Ein Börsengang des Aufzugsgeschäfts von ThyssenKrupp wird wahrscheinlicher: Wie die FAZ erfahren hat, hat der Thyssen-Vorstand von der Krupp-Stiftung Rückenwind für einen IPO erhalten. Die Zeitung bezieht sich auf stiftungsnahe Kreise. Die mit 21 Prozent größte Aktionärin unterstütze die Pläne, weil so schneller Geld in die Kassen gespült werde als durch einen direkten Verkauf, heißt es weiter. Wie genau die künftige Strategie des Konzerns aussehen soll – und damit auch der Aufzugsparte – wird heute in der Aufsichtsratssitzungen diskutiert.
Dabei war ein IPO lange Zeit ein Tabuthema für ThyssenKrupp-CEO und ehemaligen CFO Guido Kerkhoff, doch nun braucht das Unternehmen dringend Geld, nachdem die Konzernumbaupläne vor eineinhalb Wochen gescheitert sind. Auslöser war das Platzen des geplanten Stahl-Joint-Venture mit Tata Steel Europe. Der Industrie- und Stahlkonzern machte am Ende einen Rückzieher, weil die Kartellauflagen zu groß waren. Die EU-Kommission hatte Bedenken geäußert, dass das fusionierte Unternehmen zum zweitgrößte Stahlkonzern nach Arcelor Mittal in Europa aufgestiegen wäre. Im gleichen Zug sagte ThyssenKrupp auch die Aufspaltungspläne ab.
Daraufhin stellte Kerkhoff seine neuen Holding-Pläne vor: Das Stahlgeschäft soll der Kern des Konzerns bleiben, die Aufzugsparte soll an die Börse und die anderen Industriesparten (Anlagenbau, Autoteile und Marine) sollen offen für Partnerschaften sein. Doch das ist bisher nur ein Plan – und auch ein Verkauf oder eine Verpartnerung des Aufzugsgeschäfts bleiben eine Möglichkeit.
Ein Verkauf der Aufzugsparte scheint unwahrscheinlich
Für einen Verkauf soll es sogar schon einen Interessenten geben: Der finnische Konkurrent Kone hatte die Sparte Reuters zufolge kürzlich ins Visier genommen und die Bank of America mandatiert. Ein Verkauf wäre allerdings nicht nur deshalb problematisch, weil es lange dauern könnte, bis Geld fließt. Er könnte letztlich auch an Auflagen der Kartellbehörden scheitern. Offen bliebe dann noch die Option, dass ein Finanzinvestor, der noch nicht im Aufzugsgeschäft tätig ist, die Sparte übernimmt. Bisher gab es aber noch keine Berichte über Interessenten.
Vieles spricht also für einen Börsengang – sollte allerdings ein Bieter mit einem besonders hohen Angebot kommen, könnte das wiederum für den zweitgrößten Aktionär, Cevian, attraktiver sein. Der aktivistische Investor dringt schon seit langem darauf, alle Optionen zur Verwertung der Konzernbereiche in Erwägung zu ziehen. „Es darf keine historischen und politischen Tabus mehr geben, wenn ThyssenKrupp die langjährige Underperformance ernsthaft angehen und die Geschäfte zurück auf Wachstumskurs bringen will“, sagte Cevian-Gründer Lars Förberg.
FINANCE-Köpfe
ThyssenKrupp steht harte Sanierung bevor
Historische und politische Tabus werden vor allem der Krupp-Stiftung unterstellt, die – wie es in ihrer Präambel heißt – „die Einheit des Unternehmens wahren“ will. Doch mit der derzeitigen Konzernkrise dürfte sich auch die Einstellung der Stiftung langsam aber sicher ändern. Nach den gescheiterten Umbauplänen sagte sie selbst, sie werde „die neuen Vorschläge bewerten“. Ziel sei es, „dass das Unternehmen in allen Geschäftsfeldern wettbewerbsfähig aufgestellt ist, mit zukunftssicheren Arbeitsplätzen und einer nachhaltigen Dividendenfähigkeit“.
Wie ernst die Lage ist, zeigte sich auch daran, dass Vorstandschef Guido Kerkhoff nach der geplatzten Aufspaltung die Gewinnwarnungen für das laufende Geschäftsjahr nach unten schraubte und nun sogar mit einem Fehlbetrag in der Bilanz rechnet. Zudem kündigte er eine harte Sanierung an, bei der 6.000 Stellen gestrichen werden sollen. Angesichts der bedrohlich dünnen Kapitaldecke hat Moody’s ThyssenKrupp kurz darauf unter Beobachtung für eine mögliche Herabstufung gesetzt.
Info
Mehr Details über ThyssenKrupp-CFO Guido Kerkhoff finden sie auf seinem Profil bei FINANCE-Köpfe.
Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalisten für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.