Der Telefonhersteller Gigaset muss schon wieder nach einem neuen Finanzchef suchen. Stephan Mathys gibt seinen CFO-Posten aus persönlichen Gründen mit sofortiger Wirkung auf, wie der Festnetzspezialist mitteilte. Für Mathys war es ein kurzes Zwischenspiel bei dem Münchener Unternehmen: Er hatte den Posten erst im vergangenen Dezember angetreten. CEO Klaus Weßing wird den Posten kommissarisch übernehmen, teilte ein Sprecher auf Anfrage von FINANCE mit.
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Finanzchef Gigaset überraschend schnell wieder verlässt. Mathys Vorgänger, Hans-Henning Doerr, war im Dezember 2015 zu Gigaset gekommen und wurde im Juli 2017 freigestellt. Er wollte seinen Ende 2017 auslaufenden Vertrag aus persönlichen Gründen nicht verlängern. Sein Vorgänger wiederum, Kai Dorn, verließ Gigaset 2015 gemeinsam mit CEO Charles Fränkl ebenso abrupt.
Gigaset kämpft mit Umsatzrückgängen
Zu den genauen Hintergründen von Mathys Weggang ist nichts bekannt. Allerdings fehlen in der knappen Mitteilung jegliche Dankesworte an den Finanzchef, dessen kurze Amtszeit bei den Münchenern scheinbar glücklos verlief: Gigaset kämpft seit längerem mit Umsatzrückgängen. Dieser Trend setzte sich auch in den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres unter CFO Mathys fort.
Der Konzernumsatz lag bei 168,7 Millionen Euro deutlich unter dem Vorjahr mit 188 Millionen Euro. Für den Rückgang ist vor allem die Performance in dem Geschäftsbereich Telefone verantwortlich, der den Löwenanteil des Umsatzes ausmacht. Hier sank der Umsatz von 140,8 auf 118,2 Millionen Euro. Ein Grund dafür ist dem Unternehmen zufolge der heiße Sommer. Gigaset hofft auf ein starkes Weihnachtsgeschäft.
Allerdings bricht dieses Geschäftsfeld auch strukturell weg: die Menschen nutzen das Festnetz immer seltener. Auf dem Smartphonemarkt wiederum ist die Konkurrenz mit Apple und Samsung übermächtig. Gigasetz verzeichnete hier mit 9,2 Millionen Euro einen Umsatz leicht unter Vorjahr.
Gigaset setzt auf den Ausbau von Zukunftsgeschäftsfeldern, das Unternehmen soll zu einem integrierten Hardware-, Software- und Servicedienstleister ausgebaut werden. Die Bereiche Smart Home und Professional (Kommunikationslösungen für Unternehmen) konnten Umsatzsteigerungen verzeichnen, sind aber mit 1,8 und 39,5 Millionen Euro noch deutlich kleinere Geschäftsbereiche.
Gigaset wollte von Restrukturierungserfahrung profitieren
Auch die Eigenkapitalquote des Unternehmens ist unter Druck. Nach neun Monaten lag sie bei gerade einmal 4,7 Prozent, zum Jahresende 2017 waren es noch 10,6 Prozent. Vor allem der Verlust von 5,2 Millionen Euro in dem neunmonatigen Zeitraum schlägt dabei zu Buche.
Eigentlich passte Stephan Mathys berufliche Erfahrung gut zu der Restrukturierungsaufgabe bei Gigaset. Der Diplom-Betriebswirt war von 2011 bis 2017 bei dem Sportartikelhersteller Kettler tätig, zuletzt als CFO. 2015 schlitterte das Traditionsunternehmen in die Insolvenz. Der Neuanfang gelang zwar, war aber nicht von Dauer. In diesem Jahr rutschte das Unternehmen zum zweiten Mal in die Insolvenz und hofft gerade auf einen neuen Investor. Zuvor war Mathys in der Unternehmensberatung und bei Banken im Bereich Corporate Finance tätig.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.