Nur wenige Stunden vor der am heutigen Donnerstag stattfinden Hauptversammlung hat der Aufsichtsrat des Anlagenbauers Gea versucht, Druck vom Kessel zu nehmen – durch einen Austausch des Finanzvorstands. CFO Helmut Schmale wird seinen bis 2021 laufenden Vorstandsvertrag nicht erfüllen, teilte Gea gestern nach Börsenschluss mit. Die Trennung von Schmale dürfte teuer werden, wurde der Vertrag des 61-jährigen doch erst vor einem Jahr verlängert.
Wann genau Schmale ausscheiden wird, gab Gea noch nicht bekannt. Doch es ist davon auszugehen, dass es bald so weit sein wird. Im März hatte schon Vorstandschef Jürg Oleas angekündigt, im Frühjahr 2019 abtreten zu wollen. Viele Investoren begrüßten seinen Rückzug, forderten aber einen schnelleren Wechsel an der Führungsspitze. „Ziel des Aufsichtsrats ist es, zeitnah und abgestimmt die Bestellung von CEO und CFO umzusetzen, um einen geordneten Führungswechsel zu gewährleisten“, schreibt Gea nun in einer Ad-hoc-Mitteilung.
Bitter für Schmale, der schon seit 1993 für den MDax-Konzern arbeitet und seit neun Jahren CFO ist: Die Investoren bejubeln seinen bevorstehenden Abgang. Im frühen Handel springt die Gea-Aktie um fast 3 Prozent nach oben, während der breite Markt auf der Stelle tritt.
Großinvestoren erhöhen Druck auf Gea-Führung
In den vergangenen Monaten hat sich eine starke Frontstellung zwischen der Gea-Führung und dem Kapitalmarkt entwickelt. Drei Gewinnwarnungen und Prognoseverfehlungen seit Herbst 2016, irritierende Auftritte auf Investorenkonferenzen und eine Fülle operativer Probleme haben die beiden lange Zeit erfolgreichen Gea-Manager Oleas und Schmale viel Ansehen gekostet.
In den vergangenen Wochen spitzte sich die Misere weiter zu: Mitte März gelang es CFO Schmale bei dem wichtigen Kapitalmarkttag des Traditionskonzerns nicht, die Zweifel an seiner Person und dem Kurs des Unternehmens zu zerstreuen. Vor wenigen Tagen setzte die Gea-Führung nach einem schwachen Jahresauftakt schließlich auch noch das Erreichen der ohnehin schon vorsichtigen Jahresprognose unter Vorbehalt.
Vor allem die beiden Gea-Großaktionäre – der US-Hedgefonds Elliott und der Ex-Bertelsmann-Aktionär GBL – dürften auf eine Wende hingewirkt haben. GBL stieg im vergangenen August ein und kontrolliert inzwischen über 5 Prozent der Gea-Aktien, Elliott folgte im Oktober mit dem Kauf eines Aktienpakets von über 3 Prozent. Beide sind als aktive Investoren bekannt, die sich auch in die Besetzung des Top-Managements einmischen.
Gea-Aktie verliert an Boden
Die Liste der Probleme bei Gea ist lang und aus Sicht vieler Aktionäre weitgehend hausgemacht: ein überstürzter Konzernumbau, schlecht integrierte Zukäufe, Wildwuchs in der IT. „Das Management hat am Kapitalmarkt jegliches Vertrauen zerstört“, sagte im Februar ein Analyst gegenüber FINANCE. Am Markt kursieren Befürchtungen, Gea könnte das nächste Bilfinger werden. Der ehemalige Baukonzern hatte seinen Umbau zum Industriedienstleister verpatzt und nach zahllosen Gewinnwarnungen und Managementwechseln Milliardensummen an Börsenwert verbrannt.
Die Entwicklung der Gea-Aktie spiegelt die schlechte Stimmung wider: Über die vergangenen drei Jahre büßte das Papier in einem steigenden Markt fast 25 Prozent ein. Seit Jahresanfang steht ein Kursverlust von rund 15 Prozent zu Buche. Trotzdem bringt Gea noch immer mehr als 6 Milliarden Euro Börsenwert auf die Waage. Das Research-Haus Kepler Cheuvreux sieht Gea wegen der fortgesetzten Kursschwäche mittlerweile aber schon als Übernahmekandidaten an.
Info
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Mehr über den scheidenden Gea-CFO finden Sie im FINANCE-Köpfe-Profil von Helmut Schmale.