Im Juli hatte SGL Carbon angekündigt, das Graphitelektrodengeschäft (Performance Products) bis Ende 2016 rechtlich verselbstständigen zu wollen. Jetzt beschleunigt das Management um CEO Jürgen Köhler und CFO Michael Majerus die Zerschlagung des SDax-Konzerns: Bis Mitte 2016 soll das ehemalige Kerngeschäft nun schon in einen eigenen Teilkonzern überführt werden.
Außerdem wollen die Wiesbadener schneller prüfen, wie sie die ungeliebte Sparte losschlagen können. Anfang September hatte Majerus gegenüber FINANCE noch gesagt, mit der Verselbstständigung böten sich „grundsätzlich alle Möglichkeiten – vom Verkauf an einen Strategen oder einen Finanzinvestor, über eine Fusion mit einem Wettbewerber bis hin zu einem IPO.“ Nun dürfte bald klarer werden, auf welche Option es hinausläuft.
CFO Michael Majerus versuchte gegenzusteuern
Grund für die Beschleunigung: Das Geschäft mit Graphitelektroden, ehemals die Cashcow von SGL Carbon, entwickelt sich schwächer als erwartet. Das liegt vor allem an den Überkapazitäten am globalen Stahlmarkt, einer der Hauptabnehmer des Bereichs Performance Products: „Die Situation in der Stahlindustrie ist vergleichbar mit der Lage im Höhepunkt der Finanzkrise 2008/2009, mit Kapazitätsauslastungsquoten auf historisch niedrigem Niveau“, sagt CEO Köhler. „Die Entwicklung führt zu einem erneuten Preisdruck.“
SGL hatte versucht, mit Kosteneinsparungen gegenzusteuern. Noch vor gut zwei Monaten hatte sich CFO Majerus freudig über die jüngste Entwicklung von Performance Products gezeigt: „PP ist kein schlechtes Geschäftsfeld, da müssen wir nichts aufhübschen“, so der CFO. „Im ersten Halbjahr 2015 konnten wir das Ebit vor Sondereinflüssen gegenüber dem Vorjahreszeitraum deutlich von 6,8 auf 16,9 Millionen Euro steigern, auch das Cashflow-Profil ist gut.“
Ratingagentur S&P sieht SGL Carbon im spekulativen Bereich
Kurz vor der morgigen Veröffentlichung der Zahlen für das dritte Quartal klingt das nun ganz anders. SGL teilte mit, der Ergebnisbeitrag des Geschäftsbereichs werde im Schlussquartal voraussichtlich signifikant zurückgehen im Vergleich zu den ersten drei Quartalen des Jahres.
Die Konzernprognose für 2015 bleibt aber unverändert. Hier peilt SGL eine deutliche Verbesserung des operativen Ergebnisses (Ebit) vor Sondereinflüssen an. 2014 hatte der Konzern hier 3 Millionen Euro verbucht. Unter dem Strich rechnen Analysten aber damit, dass die Wiesbadener zum dritten Mal in Folge rote Zahlen schreiben. Für 2016 traut sich SGL noch keine Prognose zu.
Die Ratingagentur S&P hat SGL Carbon erst vor knapp zwei Monaten von B+ auf B heruntergestuft. Die Wiesbadener – die mit BMW-Erbin Susanne Klatten, BMW und VW über prominente Großaktionäre verfügen – befinden sich damit tief im spekulativen Bereich. Der Ausblick des Ratings bleibt weiterhin negativ.
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Welche Option für das rückläufige Kerngeschäft von SGL am wahrscheinlichsten scheint und wie CFO Michael Majerus die Lage beurteilt, das lesen Sie in der aktuellen FINANCE-Printausgabe.