Nach monatelangen Spekulationen herrscht nun Klarheit: Die Deutsche Bank und die Commerzbank führen jetzt offizielle Gespräche über eine Fusion. Dies teilten die beiden Finanzinstitute am gestrigen Sonntag in zwei unabhängigen Pflichtmitteilungen mit. Man habe sich darauf geeinigt, „ergebnisoffene Gespräche über einen eventuellen Zusammenschluss aufzunehmen“, heißt es von Seiten der Commerzbank. Bis spätestens Ende April sollen diese Gespräche zu einem konkreten Ergebnis führen, hieß es aus Finanzkreisen.
Der mögliche Fusionspartner Deutsche Bank dämpft jedoch gleich von Beginn an die Erwartungen. „Es gibt keine Gewähr, dass es zu einer Transaktion kommt“, betont der Dax-Konzern. „Die Erfahrungen zeigen, dass es viele wirtschaftliche und technische Gründe geben kann, die einem solchen Schritt entgegenstehen“, schreibt Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing in einem Brief an die Mitarbeiter, den die Bank veröffentlicht hat.
Die beiden Finanzinstitute hatten im Februar erste inoffizielle Sondierungsgespräche aufgenommen. Bereits seit Monaten hatten Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und sein Staatsminister Jörg Kukies, der ehemalige Deutschland-Chef von Goldman Sachs, hinter den Kulissen Gespräche mit Sewing und Commerzbank-CEO Martin Zielke geführt. Die beiden schwächelnden Banken sollen ihre Kräfte bündeln und gemeinsam einen nationalen Champion formen, so die Idee in Berlin.
Optionen für Deutsche Bank und Commerzbank
Seit Bekanntwerden der ersten Gespräche, werden mehrere mögliche Szenarien einer Fusion diskutiert, von denen zwei als die realistischsten Varianten gelten dürften. In einem ersten Szenario könnten Deutsche Bank und Commerzbank eine neue Gesellschaft gründen, in die sie ihr Vermögen, das Eigenkapital, die Kredite sowie die Wertpapiere einbringen. An dieser neuen Gesellschaft würden die Aktionäre der Deutschen Bank und der Commerzbank dann jeweils Anteile erhalten – in welchem Umfang wäre Teil der zu klärenden Unternehmensbewertung.
Dem gegenüber steht eine weitere Variante: Demnach könnte die Deutsche Bank die kleinere Commerzbank übernehmen. In beiden Fällen wäre fraglich, was mit der Commerzbank-Beteiligung des deutschen Staates passieren würde: Wird der Bund Anteilseigner der fusionierten Großbank oder verkauft er seine Anteile mit Verlust an die Deutsche Bank?
Der Bund war 2009 im Zuge der Finanzkrise bei der Commerzbank eingestiegen und hält rund 16 Prozent der Anteile an dem Bankhaus. Die damaligen Bundesregierung hatte Commerzbank-Aktien im Wert von 5,1 Milliarden Euro gekauft, die heute nur noch 1,4 Milliarden Euro wert sind. Seit dem Einstieg ist der Bund der größte Commerzbank-Aktionär.
Kapitalmarkt freut sich über Fusionspläne
Obwohl die Politik als treibende Kraft der Fusionsgespräche gilt, gibt es auch Zuspruch aus den eigenen Reihen. Der FAZ zufolge sollen auch Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner sowie der US-Großaktionär Cerberus (gut 5 Prozent) die Fusionspläne befürworten. Jedoch stehen andere Großaktionäre wie der US-Finanzinvestor Blackrock den Plänen kritisch gegenüber, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.
Am Kapitalmarkt kam die Nachricht indes gut an: Die Deutsche-Bank-Aktie reagierte positiv auf die Meldung vom Wochenende. Am Montagmorgen legte das Papier um gut 3 Prozent auf 8,08 Euro zu. Auch die Investoren der Commerzbank begrüßen die Fusion. Die Aktie stieg um rund 6 Prozent auf 7,60 Euro.
Die Deutsche-Bank-Aktie reagiert positiv auf Fusionspläne
Heftige Kritik regt sich hingegen im Lager der Gewerkschaften und der Mitarbeitervertretungen. Verdi-Chef Frank Bsriske sieht durch eine mögliche Fusion bis zu 20.000 Stellen in Gefahr. Unter diesen Umständen würden die Gewerkschaftsvertreter im Deutsche-Bank-Aufsichtsrat einen Zusammenschluss der Banken ablehnen, teilt die Arbeitnehmervertretung mit. Klar ist: Eine Fusion der beiden geschwächten Häuser – dessen ökonomische Logik einige Beobachter anzweifeln – ergäbe überhaupt nur dann Sinn, wenn sich in großem Umfang Kosten einsparen lassen.
Monopolkommission sieht mögliches Systemrisikos
Und nicht nur die Gewerkschaften und einige Großaktionäre sehen die Transaktion kritisch. Auch Achim Wambach, Chef der Monopolkommission äußerte sich im Gespräch mit der „Rheinischen Post“ skeptisch über den geplanten Deal.
Zwar sei nicht damit zu rechnen, dass die Behörden den Deal blockieren würden, da sich die Geschäftsfelder der Banken nur wenig überschnitten, beziehungsweise einem spürbaren Wettbewerb ausgesetzt seien. Wambach sieht ein anderes Problem: „Durch den Zusammenschluss entsteht möglicherweise eine neue Bedrohung für die Finanzwelt, nämlich durch einen Anstieg des Systemrisikos.“ Die Finanzkrise habe gezeigt, dass große Bankhäuser nur schwer abzuwickeln seien und die Wahrscheinlichkeit höher wäre, dass der Bund in Krisenzeiten das neue Institut stützen müsse.
Commerzbank-Aktionäre setzen auf Deutsche-Bank-Deal
Deutsche Bank und Commerzbank und ihre Baustellen
Bleibt die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Transaktion, in der sich zwei seit Jahren kränkelnde Banken zu einem Institut zusammenschließen. Zwar kehrte die Deutsche Bank im abgelaufenen Geschäftsjahr nach drei Jahren wieder in die Gewinnzone zurück. Der seit einem knapp Jahr amtierende CEO Sewing strich rund 6.000 Stellen und senkte die Kosten massiv. Jedoch kämpft die Bank weiterhin mit dem schwächelnden Investmentbanking.
Bei der Commerzbank sieht es nicht viel besser auf. Nach zwei Jahren Restrukturierung hat die Bank 2018 nach Steuern mit 865 Millionen Euro zwar fast siebenmal so viel verdient wie im Vorjahr, allerdings stieg die Kosten-Ertragsrelation. Zugleich kassierte Vorstandschef Zielke die Ertragsziele für 2020. Vor allem im Firmenkundengeschäft hinkt die Bank ihren Zielen hinterher.
Klar ist: Eine fusionierte Bank wäre über Monate oder gar Jahre mit Integrationsaufgaben rund um IT-Systeme, Prozesse und Unternehmenskultur beschäftigt. Das macht es nicht gerade leichter sich der wachsenden ausländischen Konkurrenz im deutschen Markt zu widersetzen.