geht schon seit Ende 2013. Im April erhielt der frühere Manager vor dem Landgericht Stuttgart Recht. Eine Pflichtverletzung habe es nicht gegeben, weil das Factoring-Engagement seitens der LBBW betragsmäßig nicht limitiert gewesen sei, hieß es in der Urteilsbegründung laut einem Bericht der Stuttgarter Zeitung.
Unter dem Aktenzeichen 5 U 76/16 wird der Fall jetzt vom Oberlandesgericht Stuttgart geprüft. Eine Berufung der Südfactoring GmbH gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart ist dort nach FINANCE-Informationen anhängig. Die Situation in der Auseinandersetzung mit dem ehemaligen Manger ist verfahren. Weder will die Bank von ihrer Schadensersatzforderung abrücken noch die sechsstellige Abfindung zahlen. Für den Manager hat die Auseinandersetzung den Nachteil, dass er seither beruflich blockiert ist.
Südfactoring seit 2012 mit neuer Führung
Der Ausstieg des Managers aus dem LBBW-Konzern verlief unterhalb des Radars der breiten Öffentlichkeit. Weder die Tochtergesellschaften noch der LBBW-Konzern wollten den Abgang damals kommentieren. Stattdessen kündigten die LBBW-Töchter bereits im Oktober 2012 einen neuen Sprecher der Geschäftsführung an. Stefan Lechner wurde zum 1. November 2012 Chef der Südleasing und der Südfactoring.
Lechner kam von der Unicredit Leasing an die Spitze beider LBBW-Töchter. Mit LBBW-Firmenkundenvorstand Karl-Manfred Lochner hatte das Leasing- und Factoring-Geschäft im gleichen Jahr einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden erhalten, der wie Lechner einen Unicredit-Hintergrund hat.
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Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.