Am gestrigen Dienstagabend hat Leoni bekanntgegeben, dass es im Zuge von Ermittlungen des Bundeskartellamts an Standorten der Gruppe Durchsuchungen gegeben habe. Die Ermittlungen der Behörde richteten sich gegen verschiedene Kabelhersteller und weitere branchennahe Gesellschaften, teilten die Nürnberger mit. Der Grund ist der Verdacht, dass „Kabelhersteller die Berechnung branchenüblicher Metallzuschläge in Deutschland miteinander koordiniert haben sollen“, heißt es weiter.
Welche weiteren Unternehmen von den Ermittlungen betroffen sind, ist derzeit nicht bekannt. Das Bundeskartellamt selbst nannte keine Namen. Leoni teilte mit, mit den Behörden zu kooperieren und die Vorwürfe zu prüfen.
Leoni-Aktie bricht zweistellig ein
Die Aktionäre reagieren heftig auf das Bekanntwerden der Durchsuchungen: Der Kurs der Aktie rauschte am Mittwoch zwischenzeitlich um mehr als 13 Prozent nach unten. Gestern notierte das Papier noch oberhalb der 10-Euro-Marke, heute lag der Kurs zeitweise bei rund 8,80 Euro und erholte sich dann wieder leicht.
Noch ist völlig unklar, ob sich der Verdacht der Behörde erhärten wird. Die Nachrichtenagentur dpa-AFX zitiert Analyst Marc-René Tonn von Warburg Research, der darin dennoch eine klar negative Nachricht sieht, auch wenn mit einem Verdacht noch keine Schuld bewiesen sei. Der Analyst verweist darauf, dass Kartellstrafen theoretisch bis zu 10 Prozent des Umsatzes ausmachen könnten, in der Praxis aber meist geringer ausfielen. Hinzu kämen mögliche Ansprüche der Kunden.
Darüber hinaus hält Tonn es für möglich, dass die Ermittlungen den Verkauf der noch verbleibenden Aktivitäten der Sparte Wire&Cable Solutions behindern könnten und verweist auf die angespannte finanzielle Lage des Konzerns.
M&A soll Leoni entlasten
Das Nürnberger Unternehmen hatte bereits 2019 bekanntgeben, sich von der Sparte trennen zu wollen. Seitdem läuft der M&A-Prozess in mehreren Schritten ab, einige Einheiten sind bereits verkauft, andere sollen noch den Besitzer wechseln, unter anderem der Bereich Automotive Cable Solutions. Die negative Presse rund um die Ermittlungen kommt für die Nürnberger deshalb zur Unzeit.
Für Leoni ist der Erfolg der Verkäufe sehr wichtig, denn der Konzern hat ein Schuldenproblem. Die Nettofinanzschulden lagen zum Ende des dritten Quartals bei 1,67 Milliarden Euro, im Vergleich zu rund 1,5 Milliarden Euro zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Dafür sorgte ein negativer Free Cashflow und die deshalb notwendige zusätzliche Inanspruchnahme von revolvierenden Kreditlinien. Die Eigenkapitalquote sank auf nur noch 7,2 Prozent. Das Management um CFO Ingrid Jägering, die das Unternehmen zum Jahresende verlassen wird, versucht das Krisenunternehmen bereits seit einigen Jahren zu stabilisieren.
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Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.