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Delivery Hero löst Finanzierungsproblem

Liquiditätssorgen adé: Delivery Hero konnte Kapital in Höhe von 1,4 Milliarden Euro einsammeln.
Liquiditätssorgen adé: Delivery Hero konnte Kapital in Höhe von 1,4 Milliarden Euro einsammeln. Foto: Delivery Hero / Max Threlfall

Delivery Hero hat sein Finanzierungsproblem gelöst. Der Dax-Konzern hat sich Fremdkapital in Höhe von gut 1,4 Milliarden Euro besorgt und sich damit aus einer kniffligen finanziellen Situation heraus manövriert. Die Mittel stammen aus zwei Kreditlinien in Höhe von 300 Millionen Euro beziehungsweise 825 Millionen Dollar (748 Millionen Euro) und einem revolvierenden Konsortialkredit (RCF) mit einem Volumen von 375 Millionen Euro. Die beiden Kreditlinien laufen 5,25 Jahre, der RCF hat eine Laufzeit von drei Jahren. Welche Banken die Finanzierung stellen, gab das Unternehmen auf FINANCE-Anfrage nicht bekannt.

Glovo-Kauf treibt Finanzbedarf nach oben

Der Schritt war notwendig geworden, weil zwei Entscheidungen der vergangenen Monate den Liquiditätsverzehr des Unternehmens deutlich erhöht haben: der aggressive Ausbau des neuen Geschäftsfelds „Quick Commerce“, der allein in diesem Jahr über eine halbe Milliarde Euro verbrennen wird, sowie der Kauf des spanischen Lieferdienstes Glovo.

Investoren sorgten sich, dass für diesen aggressiven Wachstumskurs die Kapitaldecke zu dünn sei, sie fürchteten eine verwässernde Kapitalerhöhung. Die Hamburger Investmentbank Berenberg errechnete, dass Delivery Hero zusätzliche Liquidität in Höhe von 1,6 Milliarden Euro benötigt – auch für die Refinanzierung mehrerer Wandelanleihen, die weit aus dem Geld gelaufen sind.  

1,4 Milliarden Euro geben Delivery Hero Handlungsspielraum

Unter der Führung von Finanzchef Emmanuel Thomassin hat sich Delivery Hero nun neue Finanzierungsmittel in fast exakt der Höhe besorgt, die Berenberg errechnet hatte.

Thomassin sieht die gelungene Finanzierung als Beleg dafür, dass der Konzern „Zugang zu zahlreichen Finanzierungsquellen“ habe. „Wir haben eine solide und diversifizierte Kapitalstruktur aufgebaut, die uns finanzielle Flexibilität und reichlich Liquiditätspuffer bietet, um unsere strategischen Prioritäten zu erfüllen“, so der CFO.

Emmanuel Thomassin

Delivery Hero SE

Da es Thomassin gelungen ist, den Finanzierungsbedarf komplett über klassische Kredite zu decken, ist das Risiko einer Kapitalerhöhung deutlich gesunken. Berenberg befürchtete, dass eine solche das Aktienkapital des Konzerns um bis zu 20 Prozent hätte verwässern können. Nun dürfte die Liquidität reichen, um das Unternehmen durchzufinanzieren, bis es im Lauf des Jahres 2023 den Punkt erreichen könnte, an dem das Geschäftsmodell in der Lage ist, sich selbst aus dem Cashflow zu tragen.

Delivery Hero verspricht Breakeven 2023

Und der Dax-Konzern gibt dem Kapitalmarkt noch mehr Komfort mit in die neue Woche: Neben der Finanzierung meldet Delivery Hero außerdem noch einen leicht verbesserten Ausblick für das laufende Geschäftsjahr. Der Verlust des Segments Integrated Verticals, wo Delivery Hero die Offensive im Quick Commerce bilanziert, wird in diesem Jahr auf Ebitda-Basis maximal 525 Millionen Euro betragen, bisher waren die Berliner von einem Verlust zwischen 525 und 550 Millionen Euro in diesem Segment ausgegangen.

Kurssprung: Um 10 Prozent legt die Delivery-Hero-Aktie am Montag zu

Außerdem gab das Unternehmen erstmals eine Prognose für 2023: Für dieses Geschäftsjahr wird erstmals ein positives bereinigtes Ebitda für den Gesamtkonzern erwartet. Schon 2022 soll dies im Kerngeschäft mit Essensbringdiensten gelingen. Die Analysten von Berenberg prognostizieren für das Jahr 2025 einen positiven Cashflow von über 1,6 Milliarden Euro.

Die Börse reagiert euphorisch auf das Nachrichtenpaket aus Berlin: Die Delivery-Hero-Aktie steigt um rund 10 Prozent und ist mit Abstand der größte Gewinner im Dax. Im Sog von Delivery Hero können auch die Aktien anderer Wachstumsunternehmen wie Hellofresh und Zalando Kursgewinne verzeichnen.

paul.siethoff[at]finance-magazin.de

Paul Siethoff ist Redakteur bei Finance und schreibt vorrangig über Transformations-Themen. Er hat Kommunikationswissenschaften und Journalismus in Erfurt und in Mainz studiert. Vor seiner Zeit bei FINANCE schrieb Paul Siethoff frei für die Frankfurter Rundschau für die Ressorts Wirtschaft und Politik.