Herr Schober, in wenigen Tagen gehen Sie in den Ruhestand, die vergangenen acht Jahre waren Sie Chef der Hannover Finanz. Wie hat sich das Portfolio der Hannover Finanz unter Ihrer Regie verändert?
Die Veränderungen sind deutlich, weil wir schon im Vorfeld meiner Amtsübernahme 2009 beschlossen hatten, unser Beteiligungsportfolio zu straffen. In den letzten acht Jahren ist die Hannover Finanz 25 neue Beteiligungen eingegangen und hat in diese Transaktionen 430 Millionen Euro investiert. Das durchschnittliche Eigenkapitalticket lag also bei etwa 17 Millionen Euro. In den acht Jahren davor hat die Hannover Finanz nur 350 Millionen Euro investiert, diese allerdings in 42 Beteiligungen.
Damit hat sich unter Ihnen das durchschnittliche Equity-Ticket mehr als verdoppelt. Warum?
Das war eine bewusste Strategie, weil wir das Risiko in unserem Portfolio reduzieren wollten. Investments in sehr kleine Unternehmen tragen aus meiner Sicht ein höheres Risiko, weil es für einen kleinen Mittelständler extrem schwer ist, einen guten neuen Manager zu finden, wenn derjenige, in den Sie investiert haben, ausfällt oder geht.
Weniger Minderheitsbeteiligungen bei Hannover Finanz
Trotzdem haben Sie die Hannover Finanz im Small-Cap-Segment gehalten. Warum sind Sie nicht in den Mid-Market vorgedrungen, wo Sie in noch breiter aufgestellte Unternehmen investieren könnten?
Wir haben das nicht getan, weil der Wettbewerb dort noch viel größer ist als im Small-Cap-Segment. Deshalb muss man als Investor dort noch komplexere Wertsteigerungsstrategien aufsetzen und die Zielunternehmen häufig stark umbauen, um am Ende eine gute Rendite zu erzielen. Die Hannover Finanz betrachtet sich aber nach wie vor als einen eher ruhigen Gesellschafter.
Dazu passt aber nicht so recht, dass Sie immer weniger Minderheitsbeteiligungen und Mezzanine-Finanzierungen machen, das alte Stammgeschäft der Hannover Finanz.
Das war keine strategische Vorstandsentscheidung, sondern ist notgedrungen so gekommen. Selbst kleinere Mittelständer hatten in den vergangenen Jahren hervorragende Alternativen zum Einstieg eines Minderheitsinvestors. Die Bankkredite sprudeln, und selbst kleine Mittelständler können inzwischen zu Top-Konditionen Schuldscheine begeben.
„Die Hannover Finanz betrachtet sich nach wie vor als einen eher ruhigen Gesellschafter.“
Andreas Schober: „Es ist eng geworden am PE-Markt“
So wie Sie den Markt beschreiben, ist es keine leichte Zeit für Private-Equity-Investoren.
In der Tat. Wie sich der deutsche Beteiligungsmarkt während meiner Amtszeit entwickelt hat, ist wenig erfreulich – zumindest für die Anbieter von Beteiligungskapital. Schauen Sie sich nur an, wie eng es am Markt geworden ist.
Laut Ihres Branchenverbands BVK ist die Anzahl der Professionals, die in Deutschland für Private-Equity-Häuser arbeiten, seit der Finanzkrise von 1.100 auf 1.800 gewachsen – ein Anstieg von 60 Prozent.
Genau. Aber weder der breite Beteiligungsmarkt noch der Mid-Market wachsen. Auch deshalb sind die Kaufpreise so stark gestiegen, und Investitionsmöglichkeiten ergeben sich fast nur noch aus strukturierten M&A-Auktionen.
„Die Hannover Finanz muss noch weitere Nischen besetzen.“
Wie haben Sie und Ihr Nachfolger Goetz Hertz-Eichenrode die Hannover Finanz dafür aufgestellt?
Auch wir haben unser Team vergrößert, vor allem aber die Teamstruktur verändert. Statt vier Vorständen gibt es jetzt nur noch zwei. Dafür haben wir darunter eine achtköpfige Partnerebene eingezogen. Alle Partner sind vertriebsstark, sie müssen sich darauf verstehen, Beteiligungsmöglichkeiten aufzuspüren. Jede Woche trifft sich dieser Personenkreis, um neue Deal-Möglichkeiten zu diskutieren. Früher ging das alles viel langsamer. Aber wenn wir uns nicht angepasst hätten, würden wir heute bei vielen M&A-Prozessen den Anschluss verlieren. Auch in der Abwicklung von Projekten sind wir schneller geworden. Wir machen bei weitem nicht mehr so viel selbst wie früher. Wie eine Menge anderer Private-Equity-Häuser lagern auch wir viele Due-Diligence-Prozesse inzwischen an Dienstleister aus.
Reicht das, um die Hannover Finanz wettbewerbsfähig zu halten?
Nein, auch wir mussten uns fokussieren. Wir zählen uns zwar immer noch zu den langfristigsten Investoren im deutschen Mittelstand, und das halte ich für ein zentrales Alleinstellungsmerkmal. Aber wir müssen noch zusätzliche Nischen besetzen. Dazu zählen wir zum Beispiel unsere Fähigkeit, auch komplexe Deal-Situationen zu managen und den Verkäufern von Unternehmen eine hohe Abschlusssicherheit zu bieten. Nehmen Sie als Beispiel unseren Einstieg bei dem Krefelder Automobilzulieferer PWK. Parallel zur Verhandlung des Buy-outs haben wir schon den ersten Add-on-Zukauf angestoßen, und das war ein Unternehmen aus der Insolvenz.
Auch Hannover Finanz litt während der Finanzkrise
Was waren Ihre persönlichen Highlights und Tiefpunkte der letzten acht Jahre?
Mein Einstieg im Jahr 2009 war gleich ein Tiefschlag. 2009 war ein echtes annus horribilis. Auch in unserem Portfolio hat es an vielen Stellen gebrannt, wir mussten viele Feuerwehreinsätze durchführen. Bei einem Unternehmen hat aber unser ganzer Einsatz nicht gereicht, 2010 haben wir einen Maschinenbauer in die Insolvenz verloren. So etwas tut weh. Aber immerhin haben wir selbst 2009 und 2010 über unser gesamtes Portfolio betrachtet keinen Verlust gemacht.
Danach wurde es besser.
Ja, Gott sei Dank. Dass wir von 2014 bis 2016 drei Rekordergebnisse hintereinander erzielen konnten, zeigt, dass wir gut gearbeitet haben. Unsere jährliche Rendite ist nach wie vor deutlich zweistellig und hat sich über die Zeit kaum verändert – im Gegensatz zum breiten Markt. Als mein persönliches Highlight betrachte ich aber, dass der Umbau unseres Teams ein Erfolg geworden ist. Wir haben einen guten Spirit im Haus, die jungen Kollegen sehen, dass sie Entwicklungschancen haben. Um die Zukunft der Hannover Finanz ist mir nicht bange.
„2009 war ein echtes Horrorjahr.“
Info
Wie es anderen Finanzinvestoren am hart umkämpften deutschen PE-Markt geht, zeigt ein Blick auf unsere Themenseite Private Equity.