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Shared Service Center werden multifunktional

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Auch Thyssen Krupp arbeitet am Aufbau einer globalen Shared-Services-Struktur.
Thyssen Krupp

Der Stahlkonzern Thyssen Krupp steht noch ganz am Anfang: In einem Mammutprojekt will der Konzern in den nächsten acht Jahren eine Global Business Services-Struktur aufbauen. Der Konzern plant weltweit sechs Service Center. Zunächst sollen vor allem einfache Support-Prozesse, die standardisiert erledigt werden können, in den Service Centern ausgeführt werden, so zum Beispiel im Bereich Finanzen die Kreditoren- und Debitorenbuchhaltung. Für die Umsetzung dieser Maßnahmen ist vor allem ein einheitliches ERP-System unbedingt notwendig.

Erst zu Beginn dieses Jahres hat Thyssen Krupp mit der Umsetzung dieses schwierigen und langwierigen Prozesses begonnen. Bisher arbeiten einzelne Service-Center noch regional, beispielsweise in den Bereichen Finanz- und Personalwesen. Langfristig sollen diese Bereiche global in einer Organisation vereint werden.

Schon andere Großkonzerne haben multifunktionale Shared Service Center für sich entdeckt. Der Energieversorger E.on, der Konsumgüterhersteller Henkel und der Pharma- und Chemiekonzern Merck verkündeten bereits 2012 verschiedene Bereiche in Shared Service Centern im Ausland bündeln oder die vorhandenen Einheiten erweitern zu wollen  – ein erster Schritt in Richtung multifunktionaler, global tätiger Shared-Service-Strukturen.

Die zentrale Organisation sorgt dafür, dass die vorhandenen Shared Service Center global und multifunktional zusammenarbeiten und sich an die gleichen Richtlinien und Standards halten. Sie unterstehen alle einem Head of Global Business, an den alle regionalen Chefs berichten. Damit wird aus einer kleinteiligen Shared-Services-Struktur ein interner Dienstleister, der den operativen Teil des Unternehmens effizient und standardisiert unterstützen kann.

Deutsche Post und Henkel bauen weltweite Service-Struktur auf

Schon seit mehr als einem Jahrzehnt verfolgt beispielsweise die Deutsche Post DHL die Idee einer globalen Business-Services-Struktur. Heute arbeiten in 220 Ländern Shared Service Center des Logistikdienstleisters weltweit daran, das Tagesgeschäft schneller und effizienter zu machen. Damit dieses Geflecht an Service Centern effektiv zusammenarbeiten kann, hat die Deutsche Post bereits 2006 die globale Struktur in ihrer jetzigen Form aufgebaut.

In einem langen Prozess hat der Gelbe Riese zehn Service-Einheiten geschaffen, in die sich weltweit alle ihrer Shared Service Center unterteilen lassen. Auf globaler Ebene wird jeder Bereich von einem Verantwortlichen (Head) geleitet, der an Post-CFO Larry Rosen berichtet, der neben den Finanzen auch das Ressort Global Business Services verantwortet.

Der Konsumgüterhersteller Henkel betreibt derzeit weltweit vier Shared Service Center, die in den seit 2013 bestehenden Bereich Integrated Business Solutions integriert sind. Dieser Bereich untersteht seit April 2013 dem CFO Carsten Knobel. Die Shared Service Center sind nach Regionen strukturiert und befinden sich in Bratislava (Slowakei), Manila (Philippinen), Mexico City (Mexiko) und in Kairo (Ägypten). Auf Anfrage von FINANCE erklärte Henkel, seine Shared-Service-Aktivitäten weiter ausbauen zu wollen. Ende 2008 arbeiteten bereits 300 Mitarbeiter in den beiden Centern in Manila und Bratislava. Bis heute ist die Anzahl der Mitarbeiter auf mehr als 2.000 gewachsen. In diesem Jahr will der Konsumgüterhersteller ein sechstes Center für den Großraum China eröffnen. Bis Ende 2016 sollen mehr als 3.000 Mitarbeiter in den Shared Service Centern tätig sein.

Für EY-Berater Christian Mertin ist es Standard, dass Multinationals eine globale Shared Service Struktur haben. Internationale Konzerne sind schon sehr weit im Aufbau solcher Strukturen. Sie treiben diese Pläne voran, um Kosten in Millionenhöhe zu sparen, ihre Transparenz zu verbessern und ihre Effizienz zu steigern.

Diese Zentralsierung bringt für einzelne Mitarbeiter in der Finanzabteilung aber auch negative Folgen mit sich. Allein durch Standardisierung, Automatisierung und Verlagerung unternehmerischer Funktionen ins Ausland (Offshoring) wurden einer Schätzung der Hackett Group zufolge im Finanzbereich in Deutschland von 2002 bis 2013 grob geschätzt rund 5 Prozent an Vollzeitstellen pro Jahr abgebaut. Bei der Umsetzung von Shared-Service-Center Strukturen sind Entlassungen kaum zu vermeiden. Auch bei der Etablierung einer globalen Service-Struktur dürfte es ohne Mitarbeiterabbau wohl kaum gehen.

Aufbau einer globalen Service-Struktur dauert Jahre

Doch eine einheitliche globale Service-Struktur aufzubauen, ist ein langjähriges Großprojekt, da die Prozesse überprüft und Doppelstrukturen abgebaut werden müssen. In der Regel haben die Konzerne bereits drei bis vier Shared Service Center, die nun unter einem Dach gebündelt werden müssen. Die Multinationals gehen dabei entweder zonenbasiert vor nach Regionen wie Europa, USA, Lateinamerika und Asien, oder funktionenbasiert nach den verschiedenen Bereichen wie IT oder Finanzen. Die Struktur kann aber auch die verschiedenen Geschäftsbereiche als Grundlage haben. „Es gibt keine strikte globale Struktur“, sagt EY-Berater Mertin. „Die Global-Business-Services- beziehungsweise Shared Service Center-Organisation muss immer an den geschäftlichen Bedürfnissen ausgerichtet sein“.

Um solche Strukturen erfolgreich zu etablieren, müssen Konzerne etwa fünf bis zehn Jahre veranschlagen. „Manche Multinationals benötigen sogar noch länger, um die Strukturen optimal aufzustellen.“ Bislang hat es dem EY-Experten zufolge noch kein Großkonzern weltweit geschafft, eine multifunktionale, globale Business Service-Struktur aufzubauen, in der alle Prozesse integriert sind und alles end-to-end abgewickelt wird.

Denn immer wieder treten bei den weltweit verteilten Shared Service Centern Probleme auf. Oft mangelt es schlicht an Kommunikation zwischen einzelnen Centern. Bisweilen unterscheiden sich auch die Arbeitsverfahren und Standards. Das erschwert die Arbeit derjenigen, die auf die unterschiedlichen Service-Center gemeinsam angewiesen sind.

sabine.paulus[at]finance-magazin.de