Vor fast genau einem Jahr verkaufte Delivery Hero sein Deutschlandgeschäft für eine knappe Milliarde Euro an den niederländischen Konkurrenten Takeaway. Jetzt wird der Berliner Essenslieferdienst erneut in der Weihnachtszeit am M&A-Markt aktiv: Das MDax-Unternehmen will den südkoreanischen Wettbewerber Woowa Brothers übernehmen, wie Delivery Hero am heutigen Freitag mitteilte.
Die Berliner haben sich über vertragliche Vereinbarungen bereits 82 Prozent an Woowa gesichert. Diese Anteile gehören bislang dem Management von Woowa sowie einer Reihe von Finanzinvestoren, zu denen Medienberichten zufolge unter anderem Goldman Sachs, Hillhouse Capital oder Sequoia Capital China gehören.
Im Zuge dieser Transaktion werde Woowa auf bargeldloser und schuldenfreier Basis mit 4 Milliarden US-Dollar (umgerechnet 3,6 Milliarden Euro) bewertet, teilte Delivery Hero mit. Zum Unternehmenswert inklusive Schulden wollte das Unternehmen auf FINANCE-Anfrage keine Angaben machen.
Delivery Hero erwartet Closing im zweiten Halbjahr 2020
Langfristig will Delivery Hero die Südkoreaner komplett übernehmen. Weitere Eigner können ihre Anteile daher noch zu gleichen Bedingungen einreichen wie die Finanzinvestoren, dann würden die Berliner 88 Prozent besitzen. Die verbleibenden zwölf Prozent könne Delivery im Laufe von zwei bis vier Jahren gegen eigene Aktien erwerben.
Die Transaktion unterliegt neben der kartellrechtlichen Zustimmung auch noch bestimmten Bedingungen, die die Finanzierung betreffen. Das Closing des Deals wird für die zweite Jahreshälfte des kommenden Jahres erwartet.
Delivery Hero kauft mit Woowa die Nummer 1 in Korea
Mit dem Zukauf will Delivery Hero seine Präsenz im schnell wachsenden asiatischen Markt ausbauen. Die Berliner erzielen auf dem Kontinent bislang etwa 30 Prozent ihrer Umsätze. Dieser Anteil soll künftig gemeinsam mit Woowa wachsen.
Das Unternehmen betreibt mit Baedal Minjok den größten Online-Essenslieferservice in Südkorea. Allein in den ersten neun Monaten 2019 soll der Umsatz von Woowa in Südkorea Delivery Hero zufolge um 84 Prozent auf 301 Millionen Euro gestiegen sein, das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) lag bei 3 Millionen Euro.
Daneben unterhält der Anbieter noch einen Online-Lieferdienst in Vietnam, der 1,5 Millionen Bestellungen im dritten Quartal umsetzen konnte. Umsatz und Gewinnzahlen für dieses Geschäftsfeld nennt Delivery Hero nicht.
„Woowa ist führend bei innovativen technologischen Dienstleistungen und hat Korea in der globalen Online-Essenslieferindustrie einen Platz auf der Landkarte verschafft“, erklärte Delivery-Hero-CEO Niklas Östberg. Woowa-CEO Kim ergänzte, die Partnerschaft werde auch dazu beitragen, „Skaleneffekte zu erzielen, um im Wettbewerb mit globalen und inländischen IT-Giganten bestehen zu können.“ Die in Südkorea aktiven Marken der bisherigen Konkurrenten sollen nach Abschluss des Deals allerdings weiterhin selbstständig bleiben.
Delivery-Hero-Aktie explodiert (Kurs seit Börsengang)
Dass Delivery Hero mit dem Deal trotz des hohen Kaufpreises ein strategisch gutes Geschäfts zu machen scheint, sehen die Aktionäre ähnlich: Das Papier machte seit Bekanntwerden des Deals einen Sprung um mehr als 16 Prozent und notierte am Vormittag zeitweise bei über 60 Euro – ein neuer Rekordwert. Damit liegt der Börsenwert von Delivery Hero, die erst im Sommer 2017 an die Börse gegangen waren, nun bei über 10 Milliarden Euro.
Erst kürzlich hatten die Berliner, die wie alle Internetunternehmen einen klaren Fokus auf Wachstum legen, für gute Nachrichten gesorgt: Ende Oktober erhöhte der Essenslieferdienst seine Jahresprognose für den Umsatz von 1,3 bis 1,4 Milliarden auf 1,44 bis 1,48 Milliarden Euro. Unter dem Strich wirtschaftet Delivery Hero aber defizitär: Das bereinigte Ebitda erwartet das Management dagegen am unteren Ende der zuvor kommunizierten Prognose von minus 370 bis minus 420 Millionen Euro. Als Grund dafür führte das Unternehmen „beschleunigte Investitionen“ an.
Delivery Hero stockt sein Kapital auf
Mit dem Mega-Deal führt Delivery Hero diese Investitionsphase nun fort. Für die Finanzierung des 3,6 Milliarden Euro Kaufpreis setzt CFOEmmanuel Thomassin daher auf zwei Komponenten: 1,7 Milliarden Euro wollen die Berliner in bar bezahlen. Der Cash-Anteil soll durch eine Kombination aus eigenkapitalgebundenen- sowie Fremdkapitalinstrumenten gestemmt werden. „Wir befinden uns dazu gerade in Gesprächen mit unseren Kernbanken“, erklärte Thomassin in einem Investorencall.
FINANCE-Köpfe
Die übrigen 1,9 Milliarden Euro sollen über Aktien erreicht werden. Grundlage des Aktienpakets ist ein 20-tägiger volumengewichteter Durchschnittspreis von 47,47 Euro je Aktie. Dafür wird bei Delivery Hero eine Kapitalerhöhung nötig: Insgesamt bis zu 40,1 Millionen Aktien werden die Berliner neu emittieren, was nach Unternehmensangaben rund 17,5 Prozent der nach der Transaktion ausstehenden Aktien von Delivery Hero entspricht. Davon sollen 31,2 Millionen Papiere an die Finanzinvestoren Woowas gehen und weitere 8,9 Millionen über vier Jahre an die verkaufenden Mitglieder des Managements.
Delivery Hero und Woowa planen Asienexpansion
Im Rahmen des Geschäfts werden Delivery Hero und Woowa zudem ein Joint Venture in Singapur gründen, dem Woowa-Chef Kim als Vorsitzender des Verwaltungsrates und als geschäftsführender Direktor vorstehen soll.
Mit der neuen Position wird der Woowa-Gründer zum Chef von Delivery Heros Asien-Pazifk-Geschäft und soll, so Delivery Hero, „die Expansion in der Region vorantreiben“. Um diesen Punkt weiter zu bekräftigen und Innovationen in Korea und dem asiatischen Raum weiter zu fördern, will Delivery Hero in einen 50-Millionen-US-Dollar-Technologiefonds investieren.
Bei dem Deal wurde Delivery Hero von der amerikanischen Investmentbank Morgan Stanley auf der Finanzierungsseite beraten. Rechtsberatung erhielt der Lieferdienst von den koreanischen Kanzleien Bae, Kim & Lee und Kim & Chang, der amerikanischen Wirtschaftskanzlei Sullivan & Cromwell sowie der in Singapur ansässigen Kanzlei WongPartnership.
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