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Die fünf häufigsten Fehler bei der Liquiditätsplanung

Ist alles richtig erfasst? Bei der Liquiditätsplanung gibt es viele Stolperfallen. Foto: Fabio Balbi - stock.adobe.com

Die Coronakrise hat in vielen Unternehmen zu einer stark angespannten Liquiditätslage geführt. Gerade in dieser Situation ist eine professionelle Liquiditätsplanung unerlässlich. Doch während die langfristige Umsatzplanung auch im Mittelstand bereits gängige Praxis ist, fristet die Planung der Liquiditätsentwicklung mitunter noch ein Schattendasein. Das ist riskant – wird die Planung dann unter großem Zeitdruck erstmals erstellt, steigt die Fehlerquote.

Dabei ist eine fachgerecht erstellte Liquiditätsplanung, die neben dem aktuellen Liquiditätsstatus auch eine Planung auf Wochenbasis umfassen sollte, für die Verantwortlichen gerade in Krisenzeiten ein wichtiger Indikator. Schließlich müssen die Entscheider sicherstellen, dass ihr Unternehmen im rechtlichen Sinne zahlungsfähig ist und keine Insolvenzantragspflicht besteht. Zum anderen hilft ihnen eine professionelle Liquiditätsplanung auch bei der zielgerichteten Unternehmenssteuerung.

Auch wenn eine Liquiditätsplanung auf dem Papier nach Routine aussieht, kommt es in der Praxis immer wieder zu Fehlern und Ungenauigkeiten. Denn in Studium und Lehre spielen die Tücken des Alltags oft nur eine untergeordnete Rolle. Doch wer die größten Stolpersteine kennt, kann diese umgehen.

Fehler 1: falsche Berechnungslogik  

Um den Liquiditätsstatus korrekt zu ermitteln, kommt es auf die richtige Struktur und Berechnungsweise an. Dies ist der Dreh- und Angelpunkt einer sauberen Planung. Nur auf dieser Basis lässt sich korrekt ermitteln, ob ein Insolvenzantragsgrund wie Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Entscheidend dafür ist eine Stichtagsbetrachtung der freien Liquidität. Der Liquiditätsstatus stellt den liquiden Mitteln die zum Stichtag fälligen Verbindlichkeiten gegenüber, die Differenz dieser beiden Größen entspricht dann der freien Liquidität.

Nur wer bei der Ermittlung der zentralen Kennzahlen eine konsistente Struktur, Berechnungslogik und Terminologie verwendet, kommt zu einer professionellen und nachvollziehbaren Liquiditätsplanung. Diese ist auch für die finanzierenden Banken ein beruhigendes Zeichen: Sie signalisiert Planungskompetenz.

Fehler 2: lückenhafte Darstellung

Eine Liquiditätsplanung muss stets alle Arten von Ein- und Auszahlungen vollständig erfassen. Insbesondere Auszahlungen für Zins und Tilgung, geplante Investitionen sowie einzelne Dauerschuldverhältnisse, etwa Mieten, bleiben in der Praxis allerdings häufig unberücksichtigt.

Wenn ein Unternehmen darüber hinaus auch bereits Positionen berücksichtigt, für die noch keine Ein- und Auszahlungen konkret vorgesehen sind, vermittelt dies allen Beteiligten das gute Gefühl, „an alles gedacht“ zu haben.

„Eine Liquiditätsplanung ist immer nur so gut wie die Rohdaten.“

Fehler 3: schlechte Daten

Eine Liquiditätsplanung ist immer nur so gut wie die Rohdaten, auf denen die Planung basiert. Dies stellt insbesondere Mittelständler ohne umfassende ERP-Systeme oft vor Herausforderungen. Übersichten aus Offene-Posten-Listen zu gestellten, aber noch nicht bezahlten Rechnungen beinhalten in der Praxis oft nicht bereinigte Altfälle oder falsche Zahlungsziele. Häufig sind nicht alle bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten verbucht oder Anzahlungen wurden nicht korrekt erfasst.

Daher ist es sinnvoll, vorhandene Offene-Posten-Listen im Vorfeld genau zu überprüfen und bei Unstimmigkeiten schnellstmöglich zu korrigieren.

Fehler 4: falsche Zahlungszeitpunkte

Für eingehende Zahlungen setzt ein Unternehmen zwar Fälligkeitstermine fest, der tatsächliche Zahlungszeitpunkt kann von diesen jedoch abweichen. So können einzelne Kunden die Möglichkeit von Skonto nutzen oder es gibt chronische Spätzahler, die ihre Zahlungsziele verfehlen.

In solchen Fällen sollten Unternehmen einen wertmäßigen Sicherheitsabschlag einkalkulieren und den Zeitpunkt des erwarteten Zahlungseingangs nach hinten verschieben, um ein realistisches Bild zu erhalten. Verbindlichkeiten, die das Unternehmen selbst noch gegenüber Kunden oder Lieferanten begleichen muss, sollte es dagegen grundsätzlich streng nach tatsächlicher Fälligkeit einplanen.

Fehler 5: fehlende Plausibilisierung

Eine Liquiditätsplanung muss auf nachvollziehbaren und konservativen Planungsprämissen beruhen. Zur Plausibilisierung können Unternehmenslenker dabei auf historische Ein- und Auszahlungen und auf Einsatzquoten zu Material, Personal und sonstigen betrieblichen Ausgaben zurückgreifen.

Um sicherzugehen, dass alle Verlinkungen der Liquiditätsplanung korrekt sind, empfiehlt sich neben einem Vier-Augen-Prinzip auch der Einbau von Check-Zeilen. Mit deren Hilfe lässt sich prüfen, ob alle geplanten Ein- und Auszahlungen vollständig berücksichtigt wurden.

Großer Aufwand – wie steht´s mit dem Nutzen?

Gerade wenn erstmalig eine Liquiditätsplanung erstellt wird, ist dies mit großem Aufwand verbunden. Trotzdem ist die Planung weit mehr als ein notwendiges Übel und sollte nicht nur aus haftungsrechtlichen Gründen betrachtet werden. Eine qualitativ hochwertige Liquiditätsplanung bietet die bestmögliche Übersicht über die Entwicklung der Liquidität und ist damit ein leistungsstarkes Planungs- und Steuerungsinstrument.

„Die Liquiditätsplanung fördert oft ungeahntes Potential Zutage.“

Vor allem aber fördert die Liquiditätsplanung oft ungeahntes Potential zutage. Wer die offenen Posten kritisch in den Blick nimmt, kann auf Basis dieser Erkenntnisse möglicherweise Zahlungsziele und Bonusvereinbarungen mit Lieferanten und Kunden nachverhandeln. Oft ergeben sich wertvolle Ansätze, um das Debitoren- und Kreditorenmanagement zu verbessern. Auch die Abhängigkeit von einzelnen Debitoren und Kreditoren lässt durch eine umfassende Betrachtung auf Basis fundierter Daten reduzieren.

Die Durchsicht der Dauerschuldverhältnisse ist eine gute Gelegenheit, um kritisch zu hinterfragen, welche der in der Vergangenheit bezogenen Produkte und Dienstleistungen das Unternehmen überhaupt noch nutzt. Dadurch können Führungskräfte das stetige Wachstum der Overhead-Kosten eindämmen. Auch ein kritischer Blick auf Bestellobligos kann Einsparpotential aufzeigen.

Die Mühe lohnt sich also. Wer die Grundregeln beachtet, wird feststellen, dass sich eine revolvierende Liquiditätsplanung schnell bezahlt macht.

Jonas Keppler ist Managing Consultant bei enomyc in Stuttgart.

Reiner Winkelbauer verantwortet seit 2015 als Partner bei enomyc den Bereich Finance.