Nur einen Tag, nachdem die Übernahme des US-Konzerns Axioma bekannt gegeben wurde, bestätigt die Deutsche Börse bereits die Pläne für den nächsten M&A-Deal. Diesmal geht es um das Devisengeschäft. Der Dax-Konzern befände sich „in konkreten Verhandlungen mit der Refinitiv-Gruppe über den möglichen Erwerb einzelner FX-Geschäftsbereiche“, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens vom heutigen Donnerstagmorgen. Die Verhandlungen und die Prüfung einer Transaktion würden noch andauern.
Mit der Mitteilung reagiert der Börsenbetreiber auf Marktgerüchte. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte unter Berufung auf Insiderkreise berichtet, dass die Deutsche Börse kurz davor stehe, die Devisenhandelsplattform FXall zu kaufen.
Reuters-Informationen zufolge soll die Übernahme 3,5 Milliarden US-Dollar (rund 3,1 Milliarden Euro) schwer werden. Dies dementiert die Deutsche Börse jedoch vehement. Die Höhe des im Bericht genannten Kaufpreises „sowie die unmittelbar bevorstehende Unterzeichnung verbindlicher Verträge entbehren jeder Grundlage“ teilt das Unternehmen mit.
M&A-Ressourcen der Deutschen Börse noch unangetastet
Wie schwer die Transkation tatsächlich werden könnte, ist damit noch offen. Zur Finanzierung des Deals stehen der Deutschen Börse Eigenmittel über 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Und auf diese kann CFO Gregor Pottmeyer auch trotz der gestern bekanntgegebenen 850 Millionen Dollar schweren Übernahme von Axioma weiterhin zurückgreifen, denn für den Deal im Indexgeschäft hat sich die Deutsche Börse einen finanzstarken Partner ins Boot geholt.
Der Private-Equity-Investor General Atlantic übernimmt mit 715 Millionen Dollar den Großteil des Kaufpreises. Zudem beteiligen sich einige Axioma-Manager mit 100 Millionen Dollar. Im Zuge des Deals fließt kein eigenes Geld der Deutschen Börse.
Außerdem hat CEO Theodor Weimer auch Kapitalerhöhungen zur Finanzierung seiner M&A-Strategie nicht ausgeschlossen, da die Investoren Zukäufe unterstützen würden. Nach einigen kleineren Deals im vergangenen Jahr will der Börsenbetreiber auch wieder mittelgroße Ziele ins Visier nehmen.
FXall und 360T ergänzen sich
Dass die Deutsche Börse an FXall Interesse hat, ist bereits seit längerem bekannt. Das Devisengeschäft gilt als attraktiv, da der Markt recht fragmentiert und relativ unreglementiert ist. 2015 hatte der Börsenbetreiber bereits die in Deutschland entstandene Devisenhandelsplattform 360T gekauft. Das Angebot des wohl erfolgreichsten deutschen Fintechs ist in deutschen Treasury-Abteilungen fest verankert. International gesehen ist FXall der Marktführer.
Mit dem Kauf des US-Unternehmens könnte die Deutsche Börse ihr Angebot in dem Segment noch deutlich erweitern. Die Logik hinter einem solchen Deal beschrieb 360T-Chef Carlo Kölzer bereits Anfang April gegenüber dem „Handelsblatt“: „Das Unternehmen hat in Amerika eine viel stärkere Marktposition als wir. Und es hat eine starke Stellung im Asset-Management-Bereich, in dem wir relativ neu sind“, erklärte er. FXall sei gemessen am Handelsvolumen etwa doppelt so groß wie 360T. Das Analysehaus Kepler Chevreux bezeichnet eine mögliche Übernahme von FXAll mit Verweis auf deren Marktanteil von 35 Prozent als „strategisch attraktiv“.
Dass die Refinitiv-Sparte FXall auf den Markt kommen könnte, wird seit längerem erwartet. Refinitiv ist 2018 aus dem Finanz- und Risikogeschäft des kanadischen Informationskonzerns Thomson Reuters hervorgegangen. Damals hatte sich der Finanzinvestor Blackstone die Mehrheit an Refinitiv und damit an FXall gesichert. Thomson Reuters hält noch 45 Prozent an Refinitiv. Analysten gingen davon aus, dass sich Blackstone langfristig von FXall trennen will, damit Refinitiv seine hohen Schulden reduzieren kann.