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Analyst warnt Henkel vor Wella-Übernahme

Gefährliche Versuchung? Warburg Research warnt Henkel davor, nach dem Dauerrivalen Wella zu greifen.
Henkel

Klare Ansage an die Henkel-Führung, die Finger von dem alten Rivalen Wella zu lassen: „Ich bezweifele, dass der Markt eine Wella-Übernahme honorieren würde“, schreibt Henkel-Analyst Jörg Philipp Frey von Warburg Research in einem Kommentar zu den Übernahmegerüchten, die seit Mitte vergangener Woche die Runde machen. „Henkel sollte den Deal nicht machen“, rät der Analyst.  

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Doch der Appetit bei den Strategen des Dax-Konzerns, den Deal zu machen, könnte groß sein. Schließlich hat sich Henkel in den zurückliegenden zwanzig Jahren schon mehrfach um die Darmstädter Haarpflegemarke bemüht, in den entscheidenden Auktionsprozessen aber immer den Kürzeren gezogen. Vielleicht zum Glück, denn den Siegern dieser M&A-Prozesse hat Wella kein Glück gebracht: Weder der US-Konsumgüterriese Procter & Gamble, der Wella 2003 akquirierte, noch der US-Kosmetikhersteller Coty, der Wella 2015 von P&G übernahm, konnten die am M&A-Markt schon immer hoch bewertete deutsche Traditionsmarke erfolgreich weiterentwickeln. 

Genau dieser Aspekt alarmiert Warburg-Analyst Frey, denn auch Henkels Haarpflegegeschäft verzeichnet hartnäckige Umsatzrückgänge, und das, obwohl es in der aktuellen Konjunkturphase eigentlich eine Kompensation für die zyklischen Rückgänge im Klebstoffgeschäft liefern sollte: „Zwei schrumpfende Marken zusammenzubringen, beschleunigt für gewöhnlich die Blutung nur noch mehr. Vor diesem Hintergrund wäre ein Wella-Kauf durch Henkel eine Hochrisiko-Transaktion.“

FINANCE-Köpfe

Carsten Knobel, Henkel AG & Co. KGaA

Carsten Knobel startet seine berufliche Karriere 1995 als Assistent des damaligen Forschungsvorstands bei Henkel. Es folgt der Wechsel ins Controlling, wo er einige Jahre das internationale Marketing-Controlling der strategischen Geschäftseinheit Haar im Unternehmensbereich Kosmetik und Körperpflege (heute Beauty Care) leitet. Von 2000 bis 2002 ist Knobel innerhalb des Kosmetik-Geschäfts für das Controlling in den Regionen Nordamerika, Lateinamerika und Asien zuständig. 2002 verantwortet er als International Marketing Manager die Schwarzkopf-Marke Taft. 2003 wird er Direktor für Business Development im Geschäftsbereich Kosmetik und Körperpflege.

Ab 2006 leitet Knobel als Corporate Vice President die Konzernstrategie und das Konzerncontrolling von Henkel. 2009 steigt er zum Corporate Senior Vice President auf und übernimmt zusätzlich die Funktion des Finanzdirektors für den Unternehmensbereich Kosmetik und Körperpflege. Im Juli 2012 wird Carsten Knobel als CFO in den Vorstand berufen. Dort verantwortet er neben dem Unternehmensbereich Finanzen auch die Bereiche Einkauf und Integrated Business Solutions. Im Oktober 2019 wird Knobel zum Henkel-Chef befördert, seinen Posten tritt er im Januar 2020 an.

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Und außerdem auch noch eine Belastung für das Standing des Konzerns am Kapitalmarkt: Solange Henkel nicht der Turnaround des eigenen Haarpflegegeschäfts gelänge, wäre die Glaubwürdigkeit des Managements, ausgerechnet Wella auf den Wachstumspfad zurückführen zu können, ausgesprochen niedrig, mahnt Frey – und argumentiert: „Schon die beiden Industriegrößen Coty und P&G sind daran gescheitert.“ 

Wella-Übernahme würde Henkel das A-Rating kosten

Die Entscheidung darüber, ob Henkel dieses Wagnis eingehen wird oder nicht, dürfte ganz zentral bei Carsten Knobel liegen. Der amtierende CFO wird zum Jahreswechsel zum CEO des Dax-Konzerns aufsteigen, wie Henkel am Donnerstagabend bekanntgegeben hatte.

Aus Sicht des Finanzmanagers Knobel spräche freilich wenig gegen einen Deal. Henkel ist mit weniger als 1x Ebitda verschuldet und verfügt über ein starkes A-Rating. Selbst nach einer Wella-Übernahme würde der Leverage unter 2x Ebitda bleiben, hat Frey ausgerechnet. „Henkel könnte einen Deal komplett fremdfinanzieren – zu Zinskosten von nicht mehr als 1,5 Prozent“, schätzt der Analyst. „Aber das A-Rating wäre dann weg.“

Noch zusätzlich belastet wird die Stimmung bezüglich einer möglichen Wella-Übernahme durch das Vorgehen des Verkäufers: Obwohl das Verkaufsobjekt schwächelt und es sich de facto um einen Notverkauf handelt, weil Coty offenbar damit überfordert ist, die Probleme von Wella zu lösen, haben die Amerikaner ausgesprochen ehrgeizige Preisvorstellungen. 

„Henkel könnte einen Deal komplett fremdfinanzieren – zu Zinskosten von nicht mehr als 1,5 Prozent.“

Jörg Philipp Frey, Analyst, Warburg Research

Coty will offenbar fast 5 Milliarden Dollar für Wella

Das Management von Coty – eine Mehrheitsbeteiligung der deutschen Unternehmerfamilie Reimann – hat das Ziel ausgegeben, durch den Verkauf des Markenportfolios, dessen Kern Wella ist, den eigenen Leverage auf rund 3x Ebitda zu senken. Gestützt auf öffentlich zugängliche Bilanzdaten von Coty glaubt Frey daraus ableiten zu können, dass die Amerikaner für den Deal fast 5 Milliarden Dollar haben möchten.

Dies entspräche einem Umsatz-Multiple von 1,8x und einem Ebit-Multiple von 18x. Zum Vergleich: Henkel handelt derzeit zu einem Ebit-Multiple von 14,5x, und die FINANCE-Multiples sind noch niedriger. Die FINANCE-Multiples-Experten taxieren die derzeit marktübliche Unternehmensbewertung großer Chemie- und Kosmetikproduzenten in M&A-Prozessen auf 10,0 bis 12,3x Ebit.

Bei Wella würde die hohe Bewertung mit einem Geschäft korrespondieren, das nach Schätzung von Warburg Research organisch um 5 Prozent schrumpft und mit einer Ebit-Marge operiert, die mit 10 Prozent immer noch hoch ist, ihre besten Tage aber bereits gesehen hat.

Info

Kaum befördert, schon wartet eine schwierige Entscheidung auf den designierten Henkel-Chef. Mehr über den Noch-Finanzchef erfahren Sie im FINANCE-Köpfe-Profil von Carsten Knobel.

Aktuelle M&A-Bewertungen für 16 Branchen in jeweils drei Größenklassen liefern die FINANCE-Multiples.

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