Nach der Ankündigung der Deutschen Bank, ihre Asset-Management-Tochter vor dem Börsengang in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) umzuwandeln, folgte prompt die Kritik: Der Berufsverband der Finanzanalysten DVFA wies explizit auf die Nachteile hin, die aus seiner Sicht durch diese Rechtsform für Investoren entstehen. Sogar von einer Zweiklassengesellschaft unter den Aktionären war die Rede.
Gründe dafür, diese Rechtsform als Investor kritisch zu sehen, gibt es tatsächlich: Aktionäre einer KGaA haben deutlich weniger Einfluss auf die Geschäftsführung als Aktionäre in klassischen AGs. Das liegt daran, dass eine KGaA auf zwei Säulen steht: Auf der einen Seite gibt es die Aktionäre der Kommanditgesellschaft, auf der anderen Seite einen persönlich haftenden Gesellschafter, der das Geschäft leitet und auch als Komplementär bezeichnet wird.
Auch wegen dieser persönlichen Haftung führte die KGaA in Deutschland lange Zeit ein Schattendasein. Erst seit 1997 hat sich das schrittweise geändert. Damals entschied der Bundesgerichtshof, dass nicht nur eine natürliche Person, sondern auch eine Kapitalgesellschaft der einzige persönlich haftende Gesellschafter sein kann. Seitdem ist die Rechtsform besonders attraktiv für Familien oder Stiftungen, die ihre Kontrolle über das Unternehmen nicht abgeben, aber trotzdem den Kapitalmarkt anzapfen wollen.
Aktionäre einer KGaA haben deutlich weniger Einfluss auf die Geschäftsführung als Aktionäre in klassischen AGs.
„Sie schützen sich auf diesem Weg vor feindlichen Übernahmen und können den Einfluss der Fremdaktionäre begrenzen“, erklärt Rechtsanwalt Christoph von Eiff von CMS Hasche Sigle die vielleicht häufigste Motivation für die Wahl der Rechtsform KGaA. Mittlerweile gibt es allein im Dax vier Unternehmen in dieser Rechtsform: Merck, Henkel, Fresenius und Fresenius Medical Care. Auch im Mittelstand gibt es viele Beispiele: Erst vor wenigen Tagen hat das börsennotierte Familienunternehmen KSB, ein Pumpen- und Armaturenhersteller aus Frankenthal, den Wechsel in diese Rechtsform bekanntgegeben.
KGaA schränkt Aktionärsrechte deutlich ein
Konkret sieht der Aufbau der Unternehmen so aus: Regelmäßig hat eine KGaA eine Managementgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafterin. Das führt zu sperrigen Unternehmensbegriffen wie SE & Co. KGaA (wie etwa bei Bertelsmann) oder AG & Co. KGaA (bei CTS Eventim). „Ob eine AG, GmbH oder SE als Komplementärin eingesetzt wird, hängt von der Zielsetzung des Unternehmens ab“, erklärt von Eiff. „Die Rechtsform der SE wird vor allem dann gewählt, wenn die internationale Ausrichtung betont werden soll.“
Das Besondere: Der Vorstand dieser Komplementärgesellschaft leitet die Geschäfte der KGaA. Er wird von einem Aufsichtsrat berufen, den der ursprüngliche Gesellschafter, also meist die Familie oder Stiftung, besetzt.
Die Aktionäre der KGaA können zwar an einer Hauptversammlung teilnehmen und auch einen Aufsichtsrat berufen. „Dieses Gremium hat allerdings nicht die Befugnis, den Vorstand der KGaA zu bestellen oder abzuberufen“, erklärt von Eiff. „Ihm kommt grundsätzlich lediglich eine Kontroll- und Beratungsfunktion zu.“ Auch eine Geschäftsordnung oder einen Zustimmungskatalog für die Geschäftsführung kann der Aufsichtsrat der KGaA nicht aufstellen.
Höhere Flexibilität bei der Corporate Governance
„Zudem muss in der Rechtsform einer KGaA kein Arbeitsdirektor bestimmt werden“, so von Eiff. Diesen Umstand bemängeln Arbeitnehmervertreter in großer Regelmäßigkeit – ebenso wie die Tatsache, dass im Aufsichtsrat der Managementgesellschaft kein Vertreter der Arbeitnehmer sitzt.
Für die Familien und Stiftungen entsteht dagegen nach Einschätzung von Gesellschaftsrechtler von Eiff noch ein weiterer Vorteil: „Sie sind im Hinblick auf die Corporate Governance flexibler.“ Während bei einer AG der Aufbau festgeschrieben ist – Hauptversammlung, Aufsichtsrat, Vorstand – gibt es bei der KGaA mehr Spielraum. „Die Familien können zum Beispiel ein weiteres Gremium wie einen Gesellschafterausschuss einrichten, der sich bestimmte Zustimmungsvorbehalte sichert.“
Der Konsumgüterkonzern Henkel hat diese Möglichkeit zum Beispiel genutzt. Neben Vorstand und Aufsichtsrat gibt es bei den Düsseldorfern auch noch einen Gesellschafterausschuss.
Investoren können Bewertungsabschlag fordern
Deshalb steht bei allen KGaAs die Vermutung im Raum, dass die Einschränkung der Aktionärsrechte von den Investoren mit einem Bewertungsabschlag quittiert wird.
Dies alles bleibt professionellen Investoren natürlich nicht verborgen. Deshalb steht bei allen KGaAs die Vermutung im Raum, dass die Einschränkung der Aktionärsrechte von den Investoren mit einem Bewertungsabschlag quittiert wird. „Ob das passiert, hängt allerdings immer vom Einzelfall und vom jeweiligen Geschäftsmodell ab“, schränkt von Eiff ein.
Wie sich die Entscheidung für die Bewertung des Spin-offs der Deutschen Bank auswirken wird, ist noch offen: „Die Deutsche Bank wird dafür bezahlen müssen, dass sie durch diese Struktur unter allen Umständen die Kontrolle behält. Da kann man schon einen Bewertungsabschlag von 5 bis 10 Prozent erwarten”, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters unlängst einen nicht namentlich benannten Anteilseigner des Instituts.
Die Deutsche Bank kämpft gegen Preisnachlass an
Diese Kritik der Aktionärsseite an der Struktur der Deutschen-Bank-Tochter hat bereits gewirkt. Das Institut versucht dem Unmut der Investoren entgegenzuwirken: Die Bank will ein weiteres Gremium in die Struktur ihrer Asset-Management-Tochter einziehen: Neben dem Aufsichtsrat soll es noch einen Gemeinsamen Ausschuss geben, der bei wichtigen Strategiefragen seine Zustimmung erteilen muss und so die Macht der Bank wohl einschränken soll. Im dem Ausschuss sollen zwei Mitglieder der Deutschen Bank und zwei unabhängige Vertreter sitzen.
Die neue KGaA soll zudem in eine klassische AG umgewandelt werden, sobald der Anteil der Deutschen Bank unter 40 Prozent fallen sollte. Damit will die Bank Befürchtungen entgegentreten, auch aus einer deutlichen Minderheitsposition heraus könnte sie letztlich über die Mehrheit regieren.
„Ähnliche Regelungen haben auch andere Unternehmen gefunden“, erklärt von Eiff. Zwingend ist das allerdings nicht. Theoretisch können die ursprünglichen Gesellschafter mit Hilfe einer KGaA auch dann noch alle Fäden in der Hand halten, wenn sie die Mehrheit der Unternehmensanteile längst verkauft haben.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.