„Aktuell bündelt sich das Kapital, das in junge Firmen investiert wird, bei einigen wenigen starken Fonds“, sagte Rainer Märkle, Partner bei Holtzbrinck Ventures, in dieser Woche im Gespräch mit dem Portal „Gründerszene“. Spätestens jetzt gehört auch sein Haus dazu: Es hat einen neuen Fonds über 535 Millionen Euro eingeworben. Für die deutsche Venture-Capital-Szene ist das ein gewaltiges Volumen.
Um die seit zehn Jahren etablierte Unabhängigkeit von der gleichnamigen Verlegerfamilie zu unterstreichen, nutzt Holtzbrinck Ventures das erfolgreiche Fundraising auch gleich noch, um sich einen neuen Namen zu geben: HV Capital.
HV Capital wächst auf 1,7 Milliarden Euro
Zu den Investoren des neuen Fonds zählen LPs wie Pathway Capital und Harbour Vest, aber auch der Europäische Investitionsfonds (EIF), der bei fast jedem größeren Venture-Capital-Fundraising als Cornerstone-Investor mit von der Partie ist. Außerdem haben Märkle zufolge auch 50 Unternehmer Geld gegeben, darunter die Gründer von Zalando, Hellofresh, Flixbus und Trivago. Durch den neuen Fonds wächst das verwaltete Vermögen von HV Capital um knapp die Hälfte auf 1,7 Milliarden Euro.
Mit einer Historie von 20 Jahren gehört HV Capital zu den ältesten deutschen VC-Fonds – und zu den erfolgreichsten. Das VC-Haus war an fast allen Tech-Erfolgsgeschichten beteiligt, die Deutschland in den vergangenen Jahren hervorgebracht hat, beispielsweise Zalando, Delivery Hero und Hello Fresh. Das aktuell bekannteste Portfoliounternehmen ist Flixbus. An dem Fernbusbetreiber, der sich gerade zur verkehrsmittelübergreifenden Mobilitätsplattform wandelt, hält HV Capital rund 10 Prozent.
HV Capital will Einhörner bauen
Mit dem neuen Fonds passt HV Capital auch seine Investmentstrategie an. Bislang hat sich das Haus stark auf Frühphasen-Investments konzentriert. Märkle beschreibt das bisherige Unternehmensmotto so: „Sind wir am Anfang nicht dabei, kommen wir auch später nicht mehr an Bord.“ Dadurch habe HV Capital aber einige lukrative Investments verpasst. Märkle nennt Auto1 und GetyourGuide.
Beide hatten zwischenzeitlich den Status eines Einhorns erreicht, jeweils angetrieben von Finanzspritzen der japanischen Softbank. Doch während Auto1 sich von den Corona-Einbußen schon wieder erholt und angeblich sogar einen Börsengang plant, musste sich GetyourGuide unlängst frisches Kapital besorgen, in erster Linie um finanziell über Wasser zu bleiben. Das Grounding des Tourismus hat das Geschäftsmodell der Erlebnisplattform zumindest aktuell zerrüttet.
Bei Unternehmen auf dem Weg zum Einhornstatus will HV Capital künftig häufiger mit von der Partie sein. Voraussetzung dafür ist die Bereitschaft, auch in späten Finanzierungsrunden einzusteigen, mit entsprechend höheren Summen.
Aktuell ist von diesem Strategieschwenk jedoch noch nichts zu sehen. In diesem Jahr hat HV Capital erst fünf neue Investments getätigt, vier davon entfielen auf das Segment „Early Stage“. Das einzige Wachstumsinvestment war eine Geldspritze für das Fintech Solarisbank. Damit hinkt die aktuelle Schlagzahl der des Vorjahres deutlich hinterher: 2019 hatte HV Capital sich noch an 16 Unternehmen beteiligt.