Die Rettung des britischen Touristikriesen Thomas Cook ist gescheitert. Montagfrüh teilte die Gesellschaft mit, dass ein Insolvenzantrag gestellt wurde. Kurz zuvor hatte bereits die britische Flugbehörde die Geschäftseinstellung und die Streichung aller Flüge bekannt gegeben.
Noch bis Sonntagabend hatte die Unternehmensführung mit Banken, Gläubigern und sogar der britischen Regierung gesprochen. Dabei ging es um eine zusätzliche Finanzierung in Höhe von 220 Millionen Pfund (knapp 250 Millionen Euro), um den Konzern über den reise- und einnahmeschwachen Winter zu bringen. Mit der Forderung wäre die Höhe des geplanten Rettungspakets von 900 auf über 1,1 Milliarden Pfund angestiegen.
Laut Thomas Cook-CEO Peter Fankhauser sei zwar eine Einigung größtenteils ausgearbeitet worden, letztlich hätten sich allerdings zusätzliche Forderungen als „unüberwindbare Herausforderung“ erwiesen und zum Scheitern eines Deals geführt. Die beteiligten Banken, darunter die Royal Bank of Scotland und die Lloyds Bank, hatten auf den zusätzlichen finanziellen Puffer gedrängt.
Fosun ist enttäuscht über Pleite
Auch der chinesische Mischkozern Fosun, der mit seiner Touristiktochter seit 2015 mit 18 Prozent größter Aktionär beim Reisekonzern ist, zeigte sich verstimmt. In einer Mitteilung, die auf der Webseite von Tencent Finance veröffentlicht wurde, hieß es: „Fosun Travel ist enttäuscht, dass die Thomas-Cook-Gruppe nicht in der Lage war, eine praktikable Lösung für ihre vorgeschlagene Rekapitalisierung mit anderen Partnern, wichtigen Kreditgebern, führenden Investoren und zusätzlich beteiligten Parteien zu finden.“
Eigentlich war angedacht, dass die Chinesen eine Drei-Viertel-Mehrheit am Reisegeschäft und 25 Prozent am Airline-Geschäft erwerben. Entsprechende Pläne mit den kreditgebenden Banken und wesentlichen Gläubigern gab Thomas Cook Ende August bekannt. In Folge dessen sollten insgesamt 900 Millionen Pfund in die klammen Kassen fließen. Dabei sollte die Hälfte der Summe von Fosun kommen. Der Vorschlag sah vor, einen „signifikanten Anteil der externen Bank- und Anleiheschulden“ der Thomas-Cook-Gruppe in Eigenkapital zu wandeln („Debt-to-Equity-Swap“). Doch eine Einigung konnte nicht erzielt werden.
Condor braucht dringend Geld
Nun beginnt auch das Zittern in Deutschland, so sollen laut Medienberichten derzeit rund 600.000 Touristen mit den Töchtern des Tui-Rivalen unterwegs sein, darunter 300.000 Deutsche. Auf der mittlerweile schwarz-weiß gehaltenen Webseite der deutschen Thomas Cook GmbH ist zu lesen, dass das Unternehmen gezwungen ist, auf Notgeschäftsführung umzustellen. So könnte die Durchführung von Reisen mit Abreisedatum am 23. und 24. September nicht mehr gewährleistet werden. Jeglicher Verkauf von Reisen, darunter Marken wie Neckermann Reisen, Öger Tour, Bucher Last Minute oder Air Marin, wurden nach Unternehmensangaben gestoppt.
Dagegen gibt die deutsche Luftfahrttochter Condor auf Ihrer Homepage zwar bekannt, dass zumindest alle Flüge planmäßig stattfinden. Aber auch bei der Tochter scheint die Luft dünner zu werden: Um Liquiditätsengpässe zu vermeiden, habe man einen staatlich verbürgerten Überbrückungskredit beantragt. Dieser werde derzeit noch von der Bundesregierung geprüft.
Wie die Dpa aus Regierungskreisen erfuhr, soll es sich dabei um rund 200 Millionen Euro handeln. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Regierung einer Airline unter die Arme greift: Bei der Air Berlin-Pleite gewährte der Staat immerhin einen KfW-Kredit in Höhe von 150 Millionen Euro. Dieser wurde vor wenigen Tagen erst vollständig zurückgezahlt. Gut möglich also, dass Condor hier Unterstützung erhält.
Könnte Lufthansa Condor übernehmen?
Dennoch stellt sich die Frage, wie lange eine solche Finanzspritze helfen würde. Zwar arbeitet „Deutschlands beliebtester Ferienflieger“ profitabel, allerdings kamen die über acht Millionen Fluggäste zu großen Teilen vom Mutterkonzern.
Möglicherweise tritt jetzt auch wieder eine mögliche Übernahme durch die Lufthansa auf den Plan: Nach Informationen der „SZ“ versuche das Unternehmen, die Pleite durch einen Notverkauf zu verhindern. Noch Anfang Mai hatte Lufthansa-CEO Carsten Spohr auf der Hauptversammlung verkündet, dass der Konzern an einer Komplett-Übernahme von Condor interessiert sei und bereits ein unverbindliches Angebot vorgelegt hätte. Zudem konnte man sich damals vorstellen, die Offerte gegebenenfalls auch auf die komplette Airline-Sparte der Thomas-Cook-Gruppe auszuweiten.
Pro und Contra zu Condor
Mit den geänderten Refinanzierungsplänen der Briten erledigten sich aber auch deren Verkaufsabsichten und ein möglicher Einstieg durch die Lufthansa lag auf Eis. Nun hält sich die Kranich-Airline erst einmal zurück. An einem Einstieg bei Thomas Cook selbst habe man kein Interesse, sagte ein Lufthansa-Sprecher auf FINANCE-Anfrage. Zu den möglichen Absichten bei Condor äußerte man sich hingegen nicht.
Abschrecken dürfte die Lufthansa, neben den hohen Pensionsforderungen und den geringen Margen, dass Teile der Condor-Flotte veraltet sind, sodass ein Kauf größere Investitionen nach sich ziehen würde. Zudem könnte sich eine Integration in die Lufthansa-Tochter Eurowings schwierig gestalten. Unklar ist auch, ob die Kartellbehörden einer Übernahme zustimmen würden, und ob die Prüfung bei einem Notverkauf nicht zu lange dauern würde.
Was für Condor spricht, sind unter anderem die Slots an den wichtigen deutschen Flughäfen, die für Konkurrenten wie Easyjet und Ryanair sehr attraktiv sind. Zudem könnte ein potentieller Käufer auch vom positiven Image der Marke profitieren.
martin.barwitzki[at]finance-magazin.de