Die deutsche Fintech-Szene hat nach N26 ihr zweites Einhorn: Die Deutsche Bank steigt mit 4,9 Prozent bei dem Spareinlagenvermittler Deposit Solutions ein. Im Zuge dieser Finanzierung steigt die Unternehmensbewertung des Fintechs auf über 1 Milliarde Euro an, wie der börsennotierte Mitgesellschafter Finlab angibt. Die Cashspritze für Deposit Solutions ist allerdings wesentlich kleiner als bei N26 – der Direktbank sind im Zuge der Einhorn-Finanzierungsrunde zu Jahresbeginn 300 Millionen Dollar zugeflossen.
Die Investitionssumme der Deutschen Bank dürfte lediglich 50 Millionen Euro betragen. Nach Recherchen des „Handelsblatts“ soll sogar nur knapp die Hälfte davon auf Barmittel entfallen. Der Rest soll durch Zusatzleistungen erfüllt werden, zu denen sich die Deutsche Bank verpflichtet hat. Dabei dürfte es sich in erster Linie um die Vermittlung von Kunden der Bank an das Fintech handeln, möglicherweise aber auch um eine ausgeweitete Nutzung der Technologie von Deposit Solutions.
Tatsächlich setzt die Deutsche Bank schon jetzt auf das White-Label-Angebot von Deposit Solutions als Basis für die eigene Zinsplattform „Zinsmarkt“. Diese dürfte die Deutsche Bank in naher Zukunft auch für die Kunden der Norisbank und der Postbank öffnen. Bislang flossen über den „Zinsmarkt“ schon Anlegergelder in Höhe von 2 Milliarden Euro. Das ist ein nennenswerter Teil des gesamten bislang von Deposit Solutions bewegten Volumens, welches das Fintech auf gut 14 Milliarden Euro beziffert.
Fintech Deposit Solutions bietet zwei Geschäftsmodelle
Tim Sievers, CEO und Gründer von Deposit Solutions, äußerte sich zufrieden: „Die Beteiligung der Deutschen Bank ist für uns in zweifacher Hinsicht ein Meilenstein: Zum einen wird die Ausweitung auf weitere Geschäftsbereiche der Deutschen Bank im In- und Ausland unser Wachstum weiter beschleunigen, zum anderen öffnen wir uns damit erstmalig für die Beteiligung unserer Kunden, die unsere Infrastruktur nutzen.“
Deposit Solutions, das 2011 gegründet wurde, hat zwei Geschäftsmodelle: Zum einen betreibt das Fintech eigene Plattformen wie Savedo und Zinspilot, auf denen Anlegern Festgeldeinlagen verschiedener Banken aus dem In- und Ausland angeboten werden. Zum anderen bietet das Fintech Geldhäusern die nötige Technologie an, um einen solchen virtuellen Zinsmarkt auch den eigenen Kunden anzubieten. So kam auch der Kontakt zur Deutschen Bank zustande, die seit 2017 als Kunde ihre eigene Plattform betreibt. Für Banken besteht der Vorteil der Whitelabel-Lösung darin, dass sie den Kontakt zu ihren eigenen Kunden behalten, auch nachdem diese ihre Einlagen auf eine andere Bank umgeleitet haben.
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Deutsche Bank sieht Fintech als Finanzbeteiligung
Trotz des strategischen Werts der Partnerschaft bezeichnet die Deutsche Bank das Investment als „reine Finanzbeteiligung“. Mit ihrer Investition will die Bank „an der erwarteten positiven Wertenwicklung von Deposit Solutions teilhaben“, während Deposit Solutions sich weiter als neutraler Plattformbetreiber positionieren möchte. Wegen der Neutralität der Plattform erhält die Deutsche Bank auch nur eingeschränkte Informationsrechte und keinen strategischen Einfluss auf das Hamburger Fintech.
Mit dem jüngsten Zukauf steigt die Anzahl der Fintech-Beteiligungen der Deutschen Bank auf insgesamt sieben. Neben Deposit Solutions hält das größte deutsche Geldhaus noch Anteile an Finanzguru, Vermietet.de, Hausgold, Zeitgold, Verimi und Wetrade. Die 25 Millionen Euro, die an Deposit Solutions fließen, sind für die Deutsche Bank aber das erste Kapitalinvestment in nennenswerter Höhe im Fintech-Bereich.
Goldman Sachs finanziert Konkurrent Raisin
Mit dem frischen Kapital will Deposit Solutions die internationale Expansion vorantreiben. Nach dem bereits erfolgten Markteintritt in der Schweiz sollen nun auch Spanien und die USA folgen. Neben der Deutschen Bank sind die Risikokapitalgeber eVentures, Finlab, Vitruvian, Kinnevik, Greycroft sowie Fonds aus dem Umfeld des Starinvestors Peter Thiel an dem Fintech beteiligt.
Expansion ist auch das Thema beim größten Konkurrenten Raisin, der hierzulande durch seine Plattform Weltsparen bekannt ist. Dieser sammelte Mitte Juli für den geplanten Einstieg in den US-Einlagenmarkt von der US-Investmentbank Goldman Sachs 25 Millionen Euro ein. Den eigenen Markteintritt in Großbritannien übersprang das Fintech, indem es 2017 den Mitbewerber PBF Solutions aus Manchester übernahm. Anfang des Jahres kauften die Berliner mit der MHB-Bank zudem ihre eigene Whitelabel-Bank und im August dann auch noch den Altersvorsoge-Spezialisten Fairr.
Neben den USA ist auch hier die Eroberung weiterer europäischer Märkte angedacht. Mit einer ähnlichen Finanzspritze und einem vergleichbaren strategischen Investor begegnen sich Raisin und Deposit Solutions jetzt wieder auf Augenhöhe.
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