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Restrukturierungs-News: Restructuring Report, Fürst Gruppe, Breckle

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Der Restructuring Report von Deloitte verheißt keine Besserung im Restrukturierungsgeschehen. Foto: Valentin - stock.adobe.com
Der Restructuring Report von Deloitte verheißt keine Besserung im Restrukturierungsgeschehen. Foto: Valentin - stock.adobe.com

Restrukturierungen werden immer komplexer

Insolvenz- und Restrukturierungsmeldungen häufen sich, und das wird laut Restructuring Report von Deloitte weiter anhalten. Deutschlandweit wurden dafür Restrukturierungsfachleute zur aktuellen Lage und Zukunftsaussichten befragt. Ihr Urteil ist trüb: 90 Prozent der befragten Experten erwarten eine Zunahme von Restrukturierungen in den nächsten zwölf Monaten.

Die wichtigsten Gründe sind die instabile geopolitische Lage, die Geldpolitik der Zentralbanken und die Inflation. Auch die fortschreitende Digitalisierung und der demografische Wandel werden für zukünftige Restrukturierungsfälle von Bedeutung sein.

Wie viele andere Studien zeigt auch jene von Deloitte, dass vier Branchen besonders betroffen sind: die Bau- und Immobilienwirtschaft, die Automobilbranche, der stationäre Handel und das Gesundheitswesen. Zukünftig, so prognostizieren die Experten, kann es auch im Maschinen- und Anlagenbau zu einem erhöhten Restrukturierungsbedarf kommen. Gründe dafür seien der steigende globale Wettbewerbsdruck sowie die Notwendigkeit von Innovationen.

Ein weiterer Befund des Reports: Das Finanzierungsumfeld wandelt sich. Die klassische Bank-Finanzierung wird an Bedeutung abnehmen, während der Einfluss von Debt Funds mit hoher freier Liquidität wächst. „Durch die Bereitstellung von flexiblen Finanzierungen und alternativen Strukturen können Debt Funds gerade bei schwierigen Fällen wichtiger Finanzierungspartner werden“, sagt Jens von Loos, Managing Director und Head of Debt & Capital Advisor bei Deloitte.

Die Fürst Gruppe restrukturiert sich nach englischem Recht

Der Immobilienprojektentwickler Fürst Gruppe hat sich nach englischem Recht restrukturiert, wie vor ihm beispielsweise auch die Adler Gruppe. Die Fürst Gruppe war wegen steigender Finanzierungskosten und niedrigerer Immobilienbewertungen in die Krise geraten. Im März hatte der High Court of Justice in London den Restrukturierungsplan bestätigt. Damit werden nun Finanzierungsinstrumente im Volumen von mehr als 1 Milliarde Euro restrukturiert.

Im Kern, so berichtet das „Deal-Magazin“, wurden Laufzeiten der Finanzschulden verlängert, der Zugang zu einbehaltenen, projektgebundenen Barmitteln der Gruppe gewährt, eine neue Super-Senior-Neufinanzierungsfazilität in Höhe von 190 Millionen Euro abgeschlossen sowie die bestehende Schuldenlast durch die Annullierung und vollständige Ablösung von nachrangigen Schuldtiteln in Höhe von rund 250 Millionen Euro erheblich reduziert. Der Abschluss des Restrukturierungsprozesses ermöglicht die Wiederaufnahme der Bauarbeiten für die Entwicklung des Projekts Fürst im Herzen des Kudamms in Berlin.

Der Immobilienentwickler wurde von einem Team um Stephan Degen (Heuking Kühn Lüer Wojtek) beraten. Zu den relevanten Aspekten des englischen Rechts hat man mit der Londoner Kanzlei Stephenson Harwood zusammengearbeitet. Für finanzierungsrechtliche Fragen wurde die Kanzlei Alenios aus Frankfurt konsultiert.

Matratzenhersteller Breckle muss Insolvenz anmelden

Der Matratzenhersteller Breckle aus Niedersachsen hat Ende März Insolvenz angemeldet. Erstmals berichtete das die „Wirtschaftswoche“. Demnach sollen die Unternehmen Breckle Matratzenfabrik, Breckle Polsterbetten und Lapur von der Insolvenz betroffen sein. Als vorläufiger Insolvenzverwalter wurde Rainer Eckert (Eckert) bestellt. Die Produktion soll vorerst weiterlaufen.

Der vorläufige Insolvenzverwalter Eckert will nun zunächst den Geschäftsbetrieb in Northeim stabilisieren und eine Vorfinanzierung des Insolvenzgelds für die Mitarbeitenden organisieren. In der Folge dürfte ein Investorenprozess gestartet werden. Auch die PB Holding, zu der Breckle zählt, steht unter vorläufiger Insolvenzverwaltung durch Peter Staufenbiel. Frühere Wirtschaftsprüferwarnungen über Risiken, die die Unternehmensexistenz gefährden könnten, haben sich bewahrheitet.

Drei Helma-Unternehmen sind derzeit insolvent

Nach Helma Eigenheimbau sind jetzt auch zwei weitere Töchter insolvent: Helma Wohnungsbau und Helma Ferienimmobilien mussten Mitte März jeweils ein Verfahren eröffnen. Der vorläufige Insolvenzverwalter der Muttergesellschaft Eigenheimbau, Manuel Sack (Brinkmann & Partner), ist auch für beide Töchter als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden. 

Doch es scheint Licht am Ende des Tunnels: Ende März haben die drei insolventen Unternehmen eigenen Angaben zufolge einen Massekredit von einem ihrer Finanzierungspartner erhalten. Mit diesem Darlehen kann der Insolvenzverwalter den Geschäftsbetrieb trotz drohender Zahlungsunfähigkeit vorerst aufrechterhalten. Dennoch hat Sack mithilfe von Deloitte einen internationalen Investorenprozess angestoßen. Die Aktie von Helma Eigenheimbau ist seit ihrem Allzeithoch von 66,40 Euro im Sommer 2021 mittlerweile massiv eingebrochen und liegt aktuell bei 0,36 Euro pro Aktie.

Weitere Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Der Outdoor-Filialist McTrek hat im März erneut einen Insolvenzantrag gestellt. Infolgedessen ist der Onlinehandel bereits ausgesetzt worden. Bereits 2020 schlitterte McTrek in die Zahlungsunfähigkeit. Damals konnte jedoch ein Bieterkonsortium bestehend aus dem Finanzinvestor GA Europe und dem Management-Unternehmen CM Solution das Unternehmen retten. 25 Filialen mussten damals schließen, die verbliebenen 17 Standorte wurden bis Ende 2023 betrieben. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist Tobias Kämpf (Ludwig Wollweber Bansch).

Das Marienhaus Heilig-Geist-Hospital in Bingen hat Ende März einen Insolvenzantrag gestellt. Grund seien nicht abgeschlossene, konstruktive Gespräche über ein Zukunftskonzept des Krankenhauses und eine nachhaltige Finanzierung. Beteiligt waren nach Angaben der Klinik die beiden Gesellschafter, die Marienhaus-Gruppe und die Stiftung Heilig-Geist-Hospital zu Bingen sowie die Stadt Bingen und der Landkreis Mainz-Bingen. Trotz des Antrages soll der Klinikbetrieb vollumfänglich fortgeführt werden. Jens Lieser (Lieser Rechtsanwälte) wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt, er will nun mit allen Beteiligten ein tragfähiges Zukunftskonzept entwickeln.

Bei dem Männermode-Label Wormland läuft die Eigenverwaltung nach Plan. Ende März wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und die Eigenverwaltung bestätigt. Dabei wird Wormland weiterhin von Jens-Sören Schröder (Johlke) als Restrukturierungsberater und Torsten Gutmann (Pluta) als Sachwalter begleitet. Bis zum 12. April muss der Modehändler seinen Gläubigern nun einen Sanierungsplan vorlegen. Bislang mussten bereits die Standorte Nürnberg, Frankfurt am Main und Bremen/Sögestraße schließen, acht Filialen werden demnach saniert. Die Beschlussfassung der Gläubiger über den vorgelegten Insolvenzplan soll im Mai erfolgen.

Die Rolls-Royce-Beteiligung Hoeller Electrolyzer ist insolvent und auf Investorensuche. Verhandlungen über die Weiterführung der Geschäfte zwischen dem Unternehmen und den Gesellschaftern seien laut „Wirtschaftswoche“ gescheitert. Erst 2022 hatte Rolls Royce den Entwickler übernommen. Remo Kruse (Anchor) wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.

Die Wohnungsbau-Genossenschaft Maro will sich in einer Insolvenz in Eigenverwaltung neu strukturieren. Das Amtsgericht München hat dem Mitte März stattgegeben. Maro betreibt in München und in Oberbayern elf Mehrgenerationen-Wohnprojekte sowie sechs Demenz-Wohngemeinschaften. Weitere neun ähnlich gelagerte Projekte sind derzeit im Bau oder in einem fortgeschrittenen Planungsstatus. Als Grund für die Schieflage nennt die Genossenschaft eine zurückgezogene Finanzierungszusage für ein Projekt in Landsham westlich von München. Daher fehle es an liquiden Mitteln, wodurch der Bau gestoppt werden musste. Generalbevollmächtigter ist Hendrik Wolfer (Grub Brugger) und als vorläufiger Sachwalter wurde Ivo-Meinert Willrodt (Pluta) bestellt.

Distressed M&A

Der insolvente Sportartikelhändler Sportscheck aus dem Reich der ebenfalls insolventen Signa-Gruppe wurde an den italienischen Sporthändler Cisalfa Sport verkauft. Die Italiener übernehmen die 30 Filialen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie den Onlineshop. In ihrem Heimatland betreibt Cisalfa Sport mehr als 140 Sportgeschäfte. Cisalfa Sport wurde bei der Transaktion von deutsch-italienischen Teams von Clearwater International sowie Noerr beraten. Der Deal steht unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch das Bundeskartellamt.

Das Modelabel Lieblingsstück hat einen Investor gefunden. Die Firmengruppe Lovely Brands 24! hat rückwirkend zum 1. März die Marke sowie die Domain des Onlineshops und das Warenlager des Damenmodehändlers übernommen. Der Distressed-M&A-Deal wurde von den im Januar zur Eröffnung des Eigenverwaltungsverfahrens berufenen Generalbevollmächtigten Detlef Specovius und Michael Böhner (beide Schultze & Braun) begleitet. Zwei Drittel der Arbeitsplätze mussten allerdings gestrichen werden. Der ehemalige CEO Thomas Bungardt wird unter der neuen Führung als Brand-Manager für Lieblingsstück tätig sein.

Beendete Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Therapieklinik kann fortbestehen: Unter der Leitung von White&Case-Partner Biner Bähr wurde die unter seiner Sachverwaltung gestellte St. Mauritius Therapieklinik Meerbusch erfolgreich saniert. Mark Boddenberg und Kimon Kantis (beide Eckert) begleiteten die Sanierung als Generalhandlungsbevollmächtigte. Die Klinik umfasst 340 Betten und beschäftigt mehr als 600 Menschen. Die Klinik soll von der St. Augustinus-Gruppe und der katholischen Unternehmensgruppe Alexianer übernommen werden.

Die neuesten Restrukturierer-Personalien

Im Taunus ist eine neue Restrukturierungsberatung an den Start gegangen. Ende März nahmen der ehemalige Buchalik Brömmekamp-Partner und Insolvenzverwalter Alexander Verhoeven, der Gesellschafts- und Steuerrechtler Julian Cornelißen und der M&A– und Sanierungsberater Florian Dausend mit „Horizon-Re“ die Arbeit auf. Im April soll nach Angaben der neuen Gesellschaft als weiterer Partner Matthias Krämer hinzustoßen. Der Anwalt ist derzeit Partner bei Wellensiek und dort unter anderem als Generalbevollmächtigter bei der Restrukturierung des Pflegebetreibers Dorea aktiv. Die neue Beratungseinheit will sich auf die Beratung gerichtlicher und außergerichtlicher Restrukturierungen konzentrieren und rechts- sowie betriebswirtschaftliche Beratung aus einer Hand anbieten.

Der Gravenbrucher Kreis hat sich erneut erweitert: Im April wurde Stefan Meyer als 19. Mitglied in den Expertenkreis für Insolvenzrecht aufgenommen. Meyer ist Partner bei der Restrukturierungskanzlei Pluta und leitet die Büros in Bielefeld, Essen, Lübbecke, Münster, Osnabrück und Paderborn. Beispielhaft für seine Arbeit stehen der Handball-Bundesligist TuS Nettelstedt, Gerry Weber, Flughafen Paderborn/Lippstadt, Frimo, AWO Arbeiterwohlfahrt OWL und Signa Sports United, die er alle als Insolvenzverwalter, Sachwalter oder Restrukturierungsexperte beraten hat.

Ein neuer CRO soll die angeschlagene Luxuskaufhauskette Kadewe retten. Seit Mitte April ist Josef Schultheis der neue Chief Restructuring Officer und Vorsitzender der Geschäftsführung bei der Kadewe Group. Demnach verlässt der bisherige CEO, Michael Peterseim, das Unternehmen.

Info

Esra Laubach ist Redakteurin bei FINANCE und widmet sich schwerpunktmäßig den Themen Transformation, Restrukturierung und Recht. Sie ist Sprach- und Kommunikationswissenschaftlerin. Vor FINANCE war sie rund fünf Jahre als Legal-Journalistin für den Juve Verlag in Köln tätig, wo sie auch ihr journalistisches Volontariat absolvierte. Esra Laubach arbeitete während ihres Studiums multimedial u.a. für das ARD-Morgenmagazin, mehrere Zeitungen und moderierte beim Hochschulradio Kölncampus.