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Oddo Seydler soll Brain an die Börse bringen

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Firmenzentrale der Brain AG in Zwingenberg: Die Biotechfirma will den ersten IPO 2016 hinlegen.
Brain

Schon am zweiten Handelstag kommt das IPO-Geschäft aus den Startlöchern: Die Biotechfirma Brain hat die Pläne für einen Börsengang offiziell bekanntgegeben. Brain entwickelt „bioindustrielle“ Stoffe wie Enzyme und Mikro-Organismen, die Industriekunden für die Weiterentwicklung ihrer Produkte einsetzen. Absatzbranche ist vor allem die Chemie-, Kosmetik- und Konsumgüterindustrie. Zu den größten Kunden Brains gehören Blue-Chip-Konzerne wie BASF, Bayer, Clariant und Henkel. Von ihnen erhält Brain Forschungsgelder, Lizenzgebühren und Meilensteinzahlungen. Zum Teil vermarktet Brain die selbst entwickelten Stoffe aber auch selbst.

Als Konsortialbank hat Brain das Frankfurter Bankhaus Oddo Seydler ausgewählt. Die Deutsch-Franzosen haben sich zum Ziel gesetzt, das deutsche Mittelstandsbanking aufzurollen. Vor wenigen Monaten begleitete Oddo Seydler bereits den Börsengang der Modefirma Steilmann, der wegen des widrigen Marktumfelds schlussendlich jedoch erheblich kleiner ausfiel als geplant und dadurch die strategischen Ziele Steilmanns vorerst vereitelte. Als Berater der geplanten Aktienemission von Brain fungiert Blättchen Financial Advisory.

Brain operiert noch in der Verlustzone

Brain wirtschaftet defizitär, stellt sich den Investoren aber als Wachstumsunternehmen vor. Zwischen den Geschäftsjahren 2012/13 und 2014/15 wuchs der Umsatz im Schnitt mit einer Rate von 59 Prozent von 10,2 auf 25,7 Millionen Euro. Der operative Verlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg in dieser Zeit leicht von minus 4,4 auf minus 4,6 Millionen Euro an.

Der Börsengang, dessen Volumen und Preisspanne das Unternehmen aus dem hessischen Zwingenberg noch nicht bekannt gegeben hat, besteht primär aus einer Kapitalerhöhung. Lediglich im Rahmen einer möglichen Mehrzuteilungsoption (Greenshoe) will der Hauptaktionär Anteile abgeben. Mehrheitseigentümer mit 51 Prozent ist das Family Office MP Beteiligungen. 29 Prozent liegen bei den Gründern und den leitenden Managern, 20 Prozent bei einer Gruppe von Venture-Capital-Fonds unter dem Dach der Firma MIG. 10 Prozent der neuen Aktien werden für Privatanleger reserviert.

Georg Kellinghusen wird CFO von Brain

Mit dem IPO-Erlös plant Brain, seine Forschungsaktivitäten zu verstärken und gleichzeitig in die Kommerzialisierung der rund 350 firmeneigenen Patente zu investieren. Dafür schließt Brain Allianzen, zum Teil akquirieren die Rheinhessen aber auch Vertriebsgesellschaften. Auch für weitere Zukäufe dieser Art ist ein Teil der IPO-Zuflüsse vorgesehen. Als Marktkapitalisierung erhofft sich Brain-Chef Jürgen Eck das sieben- bis achtfache des Umsatzes, also knapp 200 Millionen Euro, wie er gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erklärte.

Bei der Neubesetzung des Managements hat Eck einen Coup gelandet: Als Gesicht zum Kapitalmarkt hat Brain mit Wirkung zum Jahresanfang den erfahrenen Finanzer Georg Kellinghusen  an Bord geholt. Kellinghusen war zuletzt Finanzchef des Autozulieferers Keiper Recaro und davor unter anderem CFO bei dem Küchenhersteller Alno und dem Modehaus Escada. Kellinghusen gilt als Sanierer, der seine Arbeit strikt an der Profitabilität ausrichtet.

Kellinghusens Wechsel aus dem Aufsichtsrat von Brain an die Spitze des Finanzressorts kann als Signal an den Kapitalmarkt gewertet werden, dass Brain – anders als viele andere Biotech-Unternehmen, die an die Börse streben – den Sprung in die Gewinnzone schon in näherer Zukunft schaffen will und sich am Kapitalmarkt eher als industrieller Medizintechnikwert denn als spekulatives Biotech-Investment positionieren will. Eck stellt das Erreichen der Gewinnschwelle für 2017 oder 2018 in Aussicht.

Eine langfristige Besetzung auf dem CFO-Posten dürfte Kellinghusen freilich nicht sein, der Manager wird im März 69 Jahre alt. Im Jahr 2007 wurde Kellinghusen für seine wiederholten Erfolge als Sanierer als „CFO des Jahres“ ausgezeichnet.