Deutsche Technologieunternehmen waren bisher nicht gerade die Lieblingsinvestitionsziele von großen Private-Equity-Investoren. Das hatte einen handfesten Grund: Die meisten dieser Unternehmen waren zu jung, zu unprofitabel und damit zu riskant für die Finanzinvestoren. Gleichzeitig sorgt die schwache Verfügbarkeit von Venture Capital dafür, dass viele deutsche Tech-Unternehmen, wenn sie die Gewinnschwelle erreichen, ihre Zielmärkte nicht breit genug abdecken – anders als etwa ihre US-Konkurrenten.
Trotzdem legt die Private-Equity-Branche ihre Zurückhaltung ab, meint Julian Riedlbauer von der auf Tech-Deals spezialisierten M&A-Beratung GP Bullhound. „Der Anlagedruck der Private-Equity-Fonds wird immer größer und die Investmentmöglichkeiten in den ihnen gut bekannten Sektoren werden immer weniger“, so Riedlbauer. „Vor allem aber sind viele junge Technologieunternehmen größer geworden und mittlerweile profitabel, was sie für Private-Equity-Häuser investierbar macht.“
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Tech-Fonds à la Digital+ sind die Ausnahme
„Im Technologiesektor gibt es in Deutschland außerdem nicht so viele Strategen, die den Markt konsolidieren“, führt Riedlbauer weiter aus. Das biete Finanzinvestoren gute Buy-and-Build-Möglichkeiten bei gleichzeitig „überschaubar hohen“ Multiples, wie er meint. Zu den hierzulande aktivsten Tech-Investoren zählt der M&A-Berater derzeit neben den traditionell technologieaffinen Summit Partners, HG Capital, Carlyle, EQT, Vitruvian und General Atlantic auch eigentlich konventionell agierende Häuser wie Bregal, Emeram, Afinum, Gilde, Equistone, Capvis sowie die etwas größeren Bain und Advent.
Der eine Trend, der für eine wachsende Anzahl an Tech-Investments sorgt: „Viele große PE-Fonds machen inzwischen nicht mehr nur Mehrheitsinvestments, sondern beteiligen sich auch schon mit Minderheitsinvestments ab 25 Millionen Euro an Technologieunternehmen“, beobachtet Riedlbauer.
Trend Nummer Zwei: Punktuell entstehen auch neue spezialisierte Technologie-Fonds wie beispielsweise Lea Partners oder Digital+. Letztgenanntes Haus hat seinen ersten Fonds jüngst bei 350 Millionen Euro geschlossen und plant, die Lücke zwischen den großen Private-Equity-Häusern und den Wagniskapitalgebern zu schließen. Nach wie vor sind solche Spezialisten aber eine Randerscheinung in der deutschen Private-Equity-Szene.
Tech-Multiples zwischen 8x und 20x Ebitda
Im Fokus der Finanzinvestoren stehen vor allem Software-Unternehmen, IT-Dienstleister, Digitalagenturen, Online-Shops und E-Commerce-Unternehmen, aber auch Zahlungsdienstleister, in deren Branche sich die großen globalen Fonds bereits kräftig eingekauft haben. Die Bewertungen, die gezahlt werden, sind stark vom Wachstum und der Umsatzqualität sowie dem Internationalisierungsgrad der übernommenen Unternehmen abhängig.
„Die Multiples für deutsche Technologieunternehmen beginnen derzeit bei 8x bis 10x Ebitda.“
„Die Multiples für deutsche Technologieunternehmen beginnen derzeit bei 8x bis 10x Ebitda“, erzählt Riedlbauer. Bei SaaS-Geschäftsmodellen (Software as a Service), die stark skalierbar sind und deshalb ein hohes Gewinnwachstum in der Zukunft versprechen, könnten sie aber auch bis auf das 15- bis 20-fache des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) beziehungsweise auf das 8- bis 10-Fache des Umsatzes ansteigen.
Am meisten Aktivität beobachtet der M&A-Berater bei Deals mit Unternehmenswerten (Enterprise Value) zwischen 40 und 500 Millionen Euro. „Die Mehrheit bewegt sich aber in einer Bandbreite von 50 bis 200 Millionen Euro.“
Bei der aufgebürdeten Schuldenlast (Leverage) lassen die Finanzinvestoren nach Einschätzung des M&A-Beraters bisher aber noch Vorsicht walten: „Im Schnitt liegt der Leverage für Technologieunternehmen zwischen 3x und 4x Ebitda.“ Bei profitablen SaaS-Geschäftsmodellen sei aber auch mehr als 4x Ebitda zu beobachten.
„Im Schnitt liegt der Leverage für Technologieunternehmen zwischen 3x und 4x Ebitda.“
Debt-Fonds erleichtern Tech-Finanzierung
Für die Finanzierung dieser Deals bringen sich spezialisiert Tech-Investmentbanken wie Oppenheimer oder die Silicon Valley Bank ins Spiel. Klassische Großbanken hingegen meiden den Sektor häufig, weil Tech-Unternehmen so gut wie keine Kreditsicherheiten vorweisen können. Das ist eine perfekte Bühne für Debt-Fonds.
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Sie schütteln klassische Banken laut Riedlbauer spätestens dann ab, wenn bei der Finanzierung nicht mehr auf das normale, sondern auf das bereinigte Ebitda geboten wird. Dieses berücksichtigt beispielsweise noch nicht realisierte Kostenprogramme oder kommende Synergien aus Add-on-Akquisitionen – beides ist mit einer deutlichen Unsicherheit behaftet. „Debt-Fonds zeigen sich hier häufig flexibler“, so Riedlbauer. „Sie arbeiten sich tiefer in die Branche und das Geschäftsmodell ein und fühlen sich dann wohler damit, auch schwerer quantifizierbare Risiken einzugehen“, meint Riedlbauer.
Bekannte deutsche Technologieunternehmen wie Teamviewer, Transporeaon, Ratepay, Magix, KFZ-Teile24.de, PIA, Chal-Tec, Teufel, Medifox oder Best Secrets befinden sich schon in Private-Equity-Hand, weitere könnten in diesem und den nächsten Jahren reif für einen Private-Equity-Deal werden. Doch solange das Venture-Capital-Volumen in Deutschland nicht deutlich ansteigt, ist auch nicht damit zu rechnen, dass die Tech-Private-Equity-Deals aus ihrem Nischendasein herauskommen. Doch der Wettbewerb wird auch dort intensiver.
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