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Neu-CFO Edgar Lange tritt schweres Erbe bei Lekkerland an

Rollcontainer am Warenausgang: Das Großhandelsunternehmen bekommt mit Edgar Lange einen neuen Finanzvorstand.
Peter Obenaus, Köln, Lekkerland

Heute ist der erste Tag von Edgar C. Lange als Finanzvorstand des Großhandelsunternehmens Lekkerland. Der 48-Jährige beerbt CFO Michael Gerlif, der das Unternehmen Ende Juni verlassen wird. Gerlif ist vor wenigen Tagen 63 Jahre alt geworden.

Lekkerland will einheitliche IT-Landschaft schaffen

Lange hat jetzt zwei Monate Zeit, um sich einzuarbeiten, dann wird es ernst, denn Lekkerland befindet sich mitten in einer Phase großer Veränderungen. 2012 bezeichnet der Lebensmittel- und Tabakgroßhändler selbst als „Übergangsjahr“. Es wurde die neue Unternehmensstrategie „Convenience 2020 – Agenda for Success“ entwickelt, in deren Rahmen die Gruppe bis 2020 neu ausgerichtet werden soll.

Dafür sind „signifikanten Investitionen in die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens“ geplant, unter anderem in den Bereichen IT, Logistik und HR. Der wichtigste Baustein des Konzernumbaus ist das SAP-Projekt „Become One“, das Gerlif im vergangenen Jahr angestoßen hatte. Mit dem auf drei Jahre angelegtem IT-Projekt will Lekkerland einheitliche, standardisierte IT-Strukturen schaffen, um zwischen den einzelnen Landesgesellschaften mehr Synergien zu heben, als das bislang der Fall ist.

Mit seinem SAP-Projekt begibt sich Lekkerland auf unbekanntes, gefährliches Terrain. Mit der Otto Group hat im vergangenen Jahr ein ebenfalls aus dem Handelsbereich stammendes Unternehmen eine große Pleite erlitten. Der Hamburger Handels- und Dienstleistungskonzern musste im Herbst sein IT-Megaprojekt „Passion for Performance“ (P4P) abbrechen – das Vorhaben hatte sich als zu komplex herausgestellt, das Management den Überblick verloren. Otto-CFO Jürgen Schulte-Laggenbeck musste die Verantwortung übernehmen und das IT-Ressort abgegeben. Der neue Lekkerland-CFO Lange dürfte vorgewarnt sein.

Lekkerland gibt Osteuropa-Geschäft auf

Doch auch in den anderen CFO-Ressorts kommt viel Arbeit auf Lange zu. Es stehen „strukturelle Neuordnungen“ an, wie es in einer offiziellen Mitteilung des 11,5-Milliarden-Euro-Umsatz-Konzerns heißt. Lekkerland gibt seine Landesgesellschaften in Rumänien, Polen und Tschechien auf, nachdem den hohen Investitionen in die Erschließung dieser Märkte keine angemessenen Erträge gefolgt sind. Die rumänische Landesgesellschaft wurde im April geschlossen, das Polen- und Tschechien-Geschäft will Lekkerland Medienberichten zufolge verkaufen, doch dafür muss erst einmal ein Käufer gefunden werden.

Parallel dazu muss Lekkerland auch zukaufen, um wie geplant seinen Umsatz bis zum Jahr 2020 auf 19 Milliarden Euro ausbauen zu können. 40 Prozent der Zuwächse sollen  Akquisitionen und strategische Allianzen beisteuern. In diesem Jahr hat Lekkerland bereits in der Schweiz und in Spanien zwei kleinere Handelshäuser übernommen.

Langes kurzfristige Entscheidungen prägen seine CFO-Agenda

In große Fußstapfen tritt Lange beim Working Capital Management, das sein Vorgänger Michael Gerlif zu seinem Steckenpferd erkoren hatte. „Es vergeht nahezu kein Tag, an dem ich nicht über Working Capital spreche“, sagte Gerlif im Frühsommer 2011 im FINANCE-Interview. „Aber es lohnt sich: Seit Ende 2007 haben wir konzernweit durch das Programm 150 Millionen Euro eingespart, weitere 50 Millionen sind bestimmt noch drin.“

Doch ob Lange in Anbetracht der anderen Großaufgaben wirklich viel Energie in Gerlifs Working-Capital-Projekt stecken kann, steht auf einem anderen Papier. In den nächsten zwei Monaten wird er viele Abwägungen treffen müssen, die seine CFO-Agenda der nächsten Jahre entscheidend prägen werden.

sabine.paulus[at]finance-magazin.de

Info

Der neue Lekkerland-CFO Edgar Lange

Der promovierte Wirtschaftsingenieur Edgar Lange wird im Juli dieses Jahres neuer Finanzvorstand von Lekkerland. Sein Engagement bei dem Großhandelsunternehmen beginnt allerdings schon im Mai. Vor seinem Einstieg bei Lekkerland war er seit März 2006 Mitglied der Zentralen Geschäftsführung und CFO der Unternehmensgruppe Theo Müller. Von 1998 bis 2006 war er für den Brillenhersteller Rodenstock tätig, seit 2000 als Finanzchef. Seine berufliche Laufbahn begann Lange bei der Strategieberatung McKinsey, für die er in München und Buenos Aires tätig war.

Sabine Paulus ist seit 2008 Redakteurin beim Fachmagazin FINANCE und der Online-Publikation DerTreasurer. Ihre Themenschwerpunkte sind Personal, Organisation, Karriere und Finanzierung. Sie ist M.A. und hat an der Universität Konstanz unter anderem das Hauptfach Deutsche Literatur studiert.