Frau Wolf, Frauen an der Spitze einer Finanzabteilung sind immer noch eine Ausnahme. Was muss sich ändern, dass eine weibliche CFO keine Besonderheit mehr ist?
Die Unternehmen sollten sicherstellen, dass bei Talentidentifizierung und -förderung faire Bedingungen hergestellt werden und beispielsweise unbewusste Vorbehalte, im englischen „unconscious bias“ genannt, systematisch mitigiert werden. Das gilt nicht nur für die Finance-Organisation, sondern für das gesamte Unternehmen.
FINANCE-Köpfe
Was waren Ihre Erfolgsfaktoren auf dem Weg zur Top-CFO?
Für meinen eigenen Berufsweg waren neben fachlicher Qualifikation Zielstrebigkeit, Durchhaltevermögen und der Aufbau eines wirkungsvollen Netzwerks sicher entscheidend.
Gab es in Ihrer Karriere Hindernisse, die Sie darauf zurückführen, dass Sie eine Frau sind?
Ich habe durchaus unterschiedliche Behandlungen von Männern und Frauen in beruflich identischen Situationen beobachten können und sicher gab es diese auch auf meinem Berufsweg.
Evonik-CFO Ute Wolf will Barrieren abbauen
Hat die gesetzliche Quote für Aufsichtsräte etwas verändert?
Die Verabschiedung der gesetzlichen Quoten hat vor allem die Diskussion eröffnet, wie eine faire Teilhabe von Frauen an der Unternehmensführung gestaltet werden kann. Hier gilt es jetzt für die Unternehmen, systematische Barrieren abzubauen und den vielen engagierten und sehr gut qualifizierten Frauen den Aufstieg zu ermöglichen.
Trotz allem bleibt der Eindruck, dass das Geschlecht beim Aufstieg in den Vorstand nach wie vor eine Rolle spielt. Kann es sogar sein, dass man die „Gender-Karte“ heute offensiv ausspielen kann, weil Aufsichtsräte stärker auf weibliche Vorstandsmitglieder drängen?
Der Anteil von Frauen in den Vorständen großer deutscher Unternehmen ist immer noch sehr gering – also gibt es ganz offensichtlich Bedingungen, die es für Frauen schwieriger machen. Die öffentliche Diskussion um die Frauenquote hat sicherlich einige Verkrustungen aufgebrochen, aber wir sind noch weit von einer Normalität entfernt, in der Frauen in den Vorständen großer Unternehmen ganz selbstverständlich sind.
„Die öffentliche Diskussion um die Frauenquote hat einige Verkrustungen aufgebrochen.“
Nehmen Sie wahr, dass einige Männer sich noch an die Präsenz von Frauen im Vorstand gewöhnen müssen?
Es ist immer noch eine gewisse Ausnahme, Frauen in hochrangigen Positionen zu sehen – für alle Menschen, Männer und Frauen. Nach meiner Erfahrung sind die individuellen Unterschiede zwischen Menschen – also auch zwischen zwei Männern oder zwei Frauen – oft genau so groß wie die Unterschiede, die dem Geschlecht oder der Herkunft attribuiert werden. Von daher ist in der Kommunikation und dem persönlichem Auftreten die Adressaten-Orientierung immer extrem wichtig.
Info
Wie entwickelt sich der Anteil von Frauen auf der CFO-Position? Eine ausführliche Analyse der aktuellen Situation finden Sie in der Titelgeschichte des FINANCE-Magazins Juli/August 2018, das Sie hier als e-Paper beziehen können.
Lesen Sie hier den ersten Teil unserer Serie mit der Professorin für Arbeitssoziologie Heather Hofmeister, den zweiten Teil mit der Headhunterin Simone Siebeke sowie den dritten Teil mit Ex-CFO Simone Menne und Teilnummer vier mit Finanzchefin Evelyne Freitag. Alle Teile unserer Interviewreihe finden Sie gebündelt auf unserer Themenseite Frauen in Finance.