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Wie der Ukraine-Krieg Private Equity trifft

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Lieferengpässe, steigende Finanzierungskosten, Rückgang beim Dealflow: Wie geht Private Equity mit den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs um? Foto: ingusk - stock.adobe.com
Lieferengpässe, steigende Finanzierungskosten, Rückgang beim Dealflow: Wie geht Private Equity mit den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs um? Foto: ingusk - stock.adobe.com

Rund vier Monate dauert der russische Angriffskrieg in der Ukraine nun schon an – Zeit genug, um eine erste Bilanz zu ziehen, wie der Ukraine-Krieg das mittelständische Private-Equity-Geschäft in Deutschland beeinflusst – und wie die Finanzinvestoren auf den Krieg und seine Folgen reagieren. Um das herauszufinden, hat FINANCE für den neuen Midmarket-Private-Equity-Monitor gemeinsam mit der Deutschen Beteiligungs AG (DBAG) wieder zahlreiche Investment Professionals anonym nach ihrer aktuellen Markteinschätzung befragt.

Die Kernergebnisse der Befragung: Die deutsche Private-Equity-Branche bezieht im Ukraine-Krieg klar Stellung – doch das Geschäft wird, anders als es bei der Coronakrise der Fall war, massiv und voraussichtlich auch längerfristig von den Sekundäreffekten des Kriegs belastet.

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Private Equity kämpft mit weiteren Lieferengpässen

Die Investment- und Operations-Manager der Häuser werden dabei gleich an mehreren Fronten parallel gebraucht: Am gravierendsten sind aktuell Lieferengpässe. 87 Prozent der befragten Private-Equity-Manager geben an, in ihrem Portfolio Schwierigkeiten entlang der Lieferkette zu haben.

Je länger ein Problem besteht, desto eher kann man sich aber auch darauf einstellen: „Die Stabilität der Lieferketten ist bereits seit Beginn der Pandemie eine Herausforderung – insofern gibt es auch schon Erfahrung im Umgang damit“, glaubt Torsten Grede, Vorstandssprecher der DBAG. Der Krieg in der Ukraine und die deshalb nötigen Sanktionen sowie der erneute Lockdown in China verursachten allerdings noch mehr Störungen.

Dementsprechend sind vor allem Finanzinvestoren mit einem signifikanten Anteil an Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe im Portfolio gerade dabei, mitzuhelfen, Lieferketten zu stabilisieren oder zu verlagern, um die Produktion am Laufen zu halten. Doch: „Es wird eine Weile dauern, bis die Reaktionen der Unternehmen Wirkung zeigen“, ist sich Grede sicher.

M&A-Finanzierungskosten steigen deutlich

Der zweite Faktor, der die Private-Equity-Branche trifft, sind gestiegene Finanzierungskosten. Diese sind für etwas mehr als die Hälfte der Befragten eine Herausforderung. Marktbeobachter berichten von Steigerungen von zum Teil deutlich mehr als 100 Basispunkten für Standardfinanzierungen – und gehen davon aus, dass die Preise in den nächsten Monaten noch weiter anziehen könnten, sollte die Inflation weiter hoch bleiben und die Zinsanhebungen der Zentralbanken kräftig ausfallen.

Noch haben die Private-Equity-Fonds aber keine Probleme, Finanzierungen (zu attraktiven Konditionen) zu erhalten. Nur ein kleiner Anteil von 10 Prozent der befragten Investment Manager gibt an, Schwierigkeiten dabei zu haben, überhaupt Finanzierungen für Transaktionen zu erhalten. Restriktionen dürften vor allem Häuser erfahren, die für risikoreichere Transaktionen oder Übernahmen von Unternehmen aus unbeliebten Branchen einen Finanzierungspartner suchen. Nach wie vor kritisch gesehen wird die Automotive-Branche. Aber auch Sektoren, die typischerweise einen hohen Energiekostenanteil haben, verlieren an Beliebtheit.

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Leichter Rückgang beim M&A-Dealflow

Auf den Dealflow hat der Ukraine-Krieg hingegen noch keine signifikanten Auswirkungen, zeigt der FINANCE Midmarket-Private-Equity-Monitor. Diesen bewerten die Investment Manager auf einer Skala von 1 bis 10 mit 5,65 (10 = starker Dealflow). Das liegt fast genau am Mehrjahresdurchschnittswert von 5,47. Allerdings scheint der Dealflow  mit Blick auf die vergangenen zwei Umfragen im Sommer (6,07) und Winter 2021 (6,43) etwas zurückgegangen zu sein.

„Der Dealflow ist nach wie vor zufriedenstellend, auch wenn sich die Rahmenbedingungen ganz ohne Frage verschlechtert haben“, findet DBAG-Vorstandssprecher Grede. Der Private-Equity-Manager ist aber der Überzeugung, dass es „auch unter schwierigeren Bedingungen interessante Beteiligungsmöglichkeiten gibt“.

Private Equity stößt Russland-Geschäft ab

Einige Private-Equity-Häuser müssen sich aktuell aber nicht nur über M&A-Opportunitäten Gedanken machen, sondern auch darüber, wie sie mit Russland-Geschäften ihrer Portfoliounternehmen umgehen. Hier positioniert sich die Branche eindeutig: Fast die Hälfte der Fonds hat eine Trennung oder das Einstellen von Geschäften in Russland veranlasst, zu groß sind wirtschaftliche und Compliance-Risiken.

Dennoch gibt es Private-Equity-Investoren, die in der aktuellen Lage noch keine Entscheidung getroffen haben, wie mit Geschäft in Russland umgegangen werden soll. So geben 16 Prozent der befragten Manager an, Portfoliounternehmen mit Geschäftsbeziehungen zu Russland zu haben, aber noch nichts in Richtung Trennung oder Verkauf dieser Geschäftseinheiten unternommen zu haben. Eine kleine Minderheit von 3 Prozent der befragten Fonds hat zwar Unternehmen mit Russland-Geschäft im Portfolio, sich aber aktiv dafür entschieden, dieses unverändert weiterzuführen.

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Für die DBAG ist ein Weiterführen der Russland-Geschäfte ihrer Portfoliounternehmen keine Option: „Nach unserer Überzeugung erscheint eine Fortführung des Status Quo unvorstellbar. Wir haben unseren Portfoliounternehmen empfohlen, ihr Russland-Geschäft umfassend auf den Prüfstand zu stellen. Diese Entscheidung entspricht nicht zuletzt unserer Selbstverpflichtung, in unserer Geschäftspolitik die Grundsätze nachhaltigen Handelns zu berücksichtigen“, so DBAG-Chef Grede.

olivia.harder[at]finance-magazin.de

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE sowie Chefin vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.