Schlechte Nachrichten für Short-Investoren: Die Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde Esma verschärft wegen der Coronavirus-Krise die Transparenzregeln für Short-Positionen auf Aktien. Das geht aus einer in dieser Woche veröffentlichten Mitteilung der Bafin hervor. Demnach müssen Investoren den nationalen Aufsichtsbehörden künftig sofort mitteilen, wenn sie Netto-Short-Positionen auf Aktien in Höhe von 0,1 Prozent des ausstehenden Aktienkapitals halten.
Damit hat die Esma die Meldeschwelle deutlich gesenkt: Bislang war das Überschreiten einer Short-Position auf Aktien ab 0,2 Prozent bei der zuständigen nationalen Behörde – in Deutschland die Bafin – meldepflichtig. Der aktuelle Veröffentlichungsschwellenwert bleibt unverändert bei 0,5 Prozent. Der Unterschied zwischen den beiden Schwellenwerten: Die gemeldeten Positionen sieht nur die Aufsichtsbehörde, die veröffentlichten der gesamte Markt. Die Veröffentlichungen erfolgen im Bundesanzeiger.
Die Regelung gilt ab sofort und ist zunächst auf drei Monate befristet. Sie betrifft alle Aktien, die in regulierten Märkten der EU gehandelt werden. Wo der Investor sitzt, der die Position aufbaut, spielt dabei keine Rolle. Ausgenommen von der Regelung sind Aktien, deren Haupthandelsort ein Drittland ist. Auch Market Making sowie Aktivitäten zur Stabilisierung des Kurses sind von den strengen Meldeschwellen ausgenommen.
Coronavirus bringt Märkte zum Einsturz
Der Grund für diese kurzentschlossene Maßnahme sind die dramatischen Kurseinbrüche infolge der Covid-19-Pandemie. Diese seien „eine ernsthafte Bedrohung für das Vertrauen in die europäischen Märkte“, sagte die Esma. Die neue Meldeschwelle soll die finanzielle Stabilität der europäischen Märkte gewährleisten. Die internationalen Börsen befinden sich wegen der Furcht vor den wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus auf einem Rekordtief, der Dax schloss mit etwas mehr als 8.800 Punkten am gestrigen Montag so niedrig wie seit fast sechs Jahren nicht mehr.
Dax im freien Fall (Kurs-Chart seit Januar 2014)
Die gesenkte Meldeschwelle soll den Aufsichtsbehörden nun dabei helfen, Marktentwicklungen eng zu verfolgen und so bei Bedarf schneller eingreifen zu können, um die Finanzmärkte und die Anleger zu schützen. Shortseller verkaufen geliehene Aktien, um sie später günstiger zurückzukaufen – die Differenz ist ihr Gewinn. Dieses Vorgehen kann jedoch Verwerfungen an den Aktienmärkten verstärken. Bereits während der Finanzkrise wurden Leerverkäufe daher in Deutschland durch die Bafin vorübergehend verboten.
Info
Die Shortseller-Attacken auf Aurelius, Ströer und Wirecard waren spektakulär. Auch große Konzerne wie die Deutsche Bank stehen im Visier. Bleiben Sie auf dem Laufenden mit unserer Themenseite zu Shortseller-Attacken.
Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.