Durch Russlands Invasion in der Ukraine wurde Nord Stream 2 endgültig eingefroren. Schon davor war das Projekt als Folge US-amerikanischer Sanktionen und ausstehender Genehmigungen unterbrochen. Jetzt haben alle fünf westlichen Finanziers bekannt gegeben, wie viel sie die Ostsee-Pipeline kostet. Zusammen trugen sie immerhin die Hälfte der Kosten für die Pipeline, die sich insgesamt auf rund 10 Milliarden Euro belaufen.
BASF verliert wegen Nord Stream 2
Einer der Betroffenen ist BASF: Zu Beginn der Woche verkündete der Chemiekonzern, dass er Wertberichtigungen in Milliardenhöhe vornehmen müsse. Da BASF mit 72,7 Prozent an Wintershall Dea beteiligt ist, muss der Chemieriese anteilig ein Darlehen dieses Unternehmens an Nord Stream 2 abschreiben – eine Wertberichtigung in Höhe von 1,1 Milliarden Euro. Damit blieb von dem eigentlich erzielten Nettogewinn des ersten Quartals nur noch etwas mehr als die Hälfte übrig.
Auch die geplante Trennung von Wintershall mittels eines IPOs wird nun schwierig. BASF und die Investmentgesellschaft Letter One, die von dem russischen Oligarchen Michail Fridman kontrolliert wird, wollten Wintershell Dea eigentlich schon in der zweiten Hälfte 2021 an die Börse bringen. Damals fanden die Parteien die Marktbewertung allerdings zu niedrig – ein Abwarten, das sich jetzt rächt, BASF-CFO Hans-Ulrich Engel wird den Deal nun wohl kaum noch realisieren können, und auch Dividenden fließen keine mehr von Wintershall an BASF. Verschiedene Analysten haben den Wert der Beteiligung von ursprünglich 9 Milliarden Euro in ihren Modellen deutlich gesenkt, manche sogar auf Null.
Uniper und OMV schreiben Milliarden ab
Auch Uniper leidet unter dem Ende von Nord Stream 2. Der Konzern plant sein Darlehen an Nord Stream 2 in Höhe von 987 Millionen Euro inklusive bisher aufgelaufener Zinsen abzuschreiben. Uniper muss nun jährlich auf Zinsen in Höhe von 100 Millionen Euro verzichten. Negativ wirkt sich auch die Abhängigkeit des Konzerns von Gazprom aus: Uniper ist einer der größten Kunden des russischen Gaskonzerns.
Der dritte im Bunde ist der österreichische Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV, der im ersten Quartal 2 Milliarden Euro abschreiben muss. 1 Milliarde Euro kommt aus dem Ende von Nord Stream 2. Der restliche Betrag ergibt sich aus einer Beteiligung am russischen Gasfeld Juschno Russkoje. OMV ist an dem Gasfeld über zwei Firmen mit einem Anteil von knapp 25 Prozent beteiligt.
Nord Stream 2 trifft auch Shell und Engie
Einen noch höheren Verlust erleidet Shell. Der britisch-niederländische Öl- und Gaskonzern kündigte Ende Februar an, aus dem Projekt Nord Stream 2 vollständig auszusteigen und sich von Beteiligungen an russischen Gasförderprojekten mit Gazprom zu trennen. Dadurch muss Shell im ersten Quartal 4 bis 5 Milliarden US-Dollar nach Steuern abschreiben. Allerdings würden die Wertberichtigungen durch die höheren Gewinne aus dem Öl- und Gashandel abgefangen, so Shell. Wegen der gestiegenen Preise werde der Konzern im ersten Quartal durch den Ölhandel deutlich mehr einnehmen als im vorherigen Quartal.
Das fünfte Unternehmen, das Einbußen hinnehmen muss, ist die französische Engie-Gruppe. Sie hatte der Nord Stream 2 AG mit Sitz in der Schweiz ein Darlehen über 987 Millionen Euro gegeben. Mit einer Rückzahlung ist nicht mehr zu rechnen.
eva.brendel[at]finance-magazin.de
Eva Brendel ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Kommunikationswissenschaft, VWL und Politik in Bamberg und Jena studiert. Neben dem Studium arbeitete Eva Brendel als freie Nachrichtenmoderatorin bei einem Lokalsender und moderierte eine eigene Podcast-Reihe.