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Thyssenkrupp rührt Werbetrommel für Spin-off von Marine Systems

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Die Marinesparte von Thyssenkrupp, TKMS, könnte bald an der Börse aufschlagen. Foto: dieter76 - stock.adobe.com
Die Marinesparte von Thyssenkrupp, TKMS, könnte bald an der Börse aufschlagen. Foto: dieter76 - stock.adobe.com

Das Management und der Aufsichtsrat des Stahlkonzerns Thyssenkrupp werben für die neuen Pläne für Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS). Am heutigen Freitag sollen die Aktionärinnen und Aktionäre auf einer außerordentlichen Hauptversammlung darüber abstimmen, ob die Marine-Tochter verselbstständigt werden soll. Das geht aus der Rede des Vorstandsvorsitzenden Miguel López hervor.

Konkret sehen die Pläne folgendermaßen aus: TKMS soll künftig von einer neuen Holding-Gesellschaft gehalten werden. Der Mutterkonzern soll weiterhin 51 Prozent behalten, während die verbleibenden 49 Prozent der Aktien an die Thyssenkrupp-Aktionärinnen und -Aktionäre übertragen werden sollen. Anschließend soll der Gang an die Börse erfolgen. Dies soll noch in diesem Jahr geschehen.

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TKMS bleibt offen für neue Partnerschaften

„TKMS bekommt direkten Zugang zum Kapitalmarkt und kann Investitionen in neue Technologien und Märkte aus eigener Kraft vorantreiben“ begründet Konzernchef Miguel López die Strategie in der vorab veröffentlichten Rede. Die größere unternehmerische Freiheit soll dem Marineschiffbauer bessere Wachstumschancen eröffnen.

Außerdem hält sich Thyssenkrupp mit dem geplanten Spin-off die Option für den Verkauf weiterer Anteile offen. „Die gewählte Struktur kann langfristig nicht nur neue strategische Partnerschaften ermöglichen, sondern eröffnet auch den Handlungsrahmen für eine aktive Rolle von TKMS bei der erwarteten Konsolidierung der europäischen Verteidigungsindustrie“, heißt es in der Rede. Deshalb „sind und bleiben wir auch künftig offen für Gespräche“, so Thyssenkrupp-Chef López.

Gescheiterter Carlyle-Deal als Wendepunkt für TKMS

Die Marinesparte steht bereits seit langer Zeit auf der Trennungsliste des Stahlkonzerns. Mehrere Anläufe, TKMS auf eigene Beine zu stellen, scheiterten in der Vergangenheit. Erst im Oktober hatte der US-Investor Carlyle sein Interesse an einer Übernahme zurückgezogen. Als Grund wurde in Finanzkreisen der Widerstand aus den Reihen der Bundesregierung gemunkelt. Beide Beteiligten äußerten sich damals nicht zu der Entscheidung.

Infolgedessen prüfte Thyssenkrupp eigenen Angaben zufolge drei Wege: einen Börsengang, die Beteiligung des Bundes sowie industrielle Partnerschaften. Die Entscheidung für einen der drei Wege könnte mit der heutigen Abstimmung der Aktionäre auf die erste Option fallen.

Startschuss für Thyssenkrupp-Konzernzerschlagung

Die geplante TKMS-Abspaltung ist mehr als nur die Verselbstständigung einer Tochter – sie markiert einen weiteren Schritt zur kompletten Neuordnung des Traditionskonzerns. Erst Ende Mai hatte der kriselnde Industriekonzern wieder einmal seine Zerschlagung bekanntgegeben. Das Management um den Vorstandsvorsitzenden Miguel López will dem Aufsichtsrat noch in diesem Geschäftsjahr, das am 30. September endet, ein entsprechendes Konzept vorstellen.

Konkret sollen schrittweise alle Geschäftsbereiche des Konzerns verselbstständigt und für die Beteiligung Dritter geöffnet werden, teilte das Unternehmen mit. Die Transformation von Thyssenkrupp von einem traditionellen integrierten Industriekonzern zu einem Portfolio eigenständiger Unternehmen wäre ein historischer Schritt – und der Spin-off inklusive Börsengang der Marinesparte ein Lackmustest für den seit gut zwei Jahren amtierenden CEO López.

TKMS-Geschäft trotzt Konzernkrise

Der in Kiel ansässige U-Boot- und Fregattenbauer beschäftigt rund 8.200 Mitarbeiter und hat sich seit 2017 durch strategische Zukäufe neu aufgestellt. Die Übernahme von Atlas Elektronik ermöglichte komplexe Marinelösungen aus einer Hand. Die Integration der Wismarer Werft 2022 erweiterte die Produktionskapazitäten.

Die Zahlen sprechen für das Geschäftsmodell: Der Auftragsbestand sei seit vergangenem September um mehr als 50 Prozent auf über 18 Milliarden Euro gestiegen, so der Konzernchef. López hebt das „robuste, cash-generierende Geschäftsmodell“ hervor, das über Jahre verlässliche Zahlungsströme generiere. Gleichzeitig investiere TKMS in Zukunftstechnologien wie ferngesteuerte Systeme, künstliche Intelligenz und digitale Plattformen. Ende Juni hat TKMS außerdem einen Großauftrag des Bundes von mehr als 800 Millionen Euro erhalten.

Im ersten Halbjahr 2024/2025 erzielte TKMS einen Umsatz von gut 1,1 Milliarden Euro und einen bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) in Höhe von 62 Millionen Euro. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einem Wachstum von 14 Prozent beim Umsatz und stolzen 47 Prozent beim Ebit. Einzig an der Ebit-Marge muss TKMS noch arbeiten: Sie lag nach dem ersten Halbjahr mit 5,6 Prozent zwar über dem Vorjahreswert von 4,4 Prozent, ist aber ausbaufähig.

Esra Laubach ist Redakteurin bei FINANCE und widmet sich schwerpunktmäßig den Themen Transformation, Restrukturierung und Recht. Sie ist Sprach- und Kommunikationswissenschaftlerin. Vor FINANCE war sie rund fünf Jahre als Legal-Journalistin für den Juve Verlag in Köln tätig, wo sie auch ihr journalistisches Volontariat absolvierte. Esra Laubach arbeitete während ihres Studiums multimedial u.a. für das ARD-Morgenmagazin, mehrere Zeitungen und moderierte beim Hochschulradio Kölncampus.

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