Die Commerzbank ist Medienberichten zufolge offenbar dazu bereit, dem widerspenstigen Hedgefonds Petrus Advisers dessen 7,5-prozentigen Anteil an der Online-Tochter Comdirect abzukaufen. Wie die Nachrichtenagenturen Bloomberg und Reuters berichten, sollen bereits Verhandlungen laufen. Sowohl die Commerzbank als auch Petrus Advisers wollten sich auf FINANCE-Anfrage nicht dazu äußern.
Petrus lehnte Commerzbank-Offerte ab
Mitte Dezember war die Commerzbank, die 82,3 Prozent an Comdirect hält, damit gescheitert, die verbliebenen Comdirect-Aktionäre mit einer Barzahlung von 11,44 Euro je Aktie abzufinden. Statt der selbstgesetzten Anteilsschwelle von 90 Prozent kam das Geldhaus nach Ende der Annahmefrist lediglich auf 82,63 Prozent der Anteile. Die angedienten rund 457.000 Aktien (0,3 Prozent) wurden daraufhin den Aktionären zurückgebucht.
Maßgeblich verantwortlich für den Misserfolg der Offerte war das Londoner Investmenthaus Petrus, das mit deutlichen Nachkäufen zunächst den Kurs der Comdirect-Aktie weit über den Angebotspreis hinaus ansteigen ließ und anschließend seine Aktien nicht andiente. Seit Bekanntwerden der Pläne der Commerzbank, die Comdirect wieder voll in den Konzern zu reintegrieren, stieg der Petrus-Anteil an der Comdirect von 5,7 auf 7,5 Prozent.
Petrus hält die Comdirect für deutlich wertvoller. Der Hedgefonds begründet diese Einschätzung mit einem „Quantensprung in der Profitabilität“, der der Direktbank in den kommenden Jahren ins Haus stünde, sowie mit Synergieeffekten in Höhe von 150 Millionen Euro, die eine Übernahme der Commerzbank bringen würde.
Comdirect-Übernahme könnte langwierig werden
Sollten die Berichte stimmen und die Commerzbank stünde tatsächlich in Gesprächen mit Petrus, wäre dies eine Kehrtwende: So hatte Commerzbank-Chef Martin Zielke eigentlich angekündigt, das Angebot nicht erhöhen zu wollen. Stattdessen stellte er eine sogenannte „Direktverschmelzung“ in den Raum. Bei dieser würden Comdirect-Anteilseigner im Tausch Commerzbank-Aktien erhalten, was hieße: weniger Transaktionssicherheit und möglicherweise auch weniger Gegenwert. Um diesen Plan umzusetzen, wäre jedoch jeweils eine Dreiviertelmehrheit auf den jeweiligen Hauptversammlungen von Commerzbank und Comdirect nötig. Allerdings liegen diese im Mai und damit noch in weiter Ferne. Zudem müsste auch noch das Umtauschverhältnis ermittelt und bestimmt werden.
Allein diese Aspekte würden die Comdirect-Übernahme deutlich verzögern. Petrus könnte darüber hinaus mit juristischen Maßnahmen den Fusionsprozess noch weiter in die Länge ziehen. Für die Commerzbank wäre dies problematisch, da die Reintegration der Comdirect ein wichtiger Pfeiler bei der geplanten Neuausrichtung des ehemaligen Dax-Konzerns ist.
Dies zu vermeiden, könnte für die Commerzbank teuer werden. Nimmt man den Schlusskurs vom vergangenen Montag (13,00 Euro) als Grundlage, ist die Petrus-Beteiligung aktuell knapp 138 Millionen Euro wert. Bei einem Übernahmepreis von 14 Euro je Aktie stiege der Wert des Pakets sogar auf über 148 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die Annahme der ersten Commerzbank-Offerte von 11,44 Euro je Aktie hätte Petrus lediglich 121,2 Millionen Euro in die Kassen gespült.
Bezogen auf den kompletten Streubesitz bedeutete eine Übernahme zum Schlusskurs vom Montag für die Commerzbank Zusatzkosten in Höhe von knapp 39 Millionen Euro. Bei einem Preis von 14 Euro müsste die Bank sogar 64 Millionen Euro mehr ausgeben als geplant, um die Comdirect wieder voll zurück in den Konzern zu holen.
martin.barwitzki[at]finance-magazin.de
Info
Aktivisten wie Petrus Advisers treten auch in Deutschland immer selbstbewusster und aggressiver auf. Wen sie im Visier haben und wie sie vorgehen, erfahren Sie auf der FINANCE-Themenseite aktivistische Investoren.