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Kapitalerhöhung soll Holidaycheck retten

Holidaycheck will mit einer Barkapitalerhöhung frisches Geld einsammeln.
Postmodern Studio - stockadobe.com

Holidaycheck startet in das neue Jahr mit einer großen Barkapitalerhöhung. Diesen Schritt hatte das von der Coronakrise schwer gebeutelte Reisebuchungs- und Bewertungsportal schon Anfang Dezember angekündigt, jetzt geht es an die Umsetzung.

Die Barkapitalerhöhung mit Bezugsrecht der Aktionäre schöpft den kompletten Rahmen des genehmigten Kapitals aus. Zum Glück für das Corona-geplagte Unternehmen ist dieser Rahmen ziemlich üppig. Über 29 Millionen neue Aktien will Holidaycheck ausgeben, der Bezugspreis liegt bei 1,65 Euro je Aktie. Im Falle einer Vollplatzierung beliefe sich der Cash-Zufluss auf gut 48 Millionen Euro. Aktionäre können für zwei alte Aktien eine neue beziehen. Am Donnerstagmorgen notierte das Papier bei 1,96 Euro, auf dem Höhepunkt der Coronapanik im März war es bis auf 90 Cents gefallen.

Burda Digital fungiert als Underwriter

Als großer Underwriter der Kapitalerhöhung fungiert der Hauptaktionär Burda Digital. Noch im Dezember hieß es, Burda wolle sich mit „mindestens“ 20 Millionen Euro an der Kapitalerhöhung beteiligen, jetzt liegt das finale Commitment sogar bei 31,65 Millionen Euro. Dies entspricht rund zwei Drittel der gesamten Transaktion und auch dem aktuellen Anteil Burdas an dem Reiseportal. Dies bedeutet zweierlei: Die Kapitalerhöhung dürfte so gut wie sicher sein und die Höhe der Burda-Beteiligung mindestens konstant bleiben. 

Durchführen wir die Kapitalerhöhung die Commerzbank als Sole Global Coordinator und Bookrunner. Die Bezugsfrist soll voraussichtlich vom 22. Januar bis zum 2. Februar laufen.

M&A-Deals füllen Kassen von Holidaycheck

Das frische Geld will die Online-Reiseplattform für „die Rückführung eines kurzfristigen Geldmarktdarlehens“ nutzen. Zudem soll „der Zufluss für weitere allgemeine Betriebskapitalzwecke eingesetzt werden, unter anderem um damit den gegenwärtigen Bedarf zu decken“.  

Schon im Dezember, als Holidaycheck den Plan der Barkapitalerhöhung ankündigte, machte die Plattform den Ernst der Lage klar. Holidaycheck sprach von „anhaltenden Verwerfungen im deutschsprachigen Markt für Urlaubsreisen […] und einem damit einhergehenden erheblichen Umsatz-und Ergebnisrückgang“.

Auch M&A-Deals nutzt das Management, um die Kassen wieder zu füllen: Die Münchener verkauften die beiden niederländischen Töchter. Das Wetterportal Meteovista ging an den Informationsdienstleister Infoplaza, das Hotelbewertungsportal Zoover an den Wettbewerber Vakanties.nl. Laut Holidaycheck brachten die Verkäufe 14,9 Millionen Euro an frischer Liquidität.

FINANCE-Köpfe

Markus Scheuermann, Holidaycheck Group AG

Markus Scheuermann startet seine Karriere 1999 beim Internet-Start-up Pixelpark, wo er zunächst als CEO-Assistent, später als M&A-Manager tätig ist. Darauf folgt eine rund neunjährige Tätigkeit als Associate Principal bei der Unternehmensberatung McKinsey. 2010 wechselt Scheuermann zum Onlinehändler Ebay nach London.

Zwei Jahre später tritt Scheuermann dem Burda-Konzern bei. Zunächst ist er bei dem Verlag als Director Venture Business, später als Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft DLD Ventures tätig. Von 2014 bis 2017 ist er operativer Geschäftsführer des Website-Betreibers Chip Digital, unter dessen Dach Burda 2015 das Internetportal „Huffington Post“ und das Nachrichtenportal „Focus Online“ zu einem Publishing-Unternehmen zusammengefasst hat. Dieses trägt den Namen Burdaforward. Im Rahmen dieser Integration agiert Scheuermann bis 2017 als Finanzgeschäftsführer. Seit Mai 2017 ist er Finanzvorstand des Reisebewertungs- und -Buchungsportals Holidaycheck.

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So ernst ist der Cashburn bei Holidaycheck

Wie stark Holidaycheck von der Krise erwischt wurde, zeigen die Neunmonatszahlen 2020: Der Umsatz ging um 89 Prozent auf 11,2 Millionen Euro zurück. Doch im dritten Quartal sei „eine vorübergehend spürbare Erholung der Nachfrage“ verbucht wurden.

Der Kollaps des Reisegeschäfts und die Rückerstattung von Kundenanzahlungen im Millionenhöhe sorgen dafür, dass Holidaycheck momentan viel Geld verbrennt. Der operative Cashflow im ersten Halbjahr lag bei minus 15,5 Millionen Euro (Vorjahreshalbjahr 0,9 Millionen Euro). In den Neunmonatszahlen wies Holidaycheck diese Kennzahl nicht aus, das Ebitda war im dritten Quartal mit 0,7 Millionen Euro allerdings nur noch leicht negativ nach minus 33 Millionen in den Quartalen 1 und 2.

Gleichwohl scheint es wahrscheinlich zu sein, dass die im Oktober wieder verschärften Reiserestriktionen die Münchener im Abschlussquartal wieder deutlich tiefer in die roten Zahlen gedrückt haben dürften, trotz Massenentlassungen und Kurzarbeit. Jeder Monat Lockdown dürfte bei Holidaycheck dazu führen, dass ein niedriger bis mittlerer einstelliger Millionenbetrag verloren geht.

Wie lange reicht das Geld bei Holidaycheck?

Bis Ende September hatten die Notverkäufe am M&A-Markt den Kassenbestand der Münchener wieder auf 45,5 Millionen Euro ansteigen lassen. Dies lag aber auch an Krediten, die CFO Markus Scheuermann dem Unternehmen in der Coronakrise sicherte: kurzfristig fällig werdende Betriebsmittelkredite in Höhe von 12 Millionen Euro sowie 13,4 Millionen Covid-Hilfskredite aus der Schweiz, die allerdings nicht kurzfristig fällig werden.

Nach Rückzahlung der Betriebsmittelkredite beliefe sich der Zufluss aus der Kapitalerhöhung dann noch auf 36 Millionen Euro, wodurch die Cash-Position pro forma auf etwa 80 Millionen Euro ansteigen würde. Ausgehend von einem negativen Cashflow von 2,5 Millionen Euro pro Monat ab Oktober würde dies für mindestens zwei Jahre reichen. Selbst bei extrem skeptischen Annahmen von 5 Millionen Euro pro Monat käme Holidaycheck damit bis Ende des Jahres durch. Die große Hoffnung ist, dass das Reisegeschäft dank der laufenden Impfkampagnen bis dahin wieder Fahrt aufnehmen kann.

sarah.backhaus[at]finance-magazin.de

Info

Mehr über den amtierenden CFO von Holidaycheck lesen Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von Markus Scheuermann.