Lanxess treibt seinen Umbau voran: Der Chemiekonzern verkauft seinen 50-Prozent-Anteil an dem Gemeinschaftsunternehmen Arlanxeo an den Partner Saudi Aramco. Durch den Verkauf fließen dem MDax-Konzern nach Abzug von Schulden 1,4 Milliarden Euro zu. Der Unternehmenswert des Joint Ventures wird auf 3 Milliarden Euro beziffert. Der Deal, der noch von den Kartellbehörden freigegeben werden muss, soll bis Ende 2018 abgeschlossen sein.
Arlanxeo mit Hauptsitz im niederländischen Maastricht erzielte 2017 einen Umsatz von rund 3,2 Milliarden Euro und beschäftigt etwa 3.800 Mitarbeiter in neun Ländern. Das Unternehmen produziert Hochleistungskautschuke unter anderem für die Automobil- und Reifenindustrie, die Baubranche sowie die Öl- und Gasindustrie.
Lanxess-Aktie macht Sprung nach oben
Die Trennung kommt wesentlich früher als erwartet, denn ursprünglich hatten die beiden Konzerne eine Sperrfrist bis 2021 für einen weiteren Anteilsverkauf vereinbart. Lanxess-CEO Matthias Zachert und CFO Michael Pontzen hatten das Geschäft mit dem künstlichen Kautschuk 2016 in das Joint Venture ausgelagert. Hauptziel war es, die ausgeuferte Verschuldung zu begrenzen. Zur Motivation der Lanxess-Führung gehörte es aber auch, das Unternehmen weniger zyklisch zu machen.
So wurde der Deal zur Grundlage für die strategische Neuausrichtung. Seitdem konzentriert sich Lanxess auf Wachstum in mittelgroßen, weniger stark schwankenden Spezialchemiemärkten und hat bereits verschiedene Akquisitionen in diesem Bereich getätigt. Die größte war bisher die Übernahme des US-Chemieunternehmens Chemtura im Jahr 2017 für 2,4 Milliarden Euro. In diesem Februar übernahmen die Kölner vom belgischen Konkurrenten Solvay dann auch noch das Geschäft mit Phosphor-Zusatzstoffen, was Zachert als einen der besten Deals beschrieb, den er je getätigt hat.
Bei den Aktionären kommt der vorzeitige Rückzug aus dem Joint Venture mit den Saudis gut an: Die Lanxess-Aktie sprang direkt nach der Ankündigung um über 4 Prozent nach oben. Der Schritt schaffe mehr Flexibilität bei möglichen Übernahmen im Zuge des laufenden Konzernumbaus, bewertet Analyst Andreas Heine vom Investmenthaus Mainfirst den Deal. Wermutstopfen aus seiner Sicht: Lanxess könne nun nicht mehr von der möglichen Erholung des Marktes für künstlichen Kautschuk profitieren.
Lanxess: Nettoverschuldung hat sich stark erhöht
Mit dem Erlös will Lanxess seine finanzielle Basis stärken und seine Nettofinanzverbindlichkeiten reduzieren, heißt es von Unternehmensseite. Die Nettofinanzverbindlichkeiten waren im Geschäftsjahr 2017 nach dem Kauf von Chemtura von 270 Millionen auf 2,3 Milliarden Euro angestiegen. Den Deal finanzierte CFO Pontzen durch die Ausgabe neuer Unternehmens- und Hybridanleihen sowie aus Cash-Reserven.
Zum Ende des zweiten Quartals sind die Nettofinanzschulden sogar weiter auf 2,7 Milliarden Euro angestiegen, gab Lanxess bei der Veröffentlichung der Quartalszahlen vor wenigen Tagen bekannt. Insgesamt hat der MDax-Konzern aber solide Zahlen vorgelegt. Vor allem Neuzugang Chemtura trieb die Geschäftsentwicklung an. Die Gesamtjahresprognose wurde erhöht: Lanxess erwartet beim Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) nun einen Anstieg am oberen Rand der bislang genannten Bandbreite von 5 bis 10 Prozent.
Im Vorjahr lag das vergleichbare Ebitda vor Sondereinflüssen bei rund 925 Millionen Euro. Ohne den Ausstieg aus dem Kautschuk-Joint-Venture hätte der Leverage Net Debt/Ebitda damit am Jahresende bei fast 3x Ebitda gelegen – für einen Chemiekonzern zu viel, um noch im großen Stil strategische Übernahmen tätigen zu können.
julis.schmitt[at]finance-magazin.de
Info
Infos zu Karriere und Werdegang des Lanxess-CFOs bietet das FINANCE-Köpfe-Profil von Michael Pontzen.
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.