Kurssprung bei der Adler Group: Der Aktienkurs des Immobilienunternehmens, das derzeit einer Shortseller-Attacke von Fraser Perring ausgesetzt ist, ist am heutigen Freitagmorgen um fast 11 Prozent auf über 12 Euro gestiegen. Vor wenigen Tagen noch war die Aktie um fast 30 Prozent abgestürzt, nachdem der berüchtigte Investor dem Konzern in einem 61-seitigen Schreiben angeblichen Betrug und Bilanzungereimtheiten vorgeworfen hatte.
Der Grund für den heutigen Kursanstieg war allerdings nicht die vom Markt ersehnte Stellungnahme des Unternehmens, in dem es auf die Vorwürfe von Perring ausführlich eingehen will, sondern eine Meldung des Adler-Großaktionärs Aggregate. Hinter Aggregate steht der österreichische Investor Günther Walcher.
Vonovia sichert sich Adler-Kaufoptionen
Wie Aggregate mitteilte, hat sich der Dax-Konzern Vonovia eine Kaufoption über 13,3 Prozent der Adler-Anteile gesichert. Vonovia bestätigte die Meldung am heutigen Vormittag und teilte mit, dass der Ausübungspreis je Aktie bei 14 Euro liegt. Das ist zwar über dem gestrigen Schlusskurs von rund 11,50 Euro. Trotzdem wäre es noch verhältnismäßig günstig, denn vor der Attacke durch Perring rangierte der Kurs zum Teil weit über 15 Euro je Papier, im Sommer etwa noch bei über 26 Euro.
Der Kauf von 13 Prozent der Adler-Anteile würde Vonovia knapp 220 Millionen Euro kosten. Die Kaufoption kann Vonovia innerhalb der nächsten 18 Monate ziehen. Sie ist einer Vonovia-Sprecherin zufolge kein langfristig geplanter Schritt des Konzerns. Man habe ein „Angebot im Markt genutzt“ und könne nun in den nächsten eineinhalb Jahren „das Immobilienportfolio sorgfältig prüfen“ und „ohne Zeitdruck entscheiden, ob sich ein Engagement lohnt“, heißt es in einem Statement von Vonovia.
Der Immobilienkonzern kann nach der Prüfung des Portfolios frei entschieden, die Option doch nicht zu ziehen. „Mit dem Kauf dieser Call-Optionen haben wir keinerlei Entscheidungen vorweggenommen“, betont der Dax-Konzern. Ob bei einer Nichtinanspruchnahme der Option Abwicklungs- oder andere Kosten anfallen, ist nicht bekannt.
Aggregate ist nach Angaben von Adler derzeit mit 26,59 Prozent an der Adler selbst beteiligt, weitere 5,02 Prozent entfallen auf einen Fonds des Vermögensverwalters Fairwater Capital. Die restlichen 68,39 Prozent befinden sich im Streubesitz. Würde Vonovia die Kaufoption komplett ziehen, sänke der Anteil von Aggregate um die Hälfte auf rund 13,29 Prozent, die Aktienpakete von Aggregate und Vonovia wären dann fast gleich groß.
Vonovia will Immobilienmarkt stabilisieren
Warum sichert sich Vonovia ausgerechnet jetzt eine Kaufoption auf Adler-Aktien, wo doch die Shortseller-Attacke viel Unsicherheit verursacht hat? Vonovia sieht sich angesichts der derzeitigen Unruhen um Adler in der Verantwortung, die Wogen am Immobilienmarkt zu glätten. „Wir haben als großes Immobilienunternehmen eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und für einen stabilen Wohnungsmarkt“, erklärte eine Vonovia-Sprecherin auf Nachfrage von FINANCE.
Daher habe man „in Absprache mit den bei Aggregate engagierten Banken ein Darlehen in einem niedrigen dreistelligen Millionenbetrag zu üblichen Konditionen ausgereicht“. Wie die Sprecherin weiter mitteilte, ist die Kaufoption daher eine Art „Gegenleistung“ für das Darlehen. Mit der finanziellen Unterstützung von Adler will Vonovia unter anderem einen Vertrauensverlust in die Branche sowie Unsicherheit bei Mietern vermeiden, betont die Vonovia-Sprecherin. „Niemand hat ein Interesse an einer instabilen Adler.“
Die finanziellen Mittel aus dem Darlehen will Aggregate dazu nutzen, um wiederum ein bei Adler ausstehendes Darlehen zurückzuzahlen, das Aggregate im Rahmen der Beteiligung an Adler eingegangen war. „Mit der Vereinbarung [mit Vonovia, Anm. d. R.] kann Aggregate die Weiterentwicklung der Adler Group unterstützen. Sie demonstriert die Stärke der Adler Group […]“, heißt es in der Mitteilung von Aggregate.
Machen Shortseller mit Adler-Aktien Verluste?
Dieser Schritt dürfte den finanziellen Spielraum von Adler wieder erhöhen. Das Unternehmen, das mit einer hohen Verschuldungsquote zu kämpfen hat, hatte vor Kurzem angekündigt, den Verkauf von Immobilienportfolien zu prüfen. Die Verschuldungsquote spielt auch eine wichtige Rolle bei der Shortseller-Attacke von Perring: Dieser behauptet, die Quote sei in Wirklichkeit deutlich höher, als Adler offiziell ausweisen würde, unter anderem, weil der Wert der Immobilien geringer sei, als ihn Adler bilanziert. Den Vorwurf der angeblich zu hohen Bewertung hat Adler bereits scharf zurückgewiesen.
Die Unterstützung von Vonovia für das von Fraser Perring attackierte Unternehmen hat aber nicht nur Auswirkungen auf Adler selbst, sondern auch auf diejenigen Anleger, die bei Adler Short-Positionen aufgebaut hatten. Da der Adler-Kurs seit der Veröffentlichung der Meldung zur Kaufoption von Vonovia deutlich angestiegen ist, müssen diese Anleger mit Verlusten rechnen. Ob Fraser Perring seine Short-Position noch hält und somit auch Verluste verbuchen muss, ist nicht bekannt. Fakt ist aber: Shortseller, die Papiere zurückkaufen, um ihre Verluste zu minimieren, sorgen auch dafür, dass der Aktienkurs von Adler weiter steigt.
olivia.harder[at]finance-magazin.de
Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.