Der sicher geglaubte Aufstieg von VW-CFO Hans-Dieter Pötsch zum Aufsichtsratschef des Konzerns gerät immer stärker in Gefahr. So mehren sich die Stimmen derer, die bezweifeln, dass der CFO nach dem Abgasskandal wirklich für den Job geeignet ist. Als einer der schärfsten Warner profiliert sich der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer.
In einem Interview mit den Zeitungen der Funke-Mediengruppe bezeichnete Dudenhöffer Pötsch als „nicht tragbar“ für eine Rolle im Aufsichtsrat. Er habe die Anleger nicht gewarnt „selbst als das Schreiben der US-Umweltbehörde EPA bereits tagelang im Internet stand“, so der Direktor des CAR-Instituts der Universität Duisburg-Essen. Aus seiner Sicht sei Pötsch dafür verantwortlich, wenn VW nun Klagen von den Aktionären bekomme. Da Pötsch als CFO auch für Investor Relations verantwortlich ist, hat dieser Vorwurf Gewicht.
6,5 Milliarden Euro hatten die Wolfsburger wegen der Affäre mit offenem Ausgang alleine wegen der Autorückrufe für das 3. Quartal zurückgestellt. Darin sind weder mögliche Klagen der Aktionäre noch Strafzahlungen der Behörden enthalten. Insgesamt dürfte der Schaden für VW also in zweistellige Milliardenregionen wachsen, spätere Absatzrückgänge und Preiszugeständnisse für neue Kunden noch gar nicht mit eingerechnet.
Porsche gibt Hans-Dieter Pötsch Rückendeckung
Heute tagt der VW-Aufsichtsrat. Die Frage, ob Pötsch, der seit 2003 als CFO bei VW in alle wichtigen Entscheidungen involviert war – wenn auch nicht im technischen Bereich – wirklich geeignet ist, dürfte auf der Sitzung eine wichtige Rolle spielen.
Dudenhöffer wettert seit Tagen schon gegen Pötschs Wechsel in den Aufsichtsrat. Um verlorenes Vertrauen wieder gut zu machen und den Skandal rückhaltlos aufzuarbeiten, brauche es gerade an der Spitze des Aufsichtsrats einen unabhängigen Kopf, der nicht in die VW-Machtstrukturen verstrickt ist, sagte Dudenhöffer vor wenigen Tagen gegenüber dem Nachrichtensender n-tv. Auch über den inzwischen zurückgetretenen VW-Chef Martin Winterkorn hatte Dudenhöffer kurz nach Bekanntwerden des Skandals in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau gesagt, dass er an der Konzernspitze „nicht mehr tragbar“ sei.
Der VW-Hauptaktionär Porsche SE gibt Pötsch hingegen bislang noch Rückendeckung: „Die Familien Porsche und Piech stehen fest hinter Hans-Dieter Pötsch als Aufsichtsratschef“, sagte heute angeblich eine Person aus dem Umfeld der Familie der Nachrichtenagentur Reuters. Der 64-Jährige soll auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 9. November zum Aufsichtsratschefs gewählt werden. Doch inzwischen scheint es, als ob der Strudel, der Winterkorn erfasst hat, auch für Pötsch gefährlich wird.
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Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.