2013 hatte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young zum ersten Mal KPMG in Deutschland überholt und vom zweiten auf den dritten Platz verwiesen – und auch 2014 verliert KPMG das Kopf-an-Kopf-Rennen knapp, wie die heute vorgelegten Zahlen von KPMG zeigen.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr, das bis September ging, erwirtschaftete KPMG einen Umsatz von 1,51 Milliarden Euro. Ernst & Young liegt mit 1,53 Milliarden Euro knapp darüber. Dabei hat KPMG im vergangenen Geschäftsjahr von allen Big Four mit 9,4 Prozent sogar das stärkste Wachstum hingelegt. EY ist um 9,2 Prozent gewachsen, Deloitte um 8 Prozent und PwC um 6,3 Prozent.
KPMG-Deutschlandchef Klaus Becker zeigte sich vor Journalisten aber sehr zufrieden mit der Umsatzentwicklung und betonte, dass es KPMG vor allem wichtig sei, profitabel zu wachsen. „Wachstum nur um der Größe willen wollen wir nicht“, so Becker. Wie hoch die Profitabilität im abgelaufenen Geschäftsjahr genau war, wollte er zwar nicht sagen. Sie sei aber „mit dem Umsatz gewachsen“, erklärte der Deutschlandchef.
KPMG muss die meisten Prüfmandate abgeben
Umsatztreiber waren alle drei Geschäftsfelder von KPMG. Die Wirtschaftsprüfung, die mit 600 Millionen Euro am meisten zum Umsatz beigetragen hat, ist mit 3 Prozent am schwächsten gewachsen. In der Beratung hat KPMG hingegen mit 22 Prozent auf 506 Millionen Euro ein starkes Wachstum hingelegt. Das Geschäftsfeld Tax ist um 6 Prozent auf 400 Millionen Euro gewachsen. Damit setzt sich der Trend der vergangenen Jahre fort: In dem klassischen Geschäftsfeld der Abschlussprüfung werden die Wachstumsraten immer kleiner, während die Unternehmensberatung boomt – auch bei den anderen Big Four-WP-Häusern.
Ob das Umsatzwachstum auch in den kommenden Jahren stark bleibt, ist fraglich, denn auf die Wirtschaftsprüfer kommen einige Herausforderungen zu. Da KPMG derzeit die mit Abstand meisten Prüfmandate im Dax hat, wird die neu eingeführte Rotationspflicht, bei der die Unternehmen ihre Wirtschaftsprüfer alle zehn Jahre (in Ausnahmefällen alle 24 Jahre) wechseln müssen, KPMG besonders hart treffen.
Für KPMG steht viel Geld auf dem Spiel: Insgesamt muss KPMG bis 2020 Prüfhonorare im Volumen von 75 Millionen Euro abgeben. Becker zeigt sich gelassen: „Das ist deutlich weniger als das, was wir allein im letzten Geschäftsjahr durch Wachstum hinzugewonnen haben. Wir können das gut verkraften“. In der Wirtschaftsprüfung alleine wuchs KPMG allerdings nur um 16 Millionen Euro.
KPMG sichert sich Prüfmandate bei Voith und der Bundesbank
Aber KPMG wird einen Teil der Einbußen kompensieren können, denn in den Händen von PwC, EY und Deloitte liegen derzeit rund 175 Millionen Euro an Prüfhonoraren, die bis 2020 rotieren müssen. Hier sieht KPMG-Chef Becker seine Chance. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir sehr viele Ausschreibungen gewinnen können und gewinnen werden.“ Und der Kampf um die besten Mandate ist schon jetzt in vollem Gange: Erst kürzlich wurde bekannt, dass Deloitte höchstwahrscheinlich den Kampf um das begehrte Bayer-Mandat gewonnen hat. Wie das Handelsblatt mit Berufung auf Branchenkreise berichtete, hatte auch KPMG an der Ausschreibung teilgenommen – offenbar erfolglos.
Da KPMG die meiste Erfahrung in der Prüfung von Dax-Unternehmen hat, dürfte die Nummer Drei am deutschen WP-Markt dennoch gute Chancen auf die Prüfmandate der Wettbewerber haben. Auch im vergangenen Jahr hat KPMG eine namhafte Kunden dazugewonnen, darunter die Deutsche Bundesbank, die ING-Diba und den Maschinenbauer Voith. Im Zuge der Mandatsgewinnung bei Voith hat KPMG nun auch ein Büro in Ulm eröffnet, „um näher am Kunden zu sein“, wie Becker betont. KPMG hofft dadurch, weitere umsatzstarke Mittelständler in der Region zu gewinnen und fährt damit eine andere Strategie als PwC: Der Erzrivale hat zuletzt sieben kleinere regionale Standorte geschlossen und diese den größeren Büros zugeschlagen.
Doch seinen Optimismus untermauert Becker nicht mit Zahlen. Eine Prognose für das laufende Geschäftsjahr wollte er nicht abgeben. Damit zeigt er sich zögerlicher als die Konkurrenz. PwC peilt ein zweistelliges Wachstum an, und EY rechnet mit einem Wachstum, das mindestens auf dem Vorjahresniveau von 9 Prozent liegt. Die Messlatte für KPMG liegt also hoch.
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.