Das Fintech Creditshelf steckt schon seit längerem in Schwierigkeiten. Am gestrigen Donnerstagabend hat der Vorstand bekannt gegeben, dass sich Creditshelf in einem Schutzschirmverfahren neu aufstellen wird. Grund dafür seien gescheiterte Verhandlungen mit Obotritia Capital.
Rolf Elgetis Obotritia hält zwar nur knapp 10 Prozent der Aktien, ist aber Garantiegeber für die Zahlungsfähigkeit der Finanzierungsplattform. Elgeti hält mit einer weiteren Beteiligungsgesellschaft, Helvella Capital, weitere rund 37 Prozent der Creditshelf-Anteile. Daher ist die Adhoc-Mitteilung ein Paukenschlag: Der Mitteilung zufolge komme Obotritia den „vertraglichen Verpflichtungen nach Ablauf einer Frist gegenüber Creditshelf“ nicht nach.
Das fehlende Geld hat zur Folge, dass das 2014 gegründete Fintech außerplanmäßige Abschreibungen vornehmen muss und deshalb die Prognose für den Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) für das Geschäftsjahr 2023 verfehlen wird. Nach vorläufigen Zahlen liegt der Umsatz des Geschäftsjahres 2023 mit circa 4,3 Millionen Euro im Rahmen der Prognosespanne von 4 bis 5 Millionen Euro, während der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) nach einer ersten Einschätzung zwischen minus 6,5 bis minus 5,5 Millionen Euro betragen wird, heißt es.
Das Schutzschirmverfahren soll dem angeschlagenen Fintech nun den Weg für andere Investoren ebnen. Es sei „die beste Möglichkeit für eine rechtssichere strategische Neuaufstellung und eine Zukunft mit neuer Gesellschafterstruktur“, so die Meldung. Nach eigenen Angaben präsentiert sich das Geschäftsmodell des Frankfurter Fintech als profitabel.
Das Geschäftsmodell von Creditshelf
Das Frankfurter Fintech agiert als Match-Making-Plattform, auf der Firmen und Kreditgeber zueinanderfinden. Die Kern-Dienstleistung von Creditshelf ist eine datengestützte Risikoanalyse der Kreditsuchenden. Die Zielgruppe ist der deutsche Mittelstand. Das verliehene Geld kommt von Beginn an auch von institutionellen Investoren.
Acht Jahre nach Unternehmensgründung schaffte das Fintech 2022 schließlich den Breakeven. Im Jahresauftaktquartal erzielte das Fintech einen Umsatzsprung von 43 Prozent auf 2,4 Millionen Euro und konnte erstmals in der Unternehmensgeschichte ein positives Betriebsergebnis (Ebit) in Höhe von mehr als 555.000 Euro vorweisen. Zum Jahresende kam schließlich der Stimmungsdämpfer: Die Frankfurter korrigierten kurz vor Jahreswechsel ihre Prognose noch einmal nach unten.
Creditshelf bedient in erster Linie bonitätsschwache Mittelständler, deren Zugang zu unbesicherten Bankkrediten begrenzt ist. Die schwache Wirtschaftslage und eine Vielzahl an notleidenden Firmen haben die Plattform vermutlich mehr Kredite gewähren lassen, als sie Geld im eigenen Topf hatte.
Seit einem Jahr bangt Creditshelf
Schon im Halbjahresbericht 2023 ließ Creditshelf verlauten, dass ein „Ausfall eines wesentlichen Kreditinvestors im zweiten Quartal 2022 und sich daraus ergebende verringerte Finanzierungsmittel“ noch erhebliche Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung 2023 habe. Der im November 2022 mit Goldman Sachs unterzeichnete Kredit konnte durch die „nicht geleistete Einzahlungen durch den Junior Lender Obotritia“ nicht genutzt werden.
Die mangelnde Verbindlichkeit der Gesellschafterin führte laut Halbjahresbericht dazu, dass Creditshelf aufgrund der herausfordernden finanziellen Situation zu zahlreichen Kündigungen von Mitarbeitern und einer damit einhergehenden drastischen Reduzierung von Arbeitnehmern gekommen ist. Darüber hinaus stellte der Vorstand in dem Dokument in aller Deutlichkeit klar, dass der Geschäftsbetrieb von Creditshelf gefährdet ist, sollte sich der Cashflow nicht zum positiven wenden.
Obotritia zeigt wankende Anzeichen
Doch Creditshelf ist nicht die einzige Beteiligung von Obotritia, dem Münchener Bankhaus und Finanzvehikel des Privatinvestors Rolf Elgeti, die auf Geld wartet. So zahlte Großaktionärin Obotritia ein Darlehen in Höhe von rund 63 Millionen Euro nicht wie vereinbart im September an das Potsdamer Immobilienunternehmen Deutsche Konsum Reit (DKR) zurück. Stattdessen musste DKR ihrer Großaktionärin eine Stundung bis spätestens Juni 2025 gewähren, inklusive Verzugszinsen, und ein erhöhtes Liquiditätsrisiko hinnehmen.
Bereits im März 2023 stieg Rolf Elgeti bei Francotyp-Postalia (FP) aus: Mit Wirkung vom 7. März hat Elgetis Investmentvehikel Obotritia sein Aktienpaket im Umfang von 28,01 Prozent an dem Berliner Frankiermaschinenanbieter veräußert.
Der Verkauf könnte eine Reaktion auf die von der Finanzaufsicht Bafin auferlegten Geschäftsbeschränkungen sein. Im Mai 2022 zitiert das „Handelsblatt“ die Bafin: „Aufgrund der Geschäftseinschränkungen sind die Zukunftsaussichten langfristig mit der bisherigen Geschäftsstrategie nicht mehr gegeben und es ist erforderlich, die Geschäftsstrategie und -planung zu überarbeiten“, schreibt das Institut. Unabhängig davon sei die Fortführung des Unternehmens durch das bereits zustande gekommene Kundenkredit- und Eigengeschäft sowie das Einlagengeschäft jedoch „für 2022 und 2023 gesichert“.
Obotritia hat sich auf Anfrage von FINANCE bislang nicht zu den aktuellen Vorwürfen geäußert.
Esra Laubach ist Redakteurin bei FINANCE und widmet sich schwerpunktmäßig den Themen Transformation, Restrukturierung und Recht. Sie ist Sprach- und Kommunikationswissenschaftlerin. Vor FINANCE war sie rund fünf Jahre als Legal-Journalistin für den Juve Verlag in Köln tätig, wo sie auch ihr journalistisches Volontariat absolvierte. Esra Laubach arbeitete während ihres Studiums multimedial u.a. für das ARD-Morgenmagazin, mehrere Zeitungen und moderierte beim Hochschulradio Kölncampus.
