Während seiner Amtszeit bei ThyssenKrupp soll Guido Kerkhoff bereits einmal eine Fusion mit dem Wettbewerber Klöckner & Co. ausgelotet haben, nun wechselt er in den dortigen Vorstand: Zum 1. September dieses Jahres wird Kerkhoff, der im Herbst 2019 als ThyssenKrupp-CEO abberufen worden war, die Position des Kronprinzen bei dem Stahlhändler antreten. Mit Ablauf der Hauptversammlung im Mai 2021 soll Kerkhoff den CEO-Posten von Gisbert Rühl übernehmen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist Kerkhoff sein Stellvertreter und könne so „in enger Abstimmung mit dem amtierenden Vorsitzenden des Vorstands“ die Übernahme der Unternehmensführung vorbereiten, erklärte das Unternehmen.
Nicht nur die Branche seiner nächsten Station ist Kerkhoff bekannt, auch mit seinem Vorgänger Rühl, der die „neuen Impulse“ seines Nachfolgers begrüßt, soll es zuvor schon eine geschäftliche Verknüpfung gegeben haben. Im vergangenen Jahr kursierten Gerüchte über Fusionsgespräche zwischen dem rund 6,8 Milliarden Euro Umsatz schweren Werkstoffhändler Klöckner und der etwa doppelt so großen Handelssparte von ThyssenKrupp. Offiziell bestätigt wurden die Verhandlungen nicht, doch Rühl erklärte damals, man sei „grundsätzlich bereit, bei der Konsolidierung der Thyssen-Krupp-Sparte Materials Services eine Rolle zu spielen“. Mit der Abberufung Kerkhoffs kurz darauf war das Thema jedoch wieder vom Tisch.
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Kerkhoff löst Langzeit-CEO Rühl ab
Die Kontakte Kerkhoffs zu Klöckner haben sich offenbar dennoch als belastbar erwiesen. Kerkhoff war bei ThyssenKrupp rund sieben Jahre lang CFO, bevor er die Gesamtverantwortung für den Konzern übernahm. Vor zwei Jahren sprang er zunächst als Interims-Chef für Heinrich Hiesinger ein, wenige Monate später wurde er zum dauerhaften CEO ernannt. Im Zuge der Neuausrichtung des hochverschuldeten Stahlgiganten überwarf Kerkhoff sich jedoch mit wichtigen Aktionären, im September des vergangenen Jahres trennten sich ThyssenKrupp und Kerkhoff.
Bei Klöckner & Co. löst Kerkhoff mit Gisbert Rühl einen Manager ab, der ebenfalls von der Finanzabteilung aus auf den Chefposten vorgerückt ist. Rühl war im Juli 2005 zunächst als Finanzvorstand bei Klöckner & Co angetreten, im November 2009 wurde er zudem Vorstandsvorsitzender und übte beide Ämter bis Ende 2012 in Personalunion aus. Im vergangenen Mai übernahm Rühl kurzfristig noch einmal auch die CFO-Aufgaben, bevor er sie im August 2019 an Oliver Falk übergab.
Rühl schaffte digitalen Fortschritt
Kerkhoff tritt bei Klöckner & Co. in große Fußstapfen. Rühl hat das Unternehmen in den zurückliegenden Jahren zum Vorreiter in Sachen Digitalisierung in der Stahlindustrie gemacht. Die digitale Vertriebsplattform Klöckner.i sowie die Handelsplattform XOM sind wichtige Entwicklungen, die in Rühls Amtszeit fallen. Im vergangenen Jahr erzielte Klöckner bereits 29 Prozent seiner Erlöse digital, bis 2022 sollen es früheren Ankündigungen zufolge 60 Prozent sein.
Künftig will Klöckner & Co. das Plattformgeschäft in einer eigenen Einheit betreiben. Nach der anstehenden Ausgliederung des Bereichs digitale Plattformen wird Rühl deren Aufsichtsratsvorsitz übernehmen.
Info
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